Interview mit Martin Schirenc von Hollenthon

Sieben Jahre ließ sich Martin Schirenc (Pungent Stench) Zeit, um die Fans seines Zweitprojekts HOLLENTHON mit einem neuen Album zu beglücken – nun ist das Werk mit dem vollmundigen Titel „Opus Magnum“ auf dem Markt. Wir schwatzten mit Martin über die neue Scheibe, Retorteninstrumente und eine gescheiterte Ehe.

Servus, Martin! Vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Wia hat’s di?
Danke, bestens – die Platte erscheint in ein paar Tagen und die Sommerfestivals stehen ins Haus. Ich kann es kaum mehr erwarten wieder regelmässig Live zu spielen

Sieben Jahre sind ins Land gegangen, seit das letzte Hollenthon-Album erschien – wie fühlt es sich an, endlich wieder eine neue Scheibe zu veröffentlichen?
Es fühlt sich grossartig an, besonders nach dem Split von Pungent Stench, der ja nicht gerade freundlich verlief.

Wie hat sich die Band seitdem verändert?
Wir haben zwei neue Mitglieder bekommen und zwar Gregor Marboe am Bass (er hat auch seit 2006 bei Pungent Stench gespielt) und Martin Arzberger and der zweiten Gitarre. Ich bin sehr zufrieden mit dem neuen Line-Up und die Jungs haben sich bestens in die Band integriert. Mario und Werner, ihre beiden Vorgänger, haben leider nicht die nötige Zeit um ausgiebig auf Tour zu gehen und daher musste ich mich um Ersatz umsehen. Alle Bandmitglieder leben jetzt auch in Wien, was die Probesituation deutlich verbessert hat.

Hätte man auch mit einem neuen Hollenthon-Album rechnen dürfen, wenn deine Hauptband Pungent Stench nicht auseinandergegangen wäre?
Auf jeden Fall, allerdings hätte es wahrscheinlich noch ein paar Monate länger gedauert bis die Platte erschienen wäre. Ich hatte aber geplant gleich nach der (bisher unveröffentlichten) Pungent Scheibe ein neues Hollenthon Album zu veröffentlichen, nachdem ich das sowieso schon viel zu lange aufgeschoben hatte. Jetzt habe ich obendrein auch noch viel mehr Zeit um mit Hollenthon aufzutreten, was mir aus heutiger Sicht eigentlich ganz gelegen kommt.

Die Band begann ursprünglich unter dem Namen Vuzem, bevor ihr bei Napalm Records landetet, wo ihr ja auch heute noch seid – seit dem ersten Album tragt ihr aber euren jetzigen Namen. Was bewog euch dazu, den Namen dieser österreichischen Gemeinde zu wählen?
Mir hat der Klang des Wortes gefallen und es war auch äusserst unwahrscheinlich, dass es schon eine andere Band mit diesem Namen gibt.

„Opus Magnum“ – der Titel ist ja nicht gerade die manifestierte Bescheidenheit ;) Was denkst du, ist dieses Album euer magnum opus?
Nein, das ist auch nicht der Grund warum das Album so heisst, sondern der Titel bezieht sich in zynischer Weise auf den textlichen Inhalt.

Steht das Album musikalisch in der Tradition seiner beiden Vorgänger?
Absolut. Es ist zwar um eine Ecke härter ausgefallen, aber es verbindet noch immer Metal mit klassischer und ethnischer Musik.

Was symbolisiert das Cover mit der grausligen Gestalt und den vielen Händen darauf, bzw. was stellt es dar?
Es soll einen Engel darstellen, aber so wie diese Kreaturen in der Bibel, vorallem im Alten Testament, beschrieben werden. Denn waenn immer Gott auf die Menschen angepisst war, hat er seine Engel ausgesandt um Tod und Verderben zu bringen. Ich finde unsere Version also wesentlich einleuchtender als die barocke Darstellung von dicken kleinen Kindern, mit Flügeln und winzigen Genitalien. Das macht irgendwie keinen Sinn. Andererseits sprechen wir hier auch von Religion und da hat Logik keinen Platz.

