Interview mit Max Faschina von Redcraving

Mit „Lethargic, Way Too Late“ veröffentlichte die Berliner Post/ Hardcore/Screamo Formation REDCRAVING eine spannende Debut-EP. Grund genug für uns mit Sänger Max Faschina über positive Kraft und konservativen Metal zu reden.

Hey Max, schön, dass du dir die Zeit für ein Interview mit Metal1.info nimmst! Wie geht es dir?
Nasskaltes Berliner Wetter, nicht so toll, aber ich freu mich aufs Interview. Tachchen…

Mit „Lethargic, Way Too Late“ veröffentlicht ihr euer Debutalbum, da kommst du nicht drum herum, euch mal kurz vorzustellen.
Angefangen hat es vor 5 Jahren als Schulband, um sich dann über diverse Mitgliederwechsel nun als richtige Band zu etablieren. Personell können wir wie ein Querschnitt durch die Berliner Bevölkerungsstruktur gelesen werden. Die eine Hälfte ausm Osten der Stadt, die andere Hälfte ausm Westen mit obendrein türkischen Wurzeln. Allesamt zwischen 19 und 23 Jahre alt.

Ist „Lethargic, Way Too Late“ wirklich ein Debutalbum? Mit knapp 30 Minuten Spielzeit ist es doch eher eine Debut-EP, warum so kurz?
In der Tat ist es eine EP, die auch preislich in dieser Ecke anzutreffen sein wird. In dem ganzen Promo Wirrwarr vergisst man manchmal das expliziert klarzustellen. Aber seltsam ist es schon, dass wenn von ”Platte” die Rede ist, gleich alle an Album denken. Die 10 Inch fehlt da irgendwie schon im kollektiven Gedächtnis.

Von was handelt denn die Scheibe? Und warum ausgerechnet dieses Intro?
„Lethargic, Way Too Late“ ist Ausdruck unserer allgemeinen Gefühlslage. In letzter Zeit war es sehr mühsam diese Band zusammenzuhalten, ehrlich gesagt war das immer schon so. Deshalb kam in kreativen Prozessen oft eine gewisse Lethargie zum Ausdruck. Unsere erste Veröffentlichung fühlt sich somit auch als „viel zu spät“ an.
Zum Intro muss ich sagen, dass ich ein riesengroßer Hank Williams Fan bin. Also geht das teilweise auf meine Kappe. Ich finde, dass der Text und die Vortragsweise eine enorm positive Kraft ausstrahlen. Auf Dunkel folgt Licht. So einfach, so treffend. Das wirklich interessante daran ist aber, dass sich der gute Hank ein knappes Jahr später totgesoffen hat. Es macht Dir Mut, auch wenn Du weißt, dass es Dir unweigerlich irgendwann wieder scheiße geht. Bei uns gab es immer diese Extreme, die dann in Lethargie endeten. Also passte das hervorragend ins Konzept.

Wie sind denn die bisherigen Reaktionen auf die CD ausgefallen, ich hab im Netz noch nichts entdeckt?
Bisher gab es noch keine wirklich negativen Kritiken. Selbst die konservativsten Metalheads konnten zwar nicht wirklich was mit der Platte anfangen, mussten uns aber doch eine gewisse Substanz zugestehen. Die meisten Reviews kommen jetzt im November ein paar Wochen vor dem Release…

Ich selbst war etwas hin und her gerissen. Einerseits finden sich auf der CD großartige Stücke wie „…His Queen As Well“, andererseits wirkt sie oft auch zu zerfahren und nicht vollends ausgereift. Was sagt ihr Leuten, die sich überfordert abwenden?
Der menschliche Geist erfreut sich meistens an dem, was er wiederzuerkennen vermag. Einerseits also bei Bands, die sich alle gleich anhören, andererseits wenn er denn eine Platte oft genug gehört hat. Ich glaube diese EP stellt gewisse Anforderungen an den Hörer und wer Alben oder EPs nur ein paar mal hört, der kann sich keine Meinung bilden. Aber gerade im Metalbereich sind die Hörer doch sehr einfach gestrickt und äußerst konservativ. Der wichtigste Grund, warum sich da noch ganz gut Geld verdienen lässt. Die zwei kommerziell beständigsten Genres sind bewiesenermaßen Metal und Volksmusik. Parallelen in den Arrangements gibt es zuhauf!

