Interview mit Alexander Paul Blake

Die postmoderne Gesellschaft benötigt Rückzugsmöglichkeiten – findet Alexander Paul Blake und legt für diejenigen, die keine Fluchtmöglichkeiten aus verstaubten Hochhaussiedlungen haben ein Album vor, welches den Ausstieg zumindest gedanklich möglich macht. Im folgenden Interview erzählt uns der Multiinstrumentalist gewohnt inhaltsreich von seinem musikalischen Vorgehen und seinen lyrischen Vorlieben.

Hy Alexander, da ist es tatsächlich schon wieder soweit. Du sorgst ja quasi im Alleingang dafür, dass Metal1.info regelmäßig Reviews und Interviews präsentieren kann ;)
Haha, so schlimm ist es hoffentlich nicht. Mehr als ein bis zwei Alben pro Jahr stehen bei mir doch auch nicht auf der Agenda und Eden Weint Im Grabs ‚Geysterstunde I‘ ist nun bereits ein Jahr her. Aber ich gebe zu, ich verspüre einen konstanten Drang, mich auf unterschiedlichen Ebenen kreativ auszudrücken und opfere dafür auch gerne den Großteil meiner Freizeit. Die Musik ist einfach meine große Leidenschaft und sobald ich mich in mein Studio zurückziehe und Songs komponiere, fühlt sich das Leben wunderbar und erfüllt an. Es ist sogar so, dass mir sehr schnell etwas fehlt, wenn ich ein paar Wochen lang nicht dazu komme, an neuen Songs zu arbeiten.

Langweilig ist es Dir also nicht geworden. Unter diesem Namen ist mit „Die Rückkehr ins goldene Zeitalter“ jetzt das Debüt erschienen. Obligatorisch: wie zufrieden bist Du mit dem Album?
Die obligatorische Antwort: Ich bin natürlich rundum zufrieden, sonst hätte ich das Album ja so nicht veröffentlicht, sondern hätte so lange daran weiter gearbeitet, bis ich zufrieden bin. Halbe Sachen sind nicht mein Ding. Allerdings gebe ich zu, dass ich den Perfektionismus diesmal ein wenig ausgeblendet habe, um ein sehr ursprüngliches, archaisches Gefühl einzufangen – das würde leicht verloren gehen, wenn man die Songs zu glatt bügelt. Nichtsdestotrotz musste ich bei jedem Stück dieses gewisse Etwas empfinden und mich selbst verzaubert fühlen. Nun gebe ich das Baby aus der Hand und hoffe, dass es vielen Hörern ähnlich gehen wird – und dass die Kritiker gnädig sind :)

Wenn man Deine anderen Projekte kennt, wundert man sich zunächst mal über die harsche Ausrichtung. Andererseits bist Du ja vielseitig interessiert. War dies jetzt ein einmaliger „Ausbruch“ oder willst Du Dich zukünftig vermehrt auf diese Art von Musik konzentrieren?
Ich höre privat sehr viel verschiedene Musik. Ich mag gut gemachte Popmusik genauso wie elektronische Klänge, experimentelle Sounds oder eben diverse Spielarten des Metal. Dementsprechend würde es mich nicht zufrieden stellen, mit nur einer Band lediglich eine Seite meiner Persönlichkeit ausdrücken zu können. Für einige Black-Metaller mag dies ‚untrue‘ sein, aber das ist nicht mein Problem. Und ich kann versichern, dass ich Musik lebe – in jeder Hinsicht, nur eben nicht nur eine Stilistik. Dennoch kann man nur jene Musik adäquat machen, die in einem ist. Black Metal hat mich schon früh geprägt und mich haben Bands wie Ulver, In The Woods…, Emperor oder Kvist seit jeher begleitet. Ich kann gar nicht sagen, wieso ich nicht schon früher ein Black-Metal-Album gemacht habe. Der Impuls kam nun einfach. Dieses Werk ist mein erhobener Mittelfinger an eine oberflächliche Gesellschaft, die immer mehr an Werten verliert, verroht und kaum noch einen Sinn für Kultur hat. Ich wollte ein naturnahes Album mit eben solchen Inhalten machen, denn damit verbinde ich den Black Metal und die Folklore am meisten. Die Musik sollte die Gewalten der Natur widerspiegeln: von der leichten Frühlingsbrise bis zum schweren Winterschneesturm. Daher war es ganz logisch, dass die Songs das komplette Spektrum von besinnlich bis harsch abdecken müssen. Was die Zukunft anbelangt: Ich werde mich auch weiterhin nicht limitieren, aber ‚Die Rückkehr ins Goldene Zeitalter‘ soll nicht das letzte Alexander-Paul-Blake-Werk gewesen sein. Mir schwebt vor, dass das Projekt künftig als eine Art Bruderprojekt von Eden Weint Im Grab co-existiert.

