Interview mit Kraath von Setherial

Mit 15 Jahren Bandbestehen sind SETHERIAL ein echtes Urgestein der schwedischen Black-Metal-Szene. Dennoch hat die Truppe um Gitarrist Kraath nie den großen Durchbruch erlebt wie die Kollegen von Marduk oder Dark Funeral. Mit „Ekpyrosis“ starten die Herren nun einen neuen Anlauf – ein guter Anlass für ein Interview mit dem erfreulicherweise überraschend auskunftsfreudigen Bandleader.

setherial
Euer Album „Ekpyrosis“ wird in Kürze erscheinen… und ist damit das mittlerweile sechste SETHERIAL-Album. Immernoch aufgeregt, wenn ein Release ansteht?
Es ist immernoch sehr befriedigend, die Frucht unserer Arbeit in Form eines Album veröffentlicht zu sehen. Ein Album zu machen ist immer eine sehr zeitaufwändige Angelegenheit… wenn das Album dann endlich fertig und veröffentlicht ist, hast du etwas handfestes, auf das du stolz sei kannst. Vielleicht war die Aufregung das erste Mal größer, aber der Stolz und das Erfolgserlebnis verschwindet nie.

Ich nehme an, ihr habt schon einige Pressereaktionen erhalten – wie sind die bisher so ausgefallen? Seid ihr zufrieden?
Sehr zufrieden sogar. Ich habe bislang noch nicht so viele gelesen, aber die, die ich bislang gesehen habe, waren sehr positiv… es scheint, als würde unsere Zufriedenheit mit dem Album bislang von vielen der Reviewer auf der ganzen Welt geteilt. Wir haben nie Musik gemacht, um gute Reviews oder Popularität zu erhalten, sondern um die kreative Flamme in uns zu füttern. Unter diesem Aspekt betrachtet ist es sehr befriedigend, solche Reaktionen zu bekommen, und wenn nur, um sie mit den eigenen Eindrücken und Gedanken zu vergleichen.

Ok, dann lass uns mal etwas ins Detail gehen, angefangen mit dem Albumtitel: Was ist deine Interpretation des Begriffs „Ekpyrosis“?
“Ekpyrosis” wird in diesem Zusammenhang benutzt, um den unanfechtbaren Konflikt des Universums aus satanischer Sicht zu beschreiben. Das unvermeidliche Ende aller Schöpfung durch das verschlingende Auge des Satan, repräsentiert und personalisiert durch die zerstörerischen Kräfte des Universums selbst. Das Wort ekpyrosis selbst hat seine Ursprünge im alten Griechenland und lässt sich als Feuersbrunst übersetzen. Das Konzept ist, dass das Universum selbst durch die destruktiven Eigenschaften und die natürliche Dunkelheit, die sich in allen lebenden und toten Dingen verbirgt, eingeäschert und zurück ins Nichts geführt wird. Das ist das unvermeidliche Ende aller Dinge, die man je gekannt hat, durch Kräfte und Mächte jenseits rationaler Nachvollziehbarkeit. Die Saat der Zerstörung wurde am Anbeginn der Zeit gesäht und der Samen wächst…

Wenn du das Album in einem Satz beschreiben solltest – wie würde der lauten?
Eine dynamische Reise durch die düsteren Passagen von Zeit und Raum um vor dem Auge des allmächtigen Weltenzerstörers zu bestehen.

Für gewöhnlich sagen Musiker in Interviews, ihr neuestes Album sei das beste, das sie je gemacht haben. Könntest du uns darüber hinaus vielleicht so genau als möglich beschreiben, was deiner Meinung nach an „Ekpyrosis“ besser ist als an den früheren SETHERIAL-Alben?
Zuallererst ist es wichtig, festzuhalten, dass wir es immer als Ehrensache angesehen haben, kein Album zu veröffentlichen, mit dem wir selbst nicht zufrieden sind. Insofern ändert die Tatsache, dass wir „Ekpyrosis“ in höchsten Tönen loben, nichts daran, dass wir hinsichtlich aller unserer Alben immernoch große Zufriedenheit empfinden.
Wenn man das im Hinterkopf behält, gibt es auf „Ekpyrosis“ aber natürlich dennoch signifikante Unterschiede und Verbesserungen.
Es ist eine weiterentwickelte Version unserer Kunst, als wir sie je zuvor auf einem Album eingefangen haben. Wir haben die Untiefen unserer kreativen Essenz erkundet und ausgelotet, um dieses Album zu erschaffen, ohne dabei zurückzublicken oder uns von unserem Pfad abbringen zu lassen. Die Songs hatten mehr Möglichkeiten, sich während des Recordings zu entwickeln und das Resultat davon sind mehr Details und Layer in den Songs als auf den früheren. Es gibt eine Unzahl an Details, die auf “Ekpyrosis” entdeckt werden können, und es gibt Dinge, die man erst hört, wenn man das Werk unzählige Male gehört hat – und das ist es, was das Album auch auf Dauer bestehen lässt.