Die Länge der CD legt nahe, dass ihr noch nicht zu viel (ausgereiftes) Songmaterial habt. Warum dann jetzt schon die CD?
Ein Album als erstes Release geht doch meistens total in die Hose. Da hat man 5 gute Songs und einen Haufen Füllmaterial, um die 45 Minuten voll zu kriegen. Wir haben uns bewusst dagegen entschieden. Es bestand die Chance noch mehr Songs, die schon im Kasten sind auf diese Platte zu packen, doch für uns stellen diese 6 Songs eine Einheit dar, die wir so nicht durchbrechen wollten. Außerdem sind wir da wahrscheinlich sehr nostalgisch. Im Hardcore und Screamo gab es vor dem Kommerz fast nur 10 inch Platten. Im Metal, der ja seit den 90ern spätestens zum Mainstream gehört, haut man dagegen seit eh und je verkaufswirksame Formate raus. Aber mit Metal haben wir nichts am Hut…

Der Post-Hardcore Bereich ist gerade sehr gefragt. Die Nische platzt bald aus den Nähten, als Band ist es also zwingend notwendig eigene Akzente zu setzen. Was ist der Grund, warum die Leute gerade eure Musik hören sollten?
Weil sie vielleicht eine Antwort darauf bekommen, wofür das „Post“ wirklich steht. Eben nicht eine kommerzielle Entwicklung des Hardcores bzw. Emocores, sondern eine Erweiterung um musikalische Elemente, die nur außerhalb des Punk bzw. Metal zu finden sind.

Habt ihr jemals versucht orientalischere Klänge in die Musik einzubauen? Ich fände das recht spannend und mit Can und Recep habt ihr doch das Glück zwei Musiker zu haben, denen dass vielleicht nicht zu fremd ist?
Nur weil Can und Recep türkische Wurzeln haben, heißt das noch lange nicht, dass sie auch orientalische Musik hören. Hörst du Hansi Hinterseer? Und wer „orientalische“ Klänge im Metal benutzt, bedient sich doch nur bei den Klischees orientalischer Musik und nicht bei der Musik selbst. Die westliche Musiktradition stellt momentan noch genug Herausforderungen an uns, um sich damit die nächsten Jahre zu beschäftigen.

Wo siehst Du die Haupteinflüsse auf eure Musik, bzw. was für Musik hört ihr privat?
Jeder von uns hört verschieden Sachen. Die Einflüsse, die herauszuhören sind, bedienen sich allerdings nicht anderer Genrebands, die eben diese Elemente schon benutzten, sondern entstanden durch ein authentisches Interesse an z.B. Elektronischer Musik (Aphex Twin, Tangerine Dream), Klassischer Harmonien (Bach, Händel), Southern Rock (Pantera, Crowbar) oder progressiven Hardcore (Refused).

Wenn wir schon beim Privaten sind, schweifen wir doch mal etwas ab: Erzähl mir mal ein bißchen was zu den Mensch hinter REDCRAVING. Womit verdient ihr bspw. eure Brötchen?
Richtig Schrippen, wie der Berliner sagt, verdienen die meisten von uns noch gar nicht. Ein paar von uns studieren Geschichte und Archäologie bzw. Musik und Philosophie, einer macht gerade Abitur und Recep arbeitet in einem Gitarrenladen.

Für euer neues Album habt ihr das aufstrebende Label Midsummer Records gewinnen können. Wie kam denn die Zusammenarbeit zustande?
Wir trafen Tim (Midsummer) mal bei einer unserer Shows in Lüdenscheid. Von der Platte war damals noch keine Rede, aber daraus entwickelte sich dann ein Kontakt zu den von uns sehr geschätzten Jungs von An Early Cascade (ebenfalls bei Midsummer), mit denen wir im Frühjahr ein bißchen tourten. Zu dieser Zeit suchten wir ein Label für die EP und so kam eins zum anderen.

Was glaubst du hebt euch von anderen Bands ab, die sich vergeblich um einen Deal bemühen?
Auf jeden Fall ein eigenständiger Sound. Die meisten deutschen Genrebands versuchen wie ihre Vorbilder zu klingen, doch eine Coverband will ja kein Label haben. Mut zur Veränderung ist glaube ich das wichtigste, damit in Deutschland vielleicht auch einmal eine stilistisch von Amerika unabhängige Musikszene entsteht.

Wie läuft das Songwriting bei euch ab? Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Songs durch jammen im Proberaum entstanden sind.
In der Tat improvisieren wir viel innerhalb der Proben. Doch oft hat auch jemand eine Demo von zuhause mitgebracht, die dann gemeinsam auseinandergenommen, ergänzt und auf den Kopf gestellt wird. Das variiert, aber wir sind in kreativen Belangen in der Regel immer sehr demokratisch.

Wie geht es denn jetzt bei euch weiter? Was sind eure nächsten Ziele?
Auf jeden Fall wollen wir jetzt den Schwung aus der Veröffentlichung mitnehmen und so viele Shows wie möglich spielen. Wir sind auch schon dabei neue Songs zu schreiben, damit wir im nächsten Jahr dann unser Debut-Album präsentieren können.

Bevor wir zum Ende kommen, gibt’s jetzt noch schnell unser traditionelles Wortspiel:Was fällt dir zu folgenden Begriffen ein:

Adrenalin: Der fertige Master wird zum ersten Mal gehört.
Fußball: Müssen mal wieder spielen gehen.
Sarrazin: Die Wahrheit tut oft weh.
Unsoul: Aufwändig.
Metal1.info: Et jefällt ma, find ick jut!

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen! Noch viel Erfolg mit der neuen Platte und allen folgenden, die letzten Worte gehören dir.
Bist du Konstatin? Wenn ja dann danke Dir Konstatin! ….
Lakritz ist eine viel zu unterschätzte Leckerei.

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