Interview mit Andreas Hilbert von Golem

Mit ihrem „Dreamweaver“ lieferten GOLEM voriges Jahr ein starkes Stück Death Metal ab. Sänger, Gitarrist und Bandoberhaupt Andreas Hilbert stand unserem Redakteur Jay Rede und Antwort.

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– Tach Andreas. Wie geht’s dir?
Andreas Hilbert: Ja Tach auch… Geht mir gut!

– Zu allererst würden unsere Leser sicherlich gern wissen in welchen Projekten du involviert bist und was man als nächstes von deinem Hauptprojekt GOLEM erwarten darf.
Andreas Hilbert: Musikalisch bin ich zurzeit nur mit Golem unterwegs. Gegenwärtig entstehen gerade die Songs für das nächste Album. Das wird auch noch eine Weile dauern. Ansonsten ist da natürlich das Soundforge Tonstudio, welches einen großen Teil meiner Zeit beansprucht, Umzug, Ausbau etc.

– Wie kam es eigentlich zu dem Namen GOLEM?
Andreas Hilbert: Protector brachten 1988 eine gleichnamige Scheibe raus. Naja, nach diversen Überlegungen war das dann der perfekte Name für uns, kurz, prägnant, sehr mächtig und nicht allzu kitschig.

– Wie steht ihr zu eurem Label Nuclear Blast und was haltet ihr von euren Labelkollegen wie z.B. Dimmu Borgir, Nightwish, Gorefest oder Manowar?
Andreas Hilbert: Wir haben eigentlich keinen direkten Kontakt zu anderen Bands über das Label. Sind auch alles Sachen, mit denen ich mich rein privat nicht so sehr beschäftige, auch wenn ich nicht sagen würde, dass sie irgendwie schlecht sind. Feine Sache, dass wir so unsere Musik einem breiten Hörerkreis zugänglich machen konnten, weiter nix. Wir haben bei der Firma auch durchaus keinen hohen Stellenwert, es ist ja nur eine Lizenz-VÖ.

– Wann wird es nach der 2004 erschienen „Dreamweaver“ wieder etwas von GOLEM zu hören geben?
Andreas Hilbert: Schwer zu sagen. Es ist schon eine ganze Menge an Ideen zusammengekommen, die aber noch nicht so sehr in Songs ausgearbeitet sind, das kann sich noch eine ganze Weile hinziehen. Hören kann man das zwar schon, aber ich denke, dass es in der jetzigen Form wohl den Großteil der Leute überfordern würde. Prognosen möchte ich jedenfalls keine abgeben. Zum Glück betreiben wir das ja nur als Hobby und sind auf eine baldige VÖ nicht angewiesen.

– Hast du einen speziellen Wunsch was die Zukunft anbelangt?
Andreas Hilbert: Na klar, viel Geld, wenig Arbeit;-) nee, im Ernst, was Golem anbelangt wünsche ich mir natürlich noch viel Kreativität und Innovation… und vielleicht ein paar golemeske Auswirkungen auf extreme Musik im Allgemeinen. Es würde sicherlich auch Spaß machen, sich nur noch um die Musik kümmern zu müssen, das ist aber wohl ziemlich unwahrscheinlich.

– Mit „Breeder“ von der „Dreamweaver“ habt ihr einen für meinen Geschmack untypischen GOLEM-Track gezaubert – gab es dafür irgendeinen Grund?
Andreas Hilbert: Auf der Scheibe gibt es 2 Stücke, die aus speziellen musikalischen Gründen heraus entstanden sind. „Diaspora“ war eigentlich ein Versuch, zu zeigen, dass wir auch sehr eingängige/einfache Stücke machen könnten, wenn wir wollen. Das Lied ist an einem einzigen Abend, ohne viel Grübelei entstanden. Es war ein Experiment und ich wollte es eigentlich erst gar nicht auf der Platte haben. Naja, den anderen hat es einfach zu gut gefallen. „Breeder“ war dann meine Antwort auf dieses Stück. Wenn man die beiden Lieder vergleicht, dann kann man das wohl auch nachvollziehen. Eben düster, gemein und „unschön“ im Gegensatz zu „Diaspora“.