Hast du auf dem Album einen Lieblingssong, und wenn ja, welchen und warum?
Ich persönlich bin sehr happy damit, wie “A World In Hell” geworden ist, hauptsächlich, weil man in ihm Spuren vieler verschiedener Elemente, die auf dem Album zu finden sind, enthalten sind. Es gibt verschiedene Songs, die sich als Lieblingssong abwechseln, insofern ist es wirklich schwer, einen speziellen herauszugreifen. Es gibt auf dem Album keinen Song, der nicht schonmal mein Favorit war…

Ist „Ekpyrosis“ hinsichtlich der Lyrics ein Konzeptalbum? Wenn ja: Könntest du uns ein wenig über die Idee dahinter, den Kontext zum Albumtitel und die Texte erzählen?
Auf eine recht lockere Art schon: Die vorher im Bezug auf den Albumtitel angesprochenen Themen, ziehen sich durch das gesamte Album, auch wenn es kein Konzeptalbum im herkömmlichen Sinne, also mit einer Storyline und chronologischem Handlungsverlauf ist. Der Konflikt des Universums ist über weite Strecken des Albums präsent, in dieser Hinsicht könnte es also auf die gleiche Art und Weise als Konzeptalbum angesehen werden wie „Hell Eternal“.
Die idee, diese Themen auf dem Album zu verarbeiten, wuchs aus den Songs, genauso wie sich andersherum die Songs aus diesen Themen heraus entwickelt haben. Die Songs benötigten ein Thema dieser Art, wie auch das Thema selbst diese Songs benötigt hat.

SETHERIALs Texte und Konzepte waren immerschon antichristlich und statnistisch. Wie wichtig sind dir persönlich diese Themen? Würdest du dich als praktizierenden Satanisten beschreiben oder ist das alles lediglich Teil des Bandkonzeptes, ohne dabei Teil deines Privatlebens zu sein?
Satanismus war immer schon das Herzstück dessen, was ich als Individuum bin – insofern ist es nichts, was ich nur benutze, um ein Thema für die Texte zu haben oder dergleichen. Unsere Musik und unser Bandkonzept ist direktes Resultat dessen, was wir als Individuen sind: Wir erschaffen die Musik, die wir mögen und schreiben die Texte, denen wir uns ernsthaft verbunden fühlen. Ich habe nie verstanden, warum Leute Ideen oder Gedanken aufgreifen, an die sie nicht wirklich glauben, nur um Songs zu schreiben. Für mich ist das ganze eine Lebenseinstellung.

Du hast es ja gerade schon angedeutet, dass für dich Black Metal und Satanismus untrennbar miteinander verbunden sind… was hälst du von Black Metal-Bands, die mit Satan nichts am Hut haben? Sind das für dich überhaupt echte Black Metal-Bands?
In meinen Augen muss sich in der Musik ein düsterer spiritueller Aspekt finden, damit man von Black Metal sprechen kann. Du kannst keinen Black Metal machen und Texte über Politik oder Drogen oder irgendein anderes Klischee-Thema schreiben. Wenn es nicht in seinem Herzen dunkel ist, ist es für mich kein Black Metal.