Die acht Lieder, die das Album bietet, beinhalten eine Vielzahl von exotischen oder zumindest ungewöhnlichen Instrumenten abseits der Standardbesetzung; ich konnte dabei nicht alles benennen – welche Instrumente habt ihr eingesetzt? Kommen die Sachen aus dem Keyboard oder habt ihr (oder Gastmusiker) sie von Hand eingespielt?
Der Grossteil kommt aus dem “Keyboard”, obwohl das natürlich nicht so stimmt. Die Instrumente wurden alle sorgfälltig gesampelt und daher auch von richtigen Leuten gespielt. Von uns kommt nur die Melodie. Ich habe dieses Mal auch haufenweise Indische Instrumente verwendet und ich muss zugeben, dass ich mich an die meisten Namen weder erinnern kann, noch weiss ich wie diese Dinger überhaupt aussehen.

Bei „Misterium Babel“ singt deine Frau Elena (ich hoffe, ich bin da richtig informiert) sehr orientalische Klänge; ähnliches findet man ja auch bei nahöstlicher Musik, wobei es da in Verbindung mit der Musik von westlichen Ohren meist eher als Gejaule wahrgenommen wird – hier funktioniert es hingegen gut. Worüber singt Elena in diesem Lied?
Nun, Elena und ich sind schon seit mehreren Jahren kein Paar mehr und es ist auch nicht ihre Stimme die man auf diesem Song hört. Ich habe haufenweise gesampelte Gesänge und Instrumente aus aller Welt und in diesem Fall handelt es sich um traditionelle Indische Musik. Ich weiss allerdings nicht worüber die Dame singt und es ist mir auch nicht weiter wichtig, denn ich sehe die Stimme auch als Instrument und der Klang ist mir eigentlich wichtiger als die Bedeutung der Worte.

Ihr habt einen für meine Begriffe relativ ungewöhnlichen Videoclip zu „Son of Perdition“ gedreht. Was hat es mit den Balletttänzerinnen (?) auf sich? War das ein Milchbad, das du da genommen hast? Und hattest du tatsächlich lebende Raupen im Mund?!
Hat irgendwer ernsthaft erwartet, dass wir einen Clip machen der nicht ungewöhnlich ist? Das wäre doch irgendwie kein Hollenthon-Video, wenn man einfach nur die Band beim Spielen sehen würde. Ich wollte immer schon Tanz als Stilmittel für einen Clip verwenden und dieser Song hat sich eben dafür angeboten, weil er sehr rhythmisch ist. Und ja, das war ein Milchbad und die Maden waren auch äusserst lebendig. Es kamen aber keine Tiere beim Dreh zu Schaden. Als langjähriger Vegetarier hab ich natürlich darauf geachtet, keines der Tierchen zu verschlucken. Nach dem Dreh kamen sie zusammen mit den Heuschrecken in ein Terrarium und wurden bis zum Ende ihrer Tage fürstlich versorgt. Der Hund und die Schlange sind auch wieder heil bei ihren Besitzern.

Für mich persönlich seid ihr so eine Art „Therion in hart“. Siehst du selbst irgendwelche Verbindungen zwischen Hollenthon und Therion?
Ich muss gestehen, dass ich kein einziges Therion-Album besitze und mich dementsprechen schlecht mit ihrer Musik auskenne. Aber ich habe diesen Vergleich schon oft genug gehört, dass wohl irgendwas dran sein muss. Ich weiss aber dass Therion sehr beliebt sind und empfinde es als Kompliment, wenn wir im selben Atemzug mit ihnen genannt werden.

Es ist mir bisher selten untergekommen, dass ein Ehepaar zusammen in einer Band aktiv ist, so zum Beispiel bei Peccatum (Ihsahn und seine Gemahlin Ihriel) oder Atrocity (Gastauftritte von Alex Krulls Frau Liv Kristine). Wie sehr bestimmen Hollenthon und die Musik im Allgemeinen euer Leben?
Da Elena mittlerweile über 200km entfernt von mir wohnt, kann ich natürlich nicht für sie sprechen, aber mein Leben dreht sich momentan fast ausschliesslich um die Band. Entweder müssen Interviews beantwortet, geprobt oder Merchandise designt werden und das nimmt alles sehr viel Zeit in Anspruch. Besonders so kurz vor der Veröffentlichung.