Du hast nicht nur die Songs geschrieben und alle Instrumente aufgenommen, sondern auch die Produktion im Alleingang erledigt. Wie war das Herangehen, sicherlich hast Du andere Soundmaßstäbe angesetzt als bei Deinen bisherigen Arbeiten, oder?
Ich habe ja auch in der Vergangenheit sehr viele Alben fast im Alleingang komponiert, eingespielt, gemischt und produziert – von daher war es kein anderer Ansatz. Ich arbeite am liebsten alleine. Soundtechnisch ist die Scheibe aber in der Tat sehr weit von Eden Weint Im Grab entfernt, da sie bewusst roh, ungeschliffen und authentisch klingt – eben so wie man es bei Black Metal erwartet. Die Produktion war insofern auch eine neue Erfahrung für mich, weil dieser Bereich Neuland war und ich erstmal experimentieren musste, wie ich den Sound in meinem Kopf am besten in die Tat umsetze. Außerdem galt es, bewusst tontechnische und musiktheoretische Regeln zu brechen, um zu diesem räudigen Ergebnis zu gelangen.

Musstest Du für die Aufnahmen eigentlich mehr als sonst an den Instrumenten üben?
Nein, ehrlich gesagt übe ich vor Aufnahmen nie, da ich das meiste beim Komponieren direkt einspiele. Das soll jetzt nicht überheblich klingen. Ich würde mich allenfalls als mittelmäßigen Musiker bezeichnen, aber ich weiß als gelernter Audio Engineer und Producer, wie ich meine Ideen gut in Szene setzen kann und nehme im Zweifelsfall so viele Takes auf, bis es passt. Und bislang konnte ich immer alles umsetzen, was in meinem Kopf an Ideen herumspukte. Üben ist immer erst für die Livevorbereitung angesagt – da muss ich meine eigenen Songs dann meistens selbst neu lernen, weil ich manchmal leider zur Vergesslichkeit neige. Das mag eine unkonventionelle Arbeitsweise sein, aber für mich hat sie sich bewährt, da ich so am effektivsten arbeiten kann.

Worauf hast Du beim Songwriting den meisten Wert gelegt? Ich kann mir vorstellen, dass es Dir vor allem um eine epische Atmosphäre ging, die Riffs sind ja eher einfach gehalten. Dennoch bietet das Material viel Abwechslung.
Ja genau, die Riffs und Melodien sind alle eher einfach gehalten und leben von ihrer Atmosphäre, nicht von der Technik. Progressive Eskapaden überlasse ich Musikern, die dafür ein besseres Händchen haben. Ich finde, einfache Musik geht bei den meisten Menschen immer noch am tiefsten. Wobei mir wichtig ist, ‚einfach‘ nicht mit ‚billig‘ oder ‚anspruchslos‘ zu verwechseln, denn es steckt sehr viele Seele in den Stücken. Ich habe beim Komponieren versucht, den Verstand weitgehend auszuschalten, mich in eine bestimmte Stimmung versetzt, auf ‚Record‘ gedrückt und einfach intuitiv gespielt. Einiges war Schrott, aber viele First Takes haben es auch auf das Album geschafft. Spontaneität war das oberste Gebot. Der Zauber des Moments. Das mit der Abwechslung sehe ich ähnlich, denn für ein Black-Metal-Album bietet ‚Die Rückkehr …‘ in der Tat ein sehr weites Spektrum mit folkloristischen Ausflügen, doomigen Momenten, einem Piano-Gedicht-Stück und auch innerhalb der Songs vielen Wendungen und Stimmungswechseln. Ich schätze, das liegt daran, dass ich kein Black-Metal-Purist bin, sondern sehr unterschiedliche Einflüsse mitbringe.