– Auch „Le Sacre du Printemps“ klingt ungewöhnlich, was natürlich daran liegt, dass es ein Stück von Igor Strawinsky ist. Darf man in nächster noch mehr verrückte Ideen von dir erwarten beziehungsweise Coverversionen die man nicht erwarten würde?
Andreas Hilbert: Ich würde mal tippen, dass die nächste Scheibe eher keine Experimente a la „The Tower“ oder „Le Sacre…“ enthält… ist zumindest mein momentanes Gefühl. Aber wer weiß, was da noch kommen mag. Für nötig halte ich es jedenfalls nicht, da die Songs als solche im Album-Konzept doch wesentlich wichtiger sind. Ich glaube eher, dass die zeitgenössische Klassik noch mehr Einfluss auf mein Songwriting haben wird und solche „Nachspielereien“ der Vergangenheit angehören. Aber wie gesagt, sicher ist das nicht.

– Gibt es einen bestimmten Auftritt an den du dich gern zurückinnerst oder hast du eine lustige Geschichte aus deinem Musikerleben auf Lager?
Andreas Hilbert: Eine bestimmte Anekdote fällt mir da jetzt gerade nicht ein. Sicher hat es viele lustige Sachen gegeben, Spaß haben wir eigentlich immer. Am meisten beeindruckt hat mich wohl unser 1991er Auftritt auf dem ersten Grind-Noise-Festival in Königs Wusterhausen. Wir waren wirklich noch sehr jung (um die 15 Jahre alt) und wenn dann mehrere tausend Leute total ausrasten, nur weil du auf der Bühne ein wenig Grindcore zum Besten gibst, dann ist das schon eine Sache, die man nicht so leicht vergisst. Aber natürlich erlebt man auch heute immer noch die eine oder andere Überraschungen der positiven Art. Auf dem Party.san war zum Beispiel jemand, der mich musikalisch völlig durchschaut hatte, ohne mich zu kennen, das war auf jeden Fall ein sehr interessantes Gespräch.

– Wie läuft es bei GOLEM im Studio ab – spielt da jeder sein Instrument ein und du mixt dann am Ende einfach alles zusammen oder darf jeder mal ran?
Andreas Hilbert: Teamwork ist bei uns sehr wichtig. Ich mag zwar das letzte Wort haben, aber die Meinungen meiner Mitstreiter werde ich deshalb nicht ignorieren. Normalerweise bin ich natürlich bei allen Schritten dabei.
Andreas Hilbert: Wir haben zuerst das Schlagzeug aufgenommen. Eric hat getrommelt. Rainer, Carsten und ich haben dabei die Jury gespielt, ich natürlich auch noch den Techniker. Rhythmus-Gitarren habe ich dann völlig alleine eingespielt. Dann hat Rainer den Bass mehr oder weniger für sich alleine aufgenommen, ich habe lediglich seine Takes abgesegnet oder Verbesserungsvorschläge angebracht. Für die Soli waren wir dann wieder komplett und haben uns über ziemlich jede Note auseinandergesetzt, bis auf „Dreamweaver“, dass der Carsten zu Hause komplettiert hat. Den Mix habe ich dann soweit alleine vorbereitet und mir dann die Meinungen von den anderen eingeholt und die Sachen dementsprechend abgeändert. Gemastert habe ich dann auch noch selbst.

– Welche Musik hörst du zur Zeit privat und welche Scheibe rotiert bei dir zu Hause am meisten?
Andreas Hilbert: Ich höre fast jeden Tag sehr viel Metal aus eher „beruflichen“ Gründen. Privat bleibt es dann fast ausschließlich bei klassischer Musik, zurzeit mal wieder sehr viel Bela Bartok. Bei Metal bleibe ich dann meist bei Klassikern der letzten 15 Jahre hängen, aber auch die letzte Behemoth oder Divine Empire fand ich ziemlich gut. Ansonsten sind da vor allem neuere Emperor und Morbid Angel Sachen am Start, auch Oxiplegatz hat immer noch genug Charme für etliche Abspielgelegenheiten.

– Wie denkst du über das Thema „Musikbranche und mp³s“?
Andreas Hilbert: Ich mache mir da nicht sonderlich viel Gedanken darüber. Wenn Musik wirklich gut ist, dann wird sie von mir auch gekauft. Naja, bleibt also bei vielen Sachen das Brennen, Tauschbörsen und MP3;-) Wenn es das nicht gäbe, würde ich trotzdem für viele Sachen kein Geld ausgeben. Ich denke, dass das der große Irrtum der Branche ist und dass es vielen Musikern auch hilft, die Aufmerksamkeit auf ihre Kunst zu lenken.

