Review Time Requiem – Optical Illusion

MAJESTIC-Gründer und Mainman Richard Andersson gibt sich auch bei TIME REQUIEM, seinem anderen Baby, als Keyboarder die Ehre. Wer den Namen dieses Talents schon einmal gehört hat, wird wissen, dass er an seinem Instrument der Rocker schlechthin ist. Wer es mit der Kenntnis des Herren noch weiter treibt, wird auch wissen, dass er sich keineswegs hinter seiner Band versteckt, sondern das er auch gerne mal raushängen lässt, was er kann. Ob man das auch übertreiben kann (man kann!) und ob das wirklich immer sinnvoll ist, soll gleich erläutert werden, erst noch ein paar Worte zu den äußeren Werten des Albums. Das Cover ist durchaus ansehnlich, es zeigt wohl überwiegend eben benannte optische Illusionen, die Spielzeit beträgt gut 50 Minuten und Herr Andersson ist sich anscheinend sogar zu gut, für die Band eine eigene Webseite einzurichten, Informationen über diese sind nur über anderssonmusic.com zu beziehen. Doch nun zur Musik.

„Sin to Sin“ legt gleich ganz gut los, die Marschrichtung (leider) des kompletten Albums wird hier schon recht deutlich dargelegt, allen voran will uns Richard Andersson natürlich zeigen, warum man ihn zu den weltbesten Keyboardern zählt, und das gelingt ihm auch auf breiter Front. Man kann sich natürlich streiten, ob es sinnvoll ist, derart hartnäckig darauf zu pochen, seine Meisterlichkeit an einem Instrument in jedem Song zur Schau zu stellen, dass man darüber glatt die Atmosphäre und die anderen Instrumente vergisst, oder ob man sich da nicht auch auf einen gesunden Prozensatz hätte reduzieren können, ich selbst präferiere jedoch Zweiteres. Tatsächlich schafft es Andersson, sich derart in seiner Meisterlichkeit zu aalen, dass die Langeweile grandioserweise über sogar fast die komplette Spielzeit aufrecht erhalten wird. Nachdem er sich auch noch unüberhörbar weit in den Vordergrund gemischt hat, ist es auch nicht ganz einfach, das Keyboard einfach mal dezent zu ignorieren. Was alles nicht heißen soll, dass die Kompositionen misslungen wären, man hat zwar manchmal das Gefühl, dass einige Breaks eher unnötig gewesen wären, aber das war es auch schon. Auch technisch ist alles im grünen Bereich, die Instrumentalisten beherrschen ihre Instrumente durchaus. Der Gesang Göran Edmans, ein Ex-Yngwie Malmsteenler, weiß in seiner klanglischen Mischung aus Michael Kiske und Kai Hansen sogar sehr zu gefallen, nur reicht das leider nicht im mindesten, diese Grundausstattung hat heute eben fast JEDE Power/Melodic Metal Band, diese nehmen aber sogar oftmals noch eine Prise Abwechslung und Individualität in ihre Songs. Denn ich bin herzlich wenig motiviert, einen Song am hundertsten Keyboard-Solo erkennen zu müssen, da mag es technisch noch so göttlich sein. Da hört der Spaß für mich auf, insbesondere deshalb, weil das einzige Neue, was Time Requiem tatsächlich bieten können, die Idee ist, ein ganzes Album mit Dauer-Keyboard derart zu verseuchen. Denn was technisch auf hohem Niveau angesiedelten Melodic Metal angeht, haben meiner Meinung nach STRATOVARIUS die Nase ein ganzes Stück weiter vorne, insbesondere die ersten Werke mit Keyboard-Hexer Jens Johansson wirken auf mich um einiges spannender als diese Platte, auf der sich wirklich nur einer derart auslebt, dass es schon nicht mehr lustig ist, und auf der man die anderen Instrumente dafür quasi garnicht mitbekommt, Gitarre und Bass sind meist nur fern im Hintergrund zu hören, und auch der Schlagzeuger kann vermutlich vorhandenes Talent wirklich überhaupt nicht zeigen. Da hört man sich einfach hundertmal lieber ein „Stratosphere“ von Stratovarius an, das ist technisch auf mindestens dem selben Niveau, jedoch werden die Überschall-Keyboard-Attacken sogar noch mit cooler Gitarren-, Bass- und Schlagzeug-Arbeit kombiniert. Was Time Requiem einem bieten, wirkt dagegen eher wie uninspiriertes, belangloses Gedudel.

So kann ich resümierend auch nur sagen, dass dieses Album schlicht ein wenig übers Ziel hinausgeschossen ist, hätte man sich öfters gezügelt und das Keyboard zurückgenommen, wäre das Ganze vielleicht etwas interessanter ausgefallen. Aber das kann man von einem Tasten-Helden auf dessen Quasi-Soloalbum wohl nicht erwarten, und so retten nur dessen Fähigkeiten und die Stimme Göran Edmans, die das ganze Album über wohltönt, vor der Mittelmäßigkeit. Technisch astrein, aus allen anderen Perspektiven langweilig, wenn nicht gar nervig.

Wertung: 5.5 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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