Würdest Du sagen, dass bestimmte Bands ganz besonders Pate für das Album standen oder brauchst Du keine Musik (mehr) zur Inspiration?
Doch, im Gegensatz zu Eden Weint Im Grab, wo ich keine direkten Einflüsse anderer Bands sehe, gab es für ‚Die Rückkehr …‘ durchaus einige Bands, die mich zumindest inspiriert haben. Neben den vorhin genannten Formationen vor allem noch Wolves In The Throne Room, die mit sehr simplen und primitiven Mitteln große Atmosphären erschaffen, aber auch Negura Bunget oder Burzum – rein aus musikalischer, nicht aus ideologischer Sicht. Und die Akustikpassagen sind natürlich unweigerlich von Ulvers ‚Kveldssanger‘ beeinflusst – ich liebe dieses Album immer noch über alles. Allerdings habe ich versucht, aus diesen Einflüssen etwas Eigenes zu kreieren und glücklicherweise haben mir schon viele Menschen bestätigt, dass man meine Handschrift definitiv heraushört.

Wie planvoll bist Du insgesamt an das Album herangegangen? Ein grobes Konzept mit entsprechender Härte der Musik dürfte Dir sicher vorgeschwebt sein, aber war es Absicht, beispielsweise Folklore und doomige Parts zu integrieren? Wie natürlich war der Prozess?
Stell dir vor, du möchtest ein Bild malen und weißt zuvor, dass darauf ein dunkler Wald zu sehen sein soll – die Details und Konturen dieses Waldes ergeben sich aber erst beim Malen. Ich wusste natürlich vor dem Komponieren, in welche Richtung ich wollte – Black Metal mit Folklore-Elementen – aber ich wusste zuvor nicht, wie genau der Weg durch diesen dunklen Wald aussehen würde. Das passierte dann sehr intuitiv. Ja, es war wie eine Wanderung. Du weißt grob, wo du hin möchtest, aber was dir auf dem Weg begegnen wird, lässt sich zuvor nicht planen. Von daher würde ich von einem sehr natürlichen Prozess reden. Übrigens wusste ich zu Beginn dieser Wanderung noch nicht, unter welchem Namen ich meine Erinnerungen veröffentlichen würde. Ich hatte lange Zeit auch offen gehalten, ein Eden-Weint-Im-Grab-Album daraus zu machen, bin dann aber zu dem Schluss gekommen, dass es nicht in den ‚Geysterstunde‘-Zyklus gepasst hätte und dafür gesorgt hätte, dass die Hörer bei EwiG endgültig keine klare Linie mehr erkennen können, da wir ja mit der Trakl-Gedichtvertonung ‚Der Herbst des Einsamen‘ schon sehr weit fernab unseres eigentlichen Reviers gewildert hatten.

Wie immer ist das lyrische Konzept ein wesentlicher Bestandteil des Albums. Beim Titel „1. Szene: Walden“ denkt man unwillkürlich an Henry David Thoreau, dessen Thematik zu einem naturmystischen Album natürlich bestens passt ;)
Ja, Thoreaus Roman ist gewissermaßen die Ausgangsbasis für die Handlung. Der Protagonist entfernt sich aus der Gesellschaft und versucht, in der Tiefe des Waldes wieder zu seinem eigentlichen Selbst zurückzufinden. Allerdings gehen die Handlungen im Folgenden sehr stark auseinander, da bei mir die spirituellen Gedanken maßgeblich sind und der Protagonist nicht mehr zurückkehrt. Er streift die körperliche Hülle ab und vereint sich mit dem Wirken des Waldes und empfindet in dieser Einheit das ‚Goldene Zeitalter‘, auch wenn das eine ungewöhnliche Interpretation dieses Konzepts ist.

