Review Totennacht – Der schwarze Prinz

Blindkäufe sind schon eine spaßige Angelegenheit. Oft genug bin ich dabei schon auf unglaublich geniale Bands gestoßen, die ich heute nicht mehr aus meiner Sammlung missen möchte. Der Prozentsatz an tatsächlichem Schund, der sich dadurch bei mir angehäuft hat, ist hingegen verschwindend gering. Die erste (und einzige) CD aus dem Hause TOTENNACHT war ebenfalls ein Blindkauf und es war gar nicht so einfach, das Ding in die Finger zu kriegen, da es ein paar Probleme mit dem eBay-Verkäufer gab. Aber letzten Endes trudelte das Ding dann doch bei mir ein und ich war recht gespannt, versprach man mir bei den Metal Archives doch eine Mischung aus Death, Doom und Gothic Metal, also genau meine Kragenweite. Vorher Reinhören war nicht drin, denn die Band löste sich schon vor langer Zeit auf und Reviews zu „Der Schwarze Prinz“ finden sich im World Wide Web auch mehr schlecht als recht. Also völlig unvorbelastet an das Silberscheibchen ran.
Gleich vorweg: TOTENNACHT spielen keinen Death Metal. Auch keinen Doom Metal. TOTENNACHT spielen nicht mal wirklich Metal. Beinahe zweifle ich sogar daran, dass die drei Herren überhaupt spielen… Ihre Musik kann man sich prinzipiell nämlich so vorstellen: Man nehme einen handelsüblichen Synthesizer, wie sie in den neunziger Jahren an jeder Ecke verkauft wurden, suche das Rhythmus-Preset für guten alten Rhumba, Polka, Swing, Jazz, Lounge oder etwas beliebiges anderes, was die Maschine hergibt, raus, klatsche über das, was der Synthie dann dahin dudelt, ein halbherziges, generisches E-Gitarrenriff und zitiere mit leicht angerauhter Stimme deutsche Gedichttexte darüber, die sich eigentlich nur um den Tod drehen und dabei noch nicht mal gesteigerten Sinn ergeben. Voilà, fertig ist der TOTENNACHT-Song. Und das klingt so konfus und schizophren, wie es sich jetzt hier liest.

Das mag eine recht frische und unverbrauchte Art der Musik sein, aber wenn uns TOTENNACHT eines beweisen, dann das „frisch“ und „unverbraucht“ nicht zwangsläufig „gut“ heißt. Denn die musikalische Untermalung ist (das hat der geneigte Leser vielleicht schon aus dem vorigen Absatz erschlossen) so anspruchslos, dass es beinahe weh tut. Und nebenbei auch noch komplett widersprüchlich. Die düstere Atmosphäre, die durch die Texte vielleicht hätte aufgebaut werden können, wird durch die teilweise geradezu fröhlichen Melodien im Hintergrund vollkommen ad absurdum geführt. Keine Ahnung, was die drei Österreicher sich dabei gedacht haben… Viel wahrscheinlich nicht.

Genau so wenig wohl wie bei den Texten. Die sind nämlich so platt und sinnlos, dass ich beim ersten Durchhören einerseits aus dem Kopfschütteln und andererseits aus lautstarkem Gelächter nicht rauskam. Wenn Hagen im Titeltrack völlig lustlos „Aus Träumen wirr erwacht, schaut ängstlich zur Nacht das Kind/Mit Augen die ganz traurig sind.“ deklamiert, schleicht sich mir schon ein fettes Grinsen auf die Lippen, dass ich spätestens bei „Vampir des Herzens“ nicht mehr weiter zurückhalten kann, wenn der Gesang plötzlich die Sprache wechselt und völlig unvermutet auf Französisch daher trällert. Das ewige Wiederholen des Songtitels, wie es bei „Flammentor“ und „Tod ist abstrakt“ ganz gerne praktiziert wird, ist auch nicht gerade das, was ich unter „Hohe Poesie“ führen würde und spätestens der Text zu „Von Zwergen und Riesen“ schießt den Vogel ab.

Auch rein musikalisch stimmt bei TOTENNACHT eigentlich so gar nichts. Die Produktion ist dünn und vollkommen glatt gebügelt. Die Gitarre ist dabei so weit im Hintergrund, dass man eigentlich kein einziges prägnantes Riff ausmachen kann, die beiden Keyboards (zumindest deutet das die Besetzung an) spielen konsequent ihre Preset-ähnlichen Figuren durch, der Drumcomputer bollert uninspiriert und abwechslungsarm daher. Dieser Vergleich trifft die Sache nicht ganz, aber… Vor allem der Track „Die neue Erde“ klingt in meinen Ohren wie Volksmusik mit einem Tacken E-Gitarre. Hagens Stimme kommt prinzipiell gut durch, kann aber nicht nur textlich absolut nicht überzeugen. Im Großen und Ganzen klingt der Mann einfach so, als hätte er ordentlich Halsschmerzen und würde trotzdem munter drauf los trällern. Sehr kraftlos, völlig gekünstelte Intonation, furchtbar.

Haben TOTENNACHT also auf „Der schwarze Prinz“ irgend etwas positives zu bieten? Hm… die ganze CD ist durchsetzt von eingeflochtenen Sprachsamples, die hin und wieder schon mal so was wie Atmosphäre aufbauen können (was dann vom katastrophalen Rest der Musik sofort wieder gnadenlos plattgemacht wird). Davon abgesehen ist „Der schwarze Prinz“ eine vollkommen zu Recht vergessene CD, die zwar irgendwo individuell ist, aber auf eine Art und Weise, die ich meinem schlimmsten Feind nicht wünschen möchte.

Wertung: 1.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

4 Kommentare zu “Totennacht – Der schwarze Prinz

  1. ich weiss schon das diese scheibe nicht viel freunde haben kann, aber dennoch hab ich diese scheibe nie vergessen.
    vielleicht weil sie so banal ist.
    ich hörs auch nie wieder , aber in erinnerung – höchstpunktezahl –
    einzigartiger ist keine scheibe

    1. Ich finde die Scheibe klasse und es ist schon ein wenig traurig, dass der Rezensent nicht erkennt, dass die zitierten Gedichte (übrigens nicht nur deutsche, auch französische in Übersetzung) durchweg zur Weltliteratur gehören, wie etwa Trakl oder Baudelaire und dass man auch Deklamationen von Kinski oder aus Hitler-Reden einspielt.

    2. Ich finde die Scheibe genial,herlich düster und traurig,ich hör sie immer wenn es mir dreckig geht und das ist oft.Aber der Mut fehlt mir noch.

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