Review The Parlor Mob – And You Were A Crow

  • Label: Roadrunner
  • Veröffentlicht: 2009
  • Spielart: Rock

Wir schreiben das 21. Jahrhundert, moderne Musik hat die Welt erobert und den Rock’n’Roll auf seinen Platz in der Geschichte gescheucht. Den ganzen Rock’n’Roll? Fast. Eine kleine fünf-köpfige Band aus New Jersey widersetzt sich dem allgemeinen Trend. So oder ähnlich könnte man die Geschichte THE PARLOR MOBs beginnen. Gegründet 2004 unter dem Namen What About Frank? erspielten sich die Jungs mit fortschrittlichem Rock’n’Roll eine gewisse Aufmerksamkeit und wurden 2006 zum THE PARLOR MOB, kurz darauf von ihrem damaligen Label fallen gelassen und im Sommer 2007 von Roadrunner adoptiert. Fast zwei Jahre später liegt das Debüt „And You Were A Crow“ in den Läden und auf den Festplatten der Online-Redakteure, womit die Zeitreise beginnen darf.

Zunächst ein kurzer Schock: „Hard Times“ weist doch gewisse Parallelen zu den Ergüssen diverser gehypter Brit-Pop-Gruppen auf, was besonders an Mark Melicias markant hohem Gesang liegen dürfte. Doch wenn sich das flaue Grummeln im Magen dann endlich gelegt hat (spätestens nach Dead Wrong), erschließt sich dem aufmerksamen Ohr nach und nach, womit es hier tatsächlich konfrontiert wird. THE PARLOR MOB spielen geradlinigen Rock’n’Roll, der aber – da trifft es die Einleitung nicht ganz – nicht in der Zeit stehen geblieben ist. Doch auch mit geradlinig ist bei weitem nicht alles gesagt. Den Jungs scheint der Blues in den Adern zu fließen. „Everything You’re Breathing For“ baut auf einem urcoolen bluesigen Riff auf und rockt locker-flockig daher, bis plötzlich das Tempo mit nahezu experimentellem Drumming angezogen wird. Und das war erst der Anfang.

Es ist unglaublich, was Paul Ritchie und David Rosen ihren Gitarren an Riffs und Licks entlocken, die sofort ins Blut gehen und doch auch nach mehrmaligem Hören immer noch neues zum Entdecken bieten. Da werden in den knappen vier Minuten von „The Kids“ auf der Basis einer Melodie Dinge runtergezockt, mit denen man auch vier Songs bauen könnte. Dass das dann nicht chaotisch oder unkoordiniert wirkt, sondern absolut songdienlich und erfassbar, macht die Sache noch verwunderlicher. Eine besondere Erwähnung verdient auch das ausgezeichnete Spiel von Schlageuger Samuel Bey. Langweilige Drums können die besten Lieder und Stimmungen zerstören. Das scheint Bey verinnerlicht zu haben und nutzt alle ihm möglichen Mittel, um ein rhythmisches Gerüst zu bauen, auf dem sich die Gitarren und der Gesang erst richtig entfalten können. Ein Lob an Produzent Jaquire King (der übrigens von sich aus bei Roadrunner anfragte, ob er nicht THE PARLOR MOB produzieren dürfe), der diesen Sound hervorragend eingefangen hat.

Es ist eigentlich unmöglich, das Album angemessen in Text zu fassen, weil dabei so viel reduziert wird, dass der entstehende Eindruck dem Gesamtwerk nicht gerecht werden kann. Denn obwohl And You Were A Crow im Ganzen homogen und in sich geschlossen ist, hat jeder einzelne der zwölf Tracks mit insgesamt immerhin 51 Minuten Spielzeit so viel eigenen Charakter, dass man sie eigentlich einzeln beschreiben müsste (einzig der Opener fällt etwas ab). THE PARLOR MOB beherrschen sowohl den erdigen Rock wie sie ihn zum Beispiel in „Real Hard Headed“ und „Bullet“ wunderbar zelebrieren als auch die ruhigen Momente – ja, Balladen, die nicht nach zweimaligem Hören nerven. Unbedingt „Angry Young Girl“ aufmerksam hören.

Den Höhepunkt der Scheibe bildet allerdings „Tide of Tears“, das den Hörer in ganzen achteinhalb Minuten voller mal floydesker, mal an Led Zeppelin anmutenden Gitarren voll und ganz in die 70er versetzt ohne ansatzweise altbacken zu klingen. Mark übertrifft sich gesanglich selbst und die Musiker feiern mit Unterstützung Justin Faircloths am Piano den rohen bluesigen Rock. Auf die Frage, wer heute so verrückt sein kann, es mit dem reinen Blues’n’Roll zu versuchen, gibt es nun wohl eine eindeutige Antwort aus Jersey. „Ain’t no turnin‘ back“ singen sie im abschließenden „Can’t Keep No Good Boy Down“, in dem sich dann auch endlich das obligatorische rhythmische Klatschen eingeschlichen hat. Stimmt wohl und das ist auch gut so. Unbedingte Hörempfehlung meinerseits. Ich drücke jetzt nochmal Repeat.

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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