Deine bisherigen Arbeiten haben im textlichen Bereich immer sehr stark Deine persönlichen Überzeugungen reflektiert. Ist dies jetzt auch so? Wäre ein „Aussteigen“ wie in Thoreaus Roman für Dich denkbar – im Sinne einer „Rückkehr ins goldene Zeitalter“?
Ein Album zu schreiben, das nicht meine persönlichen Überzeugungen widerspiegelt, wäre ja recht seelenlos, oder? Von daher: Ja, das Album enthält sehr viele von meinen Überzeugen, wenn auch zwischen den Zeilen. Allerdings nicht in der Weise, wie du es vermutest. Ich hege nicht den heimlichen Wunsch, als Einsiedler im Wald zu wohnen. Diese ganze Geschichte ist für mich vielmehr eine Versinnbildlichung für eine generelle Rückkehr des Menschen zu seinen spirituellen Wurzeln. Ich lebe ja selbst in der Großstadt Berlin und versuche auch hier ein bewusstes, reflektiertes Leben zu führen. Generell ist aber einer meiner größten Wünsche, dass die Gesellschaft kollektiv ins Goldene Zeitalter zurückkehrt und ihren Egoismus, ihre Rücksichtslosigkeit, ihre Oberflächlichkeit und das mangelnde Mitgefühl hinter sich lässt. Momentan sind wir ja im Jahr 2012 und es wird viel vom Bewusstseinswandel gesprochen – und auch wenn viele Skeptiker das als esoterischen Quatsch abtun, kann ich doch bei einigen Menschen um mich herum beobachten, dass sich bei ihnen etwas tut – woran auch immer das liegt. Sie wachen langsam auf und erkennen, dass dieses Leben in dieser Gesellschaft, die allzu oft von Leistungsdruck, ungezügeltem Konsum, einem pervertieren Finanzsystem, Kriegen, mangelnder Demokratie sowie der Ausbeutung von Mensch, Tier und Natur geprägt ist, nicht der wahre Heilsweg sein kann. Ein Wandel ist möglich in dem Moment, da die Menschen daran glauben, sich nicht länger klein halten lassen und beginnen, die Welt nach ihren Vorstellungen zu gestalten, anstatt einfach nur zu ‚funktionieren‘. Das ist in den Texten so natürlich nicht formuliert, darf aber gerne zwischen den Zeilen raus gelesen werden. Ich finde, Black Metal muss nicht unweigerlich von Negativität geprägt sein, vielmehr versuche ich, aus dem negativen Ist-Zustand auf lyrischer Ebene in eine höhere Ebene vorzudringen. Ich glaube, das ist gar nicht anders möglich, wenn man sich auf die Natur als Haupteinfluss besinnt.

Sicher ist Dir die Geschichte von Christopher McCandless bekannt (ein junger Aussteiger, der von Thoreau inspiriert unzureichend ausgestattet nach wenigen Monaten in der Wildnis von Alaska vermutlich verhungert ist bzw. aufgrund von mangelhafter Kenntnis der dortigen Flora giftige Pflanzen gegessen hat und daran gestorben ist); sicherlich kann man Thoreau und McCandless nicht vergleichen, aber wo siehst Du die Gründe, dass Thoreau zwei Jahre Wildnis gut überstanden hat?
Ehrlich gesagt habe ich von dieser Geschichte noch nichts gehört. Ich würde aber auch niemandem raten, es Thoreau einfach so nachzumachen, da die meisten Menschen der Jetztzeit meist gar nicht die entsprechenden Grundlagen haben, um ein Leben in der Wildnis zu führen – weder vom Wissen noch vom Physischen her. Wenn, dann bedarf es dazu sehr gewissenhafter Vorbereitungen. Und ob es für jeden der Königsweg ist, mag ich bezweifeln. Daher betone ich, dass auf ‚Die Rückkehr ins Goldene Geschichte‘ eine fiktive Geschichte erzählt wird und dass die Texte eher dazu dienen, Sehnsüchte auszudrücken, und als Allegorie funktionieren, aber nicht 1:1 gedeutet werden sollten. Woran es liegt, dass Thoreau es – trotz einigen Problemen – unbeschadet überstanden hat und McCandless nicht, kann ich nicht beurteilen, da ich ja nicht dabei war und nicht weiß, welche Fehler McCandless genau begangen hat.

Die zweite Inspirationsquelle für die Texte ist der österreichische Expressionist Georg Trakl. Dieser taucht in Deiner Biographie auch immer wieder auf. Woher rührt Dein Interesse gerade für diesen Dichter, bekannte, tragische Expressionisten gab es doch genügend.
Warum verzaubert mich Black Metal und Hip Hop lässt mich kalt? Ich glaube, das sind einfach Fragen des Geschmacks, die sich rational nicht erklären lassen. Trakl habe ich eben sehr viel gelesen und in meinem Literaturwissenschaftsstudium sehr genau studiert, dadurch haben seine Sprache und seine wunderbaren Naturbilder bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen und haben sicher auch Einzug in die aktuellen Texte gefunden. Allerdings war Trakl kein so konkreter Einfluss wie Thoreau, eher ein unbewusster. Und im Gegensatz zu vielen Expressionisten gab es bei Trakl eben viel Natur – ich meine, bei ihm auch ein ähnliches Konzept zu sehen. Die Abscheu gegenüber der Gesellschaft und ihren industriellen Städten und die literarische Flucht in die Freiheit, Einsamkeit und Natur. In der Hinsicht fühle ich mich ihm verbunden.