Ich habe schon oft gehört, dass Musiker Paarbildung in ihrer Band fürchten wie der Teufel das Weihwasser, weil Probleme in der Beziehung dann oft auch die ganze Band ins Wanken bringen und selbst kleine Streitereien das Bandklima vergiften können. Wie ist das bei euch, habt ihr das immer ordentlich trennen können?
Ich kann da jetzt auch wieder nur aus der Vergangenheit berichten, aber es gab natürlich immer wieder mal kleine Reibereien. Wir waren allerdings nie miteinander auf Tour, also hab ich damit keinerlei Erfahrungen. Fest steht, dass wir beide sehr dickköpfig sein können und unseren Willen durchsetzen wollen. Ich glaube dass unsere Zusammenarbeit beim neuen Album wesentlich einfacher war, weil wir eben nur mehr Freunde sind und auch nicht mehr zusammen wohnen.

Du bist ja inzwischen schon gute 20 Jahre im Musikgeschäft. Wie hat sich dein Verhältnis zur Musik und zur Metalszene in dieser langen Zeitspanne verändert bzw. entwickelt? Zu Beginn deiner Arbeit war ja auch deine Musik noch in der Entwicklung, inzwischen sind aber wieder viele neue Richtungen oder Sub-Genres entstanden, gerade in den letzten Jahren. Verfolgst du das alles noch oder gab es einen Punkt, an dem das Interesse an der zeitlich grade aufkommenden Musik erheblich zurückgegangen ist?
Ich verfolge schon wie sich die Dinge in der Metal-Szene entwickeln, obwohl natürlich nicht mehr ganz so enthusiastisch wie früher. Das Meiste war ja sowieso schon da und ist nur eine Variation des Originals. Ich gehe aber immer noch zu vielen Konzerten und verkehre in Clubs die Metal spielen, insofern hat sich für mich also nicht grossartik viel geändert.

Freust du dich schon auf die bald startende Fußball-EM bei euch und in der Schweiz? Oder geht dir der Rummel schon jetzt gehörig auf die Kronjuwelen?
Die EM geht mir komplett am Arsch vorbei.

Es gab ja diese merkwürdige Kampagne, die bewirken sollte, dass die österreichische Nationalmannschaft sich aus dem Turnier zurückzieht, um eine üble Blamage zu vermeiden. Wie denkst du darüber?
Die sollen sich nur ruhig blamieren, dann nehmen vielleicht diese ganzen Idioten endlich wieder die Flaggen von ihren Autos.

Abschließend eine Frage aus dem Munde der innerredaktionellen Pungent Stench-Fans: Wann darf man mit dem letzten Album rechnen, das du ja allen Widerständen zum Trotz noch veröffentlichen willst?
Tja, da hab ich leider noch keine Neuigkeiten. Momentan gibt es wirklich genug mit Hollenthon zu tun und das Album ist ja noch nicht einmal gemixt, bzw. fehlt auch ein Label um es zu veröffentlichen. Ausserdem sind diesbezüglich noch finanzielle Dinge zu klären, aber ich hab die Nase von Alex immer noch gestrichen voll und bin froh wenn ich ihn nicht sehe, geschweige denn mich mit ihm herumstreiten zu müssen.

Alles klar, das wär’s! Nun kannst du noch am allseits beliebten metal1.Wortspiel teilnehmen. Sag‘ einfach, was dir zu diesen Begriffen einfällt:

Elfriede Jelinek: Alfred Nobel
Kaiserschmarrn: Zwetschgenröster
1683: Kara Mustafa
Haggard: Das dreckige Dutzend
Bungie-Jumping: Die Lianenspringer von Pentecôte
„Schluchtenscheißer“: West-Österreicher
metal1.info: Deutsches Metal Onlinemagazin seit 2002

Martin, ich danke dir ganz herzlich für dieses Interview und wünsche dir weiterhin viel Erfolg und vor allem Spaß mit Hollenthon! Die letzten Worte gehören selbstverständlich dir.

Geschrieben am von Metal1.info

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