– Was treibst du denn sonst noch so, quasi als Nicht-Musiker?
Andreas Hilbert: Ich studiere Elektrotechnik, arbeite im Tonstudio und mastere Alben bei mir daheim. Privat gibt es dann Warhammer, Online-Rollenspiele und viel Cinema, Partybesuche und ein wenig Joggen, dazu dann zu viele Zigaretten und zu viel Kaffee. Alkohol hält sich in Grenzen.

– Was denkst du über Musiker wie zum Beispiel Jon Nödtveidt der ja immerhin dein Labelkollege ist oder den legendären Chuck Schuldiner?
Andreas Hilbert: Chuck war natürlich eine Ausnahmepersönlichkeit. Ich kann sagen, dass er für meine musikalische Entwicklung nicht unwichtig gewesen ist, einer meiner frühen Vorbilder. Leute wie Jon ignoriere ich lieber, auch wenn wir uns natürlich nie zu schade sind, gegenüber solchen Tendenzen Stellung zu beziehen. Wir verachten solche Menschen!

– Wer sind deine persönlichen Vorbilder – aus der Musikszene und aus der nüchternen Welt?
Andreas Hilbert: Schwierig, schwierig… Ich würde heute nicht mehr so weit gehen und einzelne Menschen als meine Vorbilder bezeichnen, da ich niemanden nachahme oder nacheifere. Aber ein paar Einflüsse könnte ich schon nennen: musikalisch: Bill Steer, Trey Azaghtoth, Ihsahn, Alf… Igor Stravinski, Bela Bartok, James MAcMillan, Maurice Ravel…
Außermusikalisch kann ich jetzt beim besten Willen niemanden auftreiben, der einen entscheidenden Einfluss auf mich gehabt hätte oder der mir genug wäre, ein spezielles Vorbild zu sein; viele Strömungen aus verschiedenen politischen, philosophischen, sozialen und künstlerischen Bereichen, aber eben niemand als einzelne Person. Vielleicht so jemand wie Leonardo da Vinci aber eben nicht speziell Leonardo da Vinci…

– Mit welchen Bands oder Musikern würdest du gerne mal auftreten oder in’s Studio gehen?
Andreas Hilbert: Ich würde gern ein besserer Musiker sein und Sachen mit einem klassischen Orchester machen oder mit einem talentierten Komponisten zusammenarbeiten. Auch würde ich gerne mal mit Trey Azaghtoth Songs schreiben. Colin Richardson würde ich gerne mal über die Schulter schauen. Musiker wie die Leute von Dream Theater hätte ich auch gerne mal im Studio, es wäre sicher ein Genuss, mit solchen Profis zusammenzuarbeiten.

– Gibt es eigentlich einen Underground in Brandenburg oder hält sich „eure“ Szene da eher an die Berliner?
Andreas Hilbert: Den brandenburgischen Underground gibt es ganz sicher. Natürlich ist Berlin viel dichter besiedelt und speziell in der brandenburgischen Ecke, aus der ich komme, scheint eine Szene nicht zu existieren. Aber man staunt doch manchmal, wie viel sich auf dem „Land“ so tut. In Berlin sieht man sich natürlich viel öfter und es finden wesentlich mehr Konzerte statt. Carsten und Rainer stammen beispielsweise aus dem brandenburgischen Senftenberg. Der einzige echte Berliner bei uns ist Eric.

– Live durfte man euch zuletzt am 16.04 in Berlin sehen, wann gibt es mal wieder eine ordentliche Tour oder einen Auftritt auf einem Festival (zum Beispiel wieder auf dem Party San Open Air)?
Andreas Hilbert: Momentan sind nur ein kleineres Festival nahe Dresden und Einzelgigs geplant. Die Daten sollten alsbald stehen und kommen dann auch auf die Homepage. Mit größeren Festivals sieht es in diesem Jahr nicht so rosig aus, wir hoffen aber, dass sich das für 2006 zum positiven wendet. Leider können wir nicht immer mit der Präsenz agieren, wie wir es uns wünschen, wir würden wirklich gern öfter spielen.

