Konzertbericht: A Perfect Circle w/ Chelsea Wolfe

13.12.2018 Hamburg, Sporthalle

Die Überraschung war groß, als A PERFECT CIRCLE 14 Jahre nach „Emotive“ im April 2018 aus dem Nichts ihr neues Studioalbum „Eat The Elephant“ veröffentlichten – zumal die Maynard-James-Keenan-Fan-Gemeinde zuletzt eher Richtung Neues-Tool-Album spekuliert hatte. Allerdings waren die Herren um A-PERFECT-CIRCLE-Mastermind und -Gitarristen Billy Howerdel ja schon wieder ein ganzes Weilchen auf Tour. Umso schöner, dass sie sich (nach drei Deutschland-Terminen im Sommer) für weitere Deutschland-Konzerte, unter anderem in Hamburg, eingefunden haben – die Erwartungshaltung an die Band ist aufgrund der dokumentierten Live-Qualitäten vergangener Tage und den kompromisslosen Perfektionismus der beteiligten Musiker vergleichsweise hoch.

Eröffnet wird der Abend allerdings um Punkt 20 Uhr von CHELSEA WOLFE. Man sollte meinen, dass es ein undankbarer Job sein dürfte, für die Rocklegenden von A Perfect Circle zu eröffnen. Aber die Hamburger Sporthalle ist bereits ziemlich gut gefüllt und die durchwegs positiven Publikumsreaktionen auf Songs wie „16 Psyche“ oder „Carrion Flowers“ sind doch etwas mehr als nur Höflichkeitsbekundungen. Rund eine dreiviertel Stunde lang präsentieren CHELSEA WOLFE und ihre Mitstreiter ihre Songs, wobei der Fokus des trotz unspektakulärer Lightshow ziemlich atmosphärischen Gigs vor allem auf den letzten beiden Alben „Abyss“ und „Hiss Spun“ lag – was aber in Anbetracht des Umstandes, dass CHELSEA WOLFE auf selbigen durchaus metallischer und bandorientierter zu Werke ging als zuvor, durchaus Sinn macht. So funktioniert das Ganze ausgezeichnet, ist technisch gut umgesetzt und klingt recht fett, auch wenn hier und da ein bisschen weniger Verzerrung möglicherweise mehr gewesen wäre.

  1. Feral Love
  2. Spun
  3. Vex
  4. After The Fall
  5. House Of Metal
  6. Carrion Flowers
  7. 16 Psyche
  8. Survive
  9. Scrape

Nach einer halbstündigen Umbauphase und mehreren Durchsagen, dass das Fotografieren während des Auftritts nicht erlaubt ist und mit Platzverweis geahndet werden kann, ist es dann aber endlich soweit und A PERFECT CIRCLE starten mit dem stimmungsvollen Titeltrack des aktuellen Albums „Eat The Elephant“ in den Hauptteil des Abends. Sofort fällt das ausgeklügelte Bühnen und Lichtkonzept auf: die Kombination aus verschiedenen, hