Review Glasperlenspiel – Post Kastaliam

  • Label: Eigenproduktion
  • Veröffentlicht: 2014
  • Spielart: Black Metal

Ironie? Auf den Gedanken kann man schon kommen, wenn man sich Infoschreiben und Homepage von GLASPERLENSPIEL ansieht. Dick aufgetragen wäre da noch eine glatte Untertreibung, wir lesen Dinge wie „[…] dass es vermutlich nur den Wenigsten gelingen wird, dessen ganze Tiefe zu erfassen“ oder „[…] veröffentlichen wir unser über alles erhabene Debut-Album (sic!) […] fünf akustische Kunstwerke der Meisterklasse […] „. Nun ja, scheinbar hat man zumindest im Deutsch-Kurs ganz gut aufgepasst und sich den Namen von Hermann Hesses letztem großen Werk gemerkt, für welches er den Literatur-Nobelpreis erhalten hat.

Nun kann man schon gespannt sein, ob den vollmundigen Worten auch ein paar Taten folgen. Tatsächlich befinden sich inklusive Intro sogar sechs Nummern auf „Post Kastaliam“. Das hätte man doch mal erwähnen können, bestimmt gab es noch nie eine gelungenere Einführung in ein Album…
Ok, schieben wir den Spaß mal einen Moment zur Seite und widmen uns der Musik. Das noch geschwindigkeitsdezente Intro kommt alles in allem sehr unspektakulär, vermag aber immerhin, einen Hauch von Spannung und Stimmung aufzubauen. Beim Rest der Platte wird das Tempo dann deutlich angezogen, auch wenn GLASPERLENSPIEL nicht wie blöd drauflos knüppeln. Immer wieder nimmt man etwas Fahrt raus und versucht so, einen brachialen Kontrapunkt zu setzen. Gelingt an ein paar Stellen ganz ordentlich, oft verpufft die Wirkung aber auch, weil die Riffs insgesamt zu unambitioniert ausgearbeitet sind.
Gesanglich riskiert man nicht allzu viel, die meisten Vokalübungen finden in einem heiseren und nicht zu bösartigen Bereich statt, manchmal versucht man, per Leid etwas Verzweiflung zu sähen. Immerhin hat diese Ausrichtung den Vorteil, dass man ab und zu etwas von den Texten mitbekommt. Misanthropisch angehaucht zeigen sie, dass die Band hier schon einen Schwerpunkt setzt, beeindruckend ist vor allem die epische Breite. Leider holt man mit diesen Prioritäten kaum jemand hinter dem Ofen hervor, wenn der Rest nicht so wirklich stimmig ist.
„Post Kastaliam“ krankt insgesamt an zwei Punkten. Zum einen sind die ausufernden Songstrukturen ein Hindernis. Man kann das sicher so machen, das haben unzählige Bands bewiesen, aber dann sollte Problemfall Nummer zwei, ein langweiliges Songwriting, nicht den Fluss der Musik stören. GLASPERLENSPIEL kommen auf ihrem Debüt-Album nicht über 08/15-Black-Metal hinaus, ganz gleich, wie meisterhaft sie sich selber dabei sehen. Sagen wir es mal so, eine Stunde kann man mit anderen Dingen besser verbringen, „Post Kastaliam“ ist für alle diejenigen etwas, die das Gefühl gepflegter Langeweile einmal so richtig kennenlernen wollten.

Die Auflage von 218 handnummerierten Kassetten ist ein halbes Jahr nach Erscheinen noch immer nicht vergriffen. Wie kann das denn sein, wenn man angeblich doch nur Meisterwerke verfasst hat? Wahrscheinlich haben dann doch zu wenige die wahre Tiefe von „Post Kastaliam“ erfasst. Alle, denen das nicht gelungen ist, können sich aber trösten, es dürfte nicht schwer sein, qualitativ hochwertigeres Material aufzutreiben, bei dem die Protagonisten realitätsnäher argumentieren oder wenigstens Ironie benutzen, die auch jeder versteht. Ach ja, ist ja nur für die Wenigsten gemacht…

Wertung: 4 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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