Ich weiß nicht, wie es bei euch im Schweden ist, aber ich denke, zumindest in Deutschland hat das Christentum heutzutage keine sonderlich einflussreiche Rolle mehr… sie glauben an ihren Gott, tun damit aber niemandem weh. Ist das Christentum nicht ein etwas überholtes Feindbild? Zumal ich vermute, dass es nur wirklich wenige Christen gibt, die sich von dem Schaffen irgendwelcher Black Metal-Bands provoziert fühlen….
Die Idee der organisierten Relition als solche ist der Feind, nicht das Christentum als solches. Es stimmt, dass die meisten Christen niemandem wehtun, aber darum geht es bei meiner Aversion gegen ihren Glauben auch garnicht. Das Problem ist, dass es viel zu viele Leute auf diesem Planeten gibt, die andere Leute brauchen, die ihnen sagen, was sie denken sollen und woran sie glauben sollen – sei es nun in religiösem oder spirituellem Kontext oder eher weltlichen Belangen wie Politik und dergleichen…
Davon abgesehen ist der Grund für meinen Satanismus nicht, als Feind der Christenheit oder anderer Relitionen zu agieren, sondern meinen eigenen privaten Weg der Weisheit zu beschreiten und dabei so viel als möglich zu lernen. Ich bin gegen organisierte Religionen, aber das ist nicht der Grund, warum ich tue, was ich tue… die Gründe dafür sitzen viel tiefer.

Trotzdem, nochmal zurück zum Christenhass: Wäre der Islam nicht ein viel passenderes Feindbild im 21. Jahrhundert? Der radikale Islam bekämpft die Meinungs-/Presse- und Künstlerische Freiheit (Stichwort Mohammed-Karrikaturen) und terrorisiert ganze Länder. Und trotzdem ist meines Wissens nach die einzige Band, die das bislang thematisiert hat, Taake mit ihrem „Anti Islam“-Shirt.
Sollte sich Black Metal nicht gegen jede Art von Religion richten? Was denkst du, warum thematisiert fast niemand diesen Aspekt?

Ich weiß nicht, warum das so ist… aber wenn man es so sieht, dass die drei großen Weltreligionen im Endeffekt den selben Gott anbeten, könnte man argumentieren, dass alle Bands, die diesen Gott in ihren Texten angreifen, zugleich all diese Religionen angreifen. Aber wie wir in der letzten Frage schon angeschnitten haben, liegt die Aufgabe von Satanismus in meinen Augen nicht nur darin, als Gegner von Religionen zu agieren, sondern er ist ein Mittel zur Erleuchtung und Kraft.
Texte über diese Erleuchtung zu schreiben ist weitaus interessanter als antagonistische Songs über die Schwächen im Islamischen Weltbild zu verfassen, genau, wie es interessanter ist, als über das Christentum oder Judentum zu schreiben.

Ok, danke für deine Einschätzungen diesbezüglich! Lass uns als nächstes auf eure Arbeitsweise zu sprechen kommen: Vielleicht kannst du uns ein wenig darüber erzählen, wie SETHERIAL vorgehen, wenn sie einen Song schreiben oder ein Album aufnehmen?
Wenn die Grundstruktur eines Songs steht, arbeiten wir daran als Band, machen Vorproduktionen, um neue Ideen zu bekommen und herauszufinden, was noch gemacht werden muss, um den Song so gut als möglich werden zu lassen. Für gewöhnlich dauert dieser Prozess einige Zeit, zumal wir meistens an mehreren Songs parallel arbeiten. Das Recording verläuft dann recht gewöhnlich, zuerst die Drums, dann folgen die anderen Instrumente. Für gewöhnlich kommen am Schluss dann die Vokals und zusätzlichen Gitarren dazu.


„Death Thriumphant“ habt ihr im Abyss Studio aufgenommen, diesmal habt ihr die Aufnahmen selbst gemacht… warum? Nur, weil es für euch entspannter und billiger war, oder wart ihr mit dem Sound von „Death Thriumphant“ nicht zufrieden?
Zunächsteinmal war es das Ergebnis unserer Ambitionen, uns in den verschiedenen Aspekten unserer Kunst weiterzuentwickeln und dazuzulernen. Darüber hinaus ermöglicht es uns, uns die Zeit zu nehmen, die wir brauchen, um sicherzustellen, dass wir den Songs die Aufmerksamkeit gegeben haben, die sie verdient haben – ein Ergebnis dessen ist, dass die Songs einige Wandlungen durchgemacht haben, die sie in einem normalen Studiosetting nicht durchgemacht hätten und dabei gewachsen sind. Durch das eigenständige Aufnehmen und Produzieren haben wir die zeitliche Beschränkung im Studio abgeschafft und haben uns angenehmere Bedingungen für die Aufnahmen geschaffen – und es hat uns ermöglicht, jegliche Kontrolle über alle Aspekte der Albumentstehung zu behalten. Wenn du in einem Studio mit einem Produzenten zusammenarbeitest, bist du immer gezwungen, dich auf seinen Geschmack und seine Art, bestimmte Dinge zu tun, zu verlassen. Auf diesem Album konnten wir alles selbst entscheiden – eine einerseits lehrreiche, andererseits wertvolle Erfahrung.