Liegt die Gemeinsamkeit der Thoreau-Thematik und dem Trakl-Werk darin, dass expressionistische Werke häufig ähnlich gesellschaftskritisch sind? Erfordert expressionistisches Denken den Ausbruch, den Ausstieg aus gesellschaftlichen Machtmechanismen in Zeiten aufkommender Großstadtproblematiken?
Zumindest haben die Expressionisten die wachsenden Großstädte, den Zerfall und die triste Industrie sehr oft mit drastischen Worten kritisiert. Sie haben ihre Eindrücke sehr subjektiv wiedergegeben und sich dabei oft einer Ästhetik des Hässlichen bedient – ein literarisches Auskotzen gewissermaßen. Da bevorzuge ich doch eher die gewählte, poetische Sprache der Romantik oder eben eines Georg Trakl. Von daher bin ich kein expressionistischer Denker, sondern eher ein Post-Romantiker. Aber ja, Gesellschaftskritik und Ausstieg sind sowohl bei Thoreau als auch bei Trakl und bei Alexander Paul Blake sehr zentrale Themen :)

Hast Du eigentlich jemals darüber nachgedacht, Musik zu schreiben, die sich wirklich „gut“ verkaufen lässt? Dein Horizont ist ja eigentlich weit genug und die Fähigkeit, tolle Songs und Alben zu schreiben hast Du mehrfach unter Beweis gestellt.
Für meine Bands gibt es derlei Bestrebungen nicht, da ich damit ohne Kompromisse meine eigenen künstlerischen Vorstellungen ausdrücken möchte. Das wiederum soll nicht heißen, dass meine Musik unverkäuflich ist. Im Gegenteil: Ich bin überzeugt davon, dass da draußen noch viele potenzielle Hörer sind, die viel mit meiner Musik anfangen könnten, in der Vergangenheit mangels Promotion aber einfach nicht damit in Berührung gekommen sind. Um auf die Frage zurück zu kommen: Ich haben in der Tat schon für andere (kommerziellere) Künstler komponiert und produziert, aber das hat in einem Alexander-Paul-Blake-Interview nichts zu suchen.

Wie weit planst Du die Zukunft Deiner Projekte? Gerade das Soloalbum ist ja ziemlich spontan entstanden, wird neue Musik also eher zu Dir finden als Du zu ihr?
Es ist meistens ein gegenseitiges Suchen und Finden ? Ich arbeite derzeit schon an einem zweiten APB-Album, das schon recht weit fortgeschritten ist und wieder ähnlich spontan entsteht. Ich hoffe, es wird im Frühjahr 2013 erscheinen. Danach widme ich mich wieder Eden Weint Im Grab, so viel kann ich schon einmal verraten.

Ist Dir eine zumindest zeitweilige Flucht aus dem Großstadtdschungel in Berlin, wo Du lebst, überhaupt möglich?
Ja, eine zeitweilige schon. Mitunter sehne ich mich schon nach einem Leben am Rande der Natur, da mir dies inspirierender erscheint als graue Häuserblocks. Aber Berlin hat als Künstlerstadt natürlich auch sehr viele Vorteile und kann auf seine Weise inspirierend sein. Mal sehen, was die Zukunft bringt. Ähnlich wie bei den Expressionisten ist es wohl eine Art Hassliebe zu Berlin.

Ist die Message des Albums ähnlich stark wie bei Deiner früheren Band Transit Poetry? Willst Du den Hörer aufrütteln, ihm neue Verhaltensweisen vorschlagen oder hast Du „Die Rückkehr ins goldene Zeitalter“ nur für Dich alleine geschrieben?
Also, das Kapitel Transit Poetry ist für mich erstmal beendet und ich sehe da derzeit keine weiteren Alben mehr. Leider lief da sehr vieles schief, sodass es Zeit war, einen Abschluss zu finden und neue Wege zu gehen, um alten Ballast abzuwerfen. Alexander Paul Blake ist für mich authentischer insofern, als dass Inhalte und Musik besser zusammenpassen – ohne dass ich sagen möchte, dieses oder jenes Projekt wäre besser als das andere. Was das Spirituelle angeht, fließen meine Ideen und Vorstellungen in alles, was ich mache, irgendwie ein. Dadurch gibt es sicher Gemeinsamkeiten, denn mein Weltbild hat sich die letzten Jahre nicht grundlegend gewandelt. Hm, aufrütteln will ich die Hörer sicher irgendwie, aber ich will nicht missionieren. Letztlich muss jeder seinen eigenen Zugang zu der Musik und seine eigene Wahrheit finden und man kann die Texte auch ganz anders interpretieren, als ich das tue. Die Formulierung ‚Verhaltensweisen vorschlagen‘ hört sich für mich nicht passend an, eher schon ‚Denkanstöße geben‘. Aber ich habe auch kein Problem damit, wenn Menschen einfach die Musik mögen, ohne sich mit den Hintergründen zu befassen. Ich schreibe Musik immer in erster Linie für mich, aber natürlich freue ich mich über Reaktionen und Zuspruch von außen, da dies wieder zu neuen Taten motiviert. Letzten Endes ist Kunst ja meistens irgendwie ein Austausch von Energien, von daher lassen sich die Hörer nicht ausschließen. Aber ich komponiere nicht auf Hörerwünsche hin, sondern mache, was ich für richtig halte und hoffe, dass es dann auf Resonanz stößt.

Wagen wir zum Abschluss noch mal einen Blick über den musikalischen Tellerrand. Mit welchen Gefühlen verfolgst Du das aktuelle Weltgeschehen? Dem arabischen Frühling ist weitgehend Ernüchterung gefolgt, in Syrien wird das Volk vom Machthaber weiter drangsaliert, die Nahostproblematik scheint auch nicht gelöst werden zu können, die richtungsweisenden Wahlen in Amerika stehen vor der Tür, manchmal weiß man gar nicht, wo man hinsehen soll, oder?
Ja, irgendwie scheint es, die Menschheit wird einfach nicht weiser, oder? Andererseits denke ich, dass es im Grunde nur sehr wenige Menschen sind, die für all die Kriege, Finanzkrisen etc. verantwortlich sind und dass die breite Masse der Menschen einfach nur ein zufriedenes, glückliches Leben führen möchte, man sie aber nicht lässt. Dazu kommt – gerade in der westlichen Welt – eine gewisse Bequemlichkeit und Obrigkeitshörigkeit der Leute. Die Möglichkeiten zu einem umfassenden Wandel wären da, man müsste nur die Systeme überdenken. Stichwort: Freie Energie, gedeckte Goldwährungen, das bedingungsloses Grundeinkommen, das der technische Fortschritt möglich macht, Leben im Einklang mit natürlichen Zyklen usw. Was die Wahlen in den USA angeht: Ich glaube, die Politiker sind mittlerweile ausschließlich Marionetten weltfremder Bankiers und Konzernchefs. Von daher macht es für mich keinen Unterschied, wer gewählt wird – auch hierzulande nicht. Politik ist zu einer reinen Show verkommen. Die wahren Strippenzieher agieren im Verborgenen. Und um das Wohl der Allgemeinheit geht es nur noch in den wenigsten Fällen. Das ist eine sehr traurige Tatsache. Aber die Menschen müssen eben aufwachen, dürfen sich nicht länger blenden lassen und müssen alle jene aus dem Amt jagen, die nicht im besten Sinne für uns alle entscheiden. Freie Medien wären auch schön und wichtig. Von daher hoffe ich, dass das Internet nicht bald zensiert wird, denn dort lassen sich noch unabhängige Informationen finden. Aber bei mir ist es so, ich lese gerne alternative Nachrichten und Berichte, für den Rest des Tages blende ich diese Themen aber aus, lasse mich nicht in Panik versetzen und besinne mich auf mich selbst – alles andere macht uns nur krank.

So, mit meinen Fragen wäre ich nun durch. Um das Metal1.info-Wortspiel kommst Du natürlich nicht drum herum ;)
Tag: Carpe diem!
Nacht: ohne Dunkelheit kein Licht
Frühling: Geburt
Sommer: Ekstase, Lebensfreude, Euphorie
Herbst: Melancholie
Winter: Zeit für Besinnung
Leben: immerwährend, zyklisch, grenzenlos
Tod: ein Tor zu einer anderen Ebene

Ich bedanke mich für das mal wieder ausgesprochen interessante Interview. Die letzten Worten sind Dein.
Gerne, ich freue mich, dass ich mich zu Wort melden durfte und verweise auf Hörproben auf www.alexanderpaulblake.de.

Publiziert am von Jan Müller

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