– Wie stehst du zu den Carcass Vergleichen mit GOLEM die oft wegen deines Gesangs auftauchen?
Andreas Hilbert: Mittlerweile amüsiert es mich nur noch. Alle Aufregung hilft da eh nix, also – was soll’s? Menschen brauchen ihre Schubladen und vielleicht gibt es einmal Musiker, die mit Golem-Vergleichen zu kämpfen haben;-)

– Wie steht es um dich in 10 Jahren? Nimmst du dann zum Beispiel die „Visceral Scab“ neu auf?
Andreas Hilbert: Wer weiß? Aber ich glaube wohl eher nicht. Wenn uns Kreativität und Ehrgeiz erhalten bleiben, wird es Golem sicher auch in 10 Jahren noch geben. Sollten wir merken, dass keine wirklich neue Musik mehr aus uns heraussprudelt, werden wir uns aber nicht krampfhaft an einen vergangenen guten Ruf klammern. Ich persönlich werde hoffentlich viele Platten produzieren und in vielerlei Art und Weise Musik und Broterwerb vereinen können; sämtliches Bestreben geht jedenfalls in diese Richtung. Vielleicht ein Tonstudio in Tibet, wo dann die ganze Zeit finstere Gitarrenwände vom Himalaja widerhallen. Das hätte doch was;-)

– Wie stehst du zum Internet? Dient es dir er als Arbeitsoberfläche oder liest du die neusten Rezensionen bei Metal1.info?
Andreas Hilbert: Ich glaube, ich hätte ganz schöne Probleme, wenn man mir das Internet wegnehmen würde. Durch DSL-Flat, mein Studentendasein und da ich sowieso meist am Rechner arbeite, nutze ich es wirklich außerordentlich viel für die verschiedensten Dinge. Auch Rezensionen lese ich eigentlich nur noch im Netz, da ich keine Metal-Gazetten mehr kaufe. Meist hat man es so auch besser, da man dann gleich entsprechende Hörbeispiele bekommen kann etc. Das Cothurnus ist da allerdings eine Ausnahme wert.

– Zum Schluss noch ein kleines Wortspiel. Was kommt dir in den Sinn, wenn du folgende Begriffe liest:
Andreas Hilbert:
Metalcore : nicht meine Welt, einfach nicht mein Melodie- und Rhythmusgefühl…
Slayer: „Reign in Blood“ war meine Urzündung, heutzutage nicht mehr so bedeutend für mich…
Dimebag Darrel: Pantera war nie mein Ding, obwohl Dimebags Arbeit sicherlich viel Einfluss hatte… schade, dass so etwas passiert, aber kein Grund für mich, heuchlerisch zu werden…
Fat-Pie (ich habe den Link zu deren Site bei euch gesehen): „Salad Fingers“ ist wirklich KULT! David Firth trifft damit meinen Nerv – i love it!
Religion: kein Thema
Alkohol: gelegentlich gerne
Poser: wusste gar nicht, dass dieser Begriff noch existiert, hmmm… wir „posen“ doch alle;-)
Liebe: einfach wundervoll!
Dan Swanö: der nette Schwede von nebenan, really!
Metal1.info: sieht wirklich gut aus, lotsa stuff… nicht, dass ich alles gelesen hätte… ein Golem-Review steht ja noch aus, schlaue Idee, das interview vorher zu machen;-)

– Falls du den Lesern von Metal1.info und dem Rest der Whimps und Poser da draussen noch etwas sagen willst, kannst du das jetzt auf die Menschheit loslassen.
Andreas Hilbert: Bleibt der Idee treu – am Metal ist die Musik das Wichtigste! Und unserer Dank an all die Maniacs, die eben doch höhere Ansprüche an diese Musik haben, als dass 6FU sie befriedigen könnte!

– Herzlichen Dank für deine Zeit und Mühen, die du für meine Fragen aufgebracht hast! Ich wünsch dir noch viel Erfolg obwohl du das ja eigentlich nicht brauchst da fast alles zu musikalischem Gold wird was du berührst.
Andreas Hilbert: Ja, vielen Dank gleichfalls und viel Erfolg mit der Page!

Geschrieben am von Metal1.info

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