Ich finde den Sound von „Ekpyrosis“ weit aggressiver als den eures letzten Albums. Würdest du dem zustimmen, und war das euer Ziel?
Vielleicht ist er ein bisschen aggressiver, auf alle Fälle ist er aber organischer und natürlicher. Unser Ziel war es, einen Sound zu finden, der zum Material passt und der die Stimmung der Songs unterstreicht. Es ging einfach darum, den richtigen Sound für die Songs zu finden

Vor nicht all zu langer Zeit habt ihr euch von eurem Bassisten getrennt und dazu nicht das klassische „Vielen Dank und viel Erfolg“-Statement veröffentlicht, sondern ein sehr direktes, in dem ihr seine Arbeitsmoral und technischen Fähigkeiten angeprangert habt… könntest du uns etwas genauer erzählen, was sich da zugetragen hat?
Da gibt es nicht viel zu zu sagen… er hatte andere Interessen und Prioritäten, das ist alles. Wir wollen unsere Kunst stets so weit bringen, wie wir es von kreativer Seite her können. Und manchmal gibt es eben Leute, die diese Vision nicht mit der gleichen Hingabe und dem gleichen Feuer verfolgen.

Auf der Aufnahme spielst du auch den Bass… aber wer wird diese Rolle in Zukunft übernehmen (ich meine, zumindest live kannst du ja nicht beides machen)? Vielleicht Kris „Wrath“ Olivius von Naglfar, euer alter Sänger?
Auf der aktuellen Europatour hat Mysteriis den Bass gespielt während der Italiener Atum seinen Platz hinter den Kesseln eingenommen hat. Das hat sehr gut funktioniert und sieht auch für die nächsten Touren nach einer recht plausiblen Lösung aus. Ich denke mal, Kris ist ziemlich beschäftigt mit Naglfar, insofern bezweifle ich, dass das geschehen wird… sowohl Setherial als auch Naglfar sind Bands, die touren, da wäre es ziemlich stressig, die Terminpläne abzustimmen.

Wo wir grade von live sprechen… habt ihr noch weitere Liveaktivitäten geplant, um euer neues Album zu promoten, eine ausführliche Tour beispielsweise?
Wir sind ja gerade erst von einer dreiwöchigen Europatour mit Impiety zurück, insofern wird diesbezüglich vor dem Sommer wohl nichts mehr kommen. Es gibt ein paar Pläne und Angebote, aber da jetzt irgendwas offiziell zu machen ist es noch zu früh.

Ok, das war meine letzte SETHERIAL-bezogene Frage. Zwei habe ich noch, bezogen auf „Black Metal-Topnews“:
Gaahl, der Ex-Sänger von Gorgoroth, hat nach seinem Outing den “Gay of the year”-Award der „Bergen Gay Gala“ erhalten. Was fällt dir dazu ein?

Ich wusste nichteinmal, dass es einen solchen Award gibt, und es interessiert mich auch nicht, wer ihn gewonnen hat. Ich habe den Mann nie getroffen, insofern habe ich auch keine Meinung über ihn.

Und was hälst du vom Burzum-Comeback?
Ich finde das Album ziemlich gut.Ich wusste überhaupt nicht, was ich erwarten sollte, war dann aber von „Belus“ sehr positiv überrascht.

Ok, das war jetzt wirklich die letzte Frage – Lass uns das Interview an dieser Stelle mit einem kurzen Brainstorming beenden:

Eyjafjallajökull: Vulkan, der das touren ein wenig unkalkulierberer gemacht hat.
Europe: Kontinent.
Pope Benedikt XVI: Gallionsfigur einer Massenkontrolle.
Metal1.info: Dank dir für die Unterstützung.
Black Metal in 10 Years: Immernoch stark.
SETHERIAL in 10 Years: Die Zeit wird’s zeigen.

Dann bedanke ich mich herzlich für das ausführliche Beantworten meiner Fragen!
Wenn du noch etwas loswerden willst, hast du jetzt dazu noch die Gelegenheit:

Haltet eure Augen offen, wenn “Ekpyrosis” Anfang Juni erscheint, verehrt das Auge!

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