Review Winterus – In Carbon Mysticism

  • Label: Lifeforce
  • Veröffentlicht: 2011
  • Spielart: Black Metal

Als ich zum ersten Mal von den US-Amerikanern von WINTERUS hörte, war ich zugleich erstaunt, als auch mehr als nur ein bißchen interessiert. Erstaunt, weil das 2009 in Michigan gegründete Trio bei Lifeforce Records untergekommen war und damit wohl die erste Black Metal Band, die sich ihre Brötchen bei dem eigentlich eher für Death Metal bekannten Label verdiente. Interessiert, weil das ja einen Grund haben muss, ich meine, wenn Lifeforce sich eine Black Metal Band angeln, dann wahrscheinlich keine, die nichts drauf hätte. Sowieso steht Lifeforce ja eigentlich für Qualität, also sollte beim Debutalbum „In Carbon Mysticism“ eigentlich nichts schief gehen, oder?

Leider tut es das aber. Nicht, weil WINTERUS eine langweilige oder ideenlose Band wären oder mit ihren Instrumenten nicht umgehen könnten. Nach dem kurzen, nicht unatmosphärischen (aber leider etwas planlosen) Intro „Lone Wolves“ legen die Amerikaner direkt mit Melodien für die Ewigkeit los. „Reborn“ hat melodische, epische Riffs zu bieten, wie Dissection sie nur in den seltensten Augenblicken hinbekommen haben. Dazu timingsicheres Drumming und dichte Gitarrenwände, die das Soundbild gut zudröhnen. Die Probleme beginnen aber hier schon im Detail. Die Produktion ist nämlich alles andere als gelungen. Die Rhythmusgitarre rauscht ganz ordentlich, das Schlagzeug klingt ungefähr so, als ob jemand im Nebenraum rhythmisch Schranktüren öffnen und schließen würde (tatsächlich habe ich beim ersten Anhören ständig Blicke über die Schulter geworfen, ob mein Mitbewohner gerade durch die Küche poltert). Christopher Neus Keifgesang ist in Ansätzen gar nicht übel, wird aber auch von der Produktion ordentlich heruntergebuttert und geht hin und wieder völlig zwischen den Gitarren verloren. Sehr schade, letzten Endes aber nichts, womit man sich nicht arrangieren könnte, wenn man denn möchte. Und – das merkt man schon von Anfang an – die Musik von WINTERUS befindet sich auf einem Niveau, das es einfach verdient hat, ein wenig Eigeninitiative mitzubringen und sich mit dem Material anzufreunden.
Und dann kommt der erste Songwechsel und alles fällt auseinander. Der Übergang von „Reborn“ zu „No Rest“ lässt sich noch als „relativ ärgerlich“ bezeichnen, da man den Effekt, den er hervorruft einfach hätte aus der Welt schaffen können, wenn man mal ein halbes Sekündchen Stille dazwischen gelassen hätte. Aber nein, die letzten Töne von „Reborn“ sind noch nicht mal verklungen, da haut „No Rest“ schon wieder rein (angesichts des Songtitels vielleicht Absicht, irgend eine Art von Statement, nerven tut’s trotzdem). Was die Band sich allerdings beim Übergang von „No Rest“ zu „Harmonious“ gedacht hat… man weiß es nicht. Die direkte Aneinanderreihung dieser beiden Songs ist so unglaublich unharmonisch (irgendwie ironisch…), dass ich jedes Mal auf’s neue irritiert überprüfe, ob der Mediaplayer die Trackliste nicht irgendwie durcheinandergeworfen hat oder gerade irgend etwas geskipt wurde. Hier steckt kein System, kein größere Zusammenhang, keine Logik dahinter. Es wird einfach Song an Song gereiht, ohne ein Gespür dafür, was passt und was nicht passt. Es ist so, als würde man nach „No Rest“ in eine völlig andere CD reinschalten, die mit der Dramaturgie des Vorangegangenen absolut nichts zu tun hat.
Ganz aus ist der Ofen dann allerdings erst bei den letzten drei Liedern, die wurden nämlich – wie die Band stolz verkündet – live aufgenommen. Was dafür sorgt, dass die Produktion noch mal ein ganzes Stück unterirdischer ist, als bei den ersten sechs Songs. Auch hier gibt es noch große Momente, versteckt unter schwachbrüstigen Drums, verrauschten Gitarren und grauenhaften Vocals, aber bei diesen drei Songs wird wohl sogar dem hartgesottensten Black Metal Fan der Spaß am Suchen vergehen. Von „Songzusammenhängen“ brauchen wir hier natürlich auch gar nicht mehr reden…

…und das ist schade. Verdammt schade sogar. Denn WINTERUS sind keine schlechte Band. Sie sind fit an ihren Instrumenten und können großartige melodische, epische, teilweise aber auch klirrend kalte Songs schreiben. Sie wissen im großen Gesamtzusammenhang aber einfach nichts damit anzufangen, außer sie irgendwie auf eine CD zu werfen und zu hoffen, dass da was bei rum kommt. Es kommt nicht. Die Produktion tut ihr übriges. Die Musik von WINTERUS ist also gut und ambitioniert, was das Debut „In Carbon Mysticism“ damit anstellt wird dem Kram aber alles andere als gerecht. Wer über die Produktion hinweg sehen kann, der darf das hier als leichte Empfehlung verstehen, sich die CD zu kaufen, auf den Rechner zu ziehen und die Highlights (was quasi alle Songs zwischen dem Intro und den drei Live-Aufnahmen sind) in die allmächtige Winamp-Playliste zu werfen, um sie sich einzeln aus dem Gesamtzusammenhang gerissen anzuhören, das KANN diese Songs nur besser machen. Ansonsten hoffe ich, dass WINTERUS mit dem nächsten Album einen richtigen Kracher hinlegen, das Potential dazu ist nämlich vorhanden.

Wertung: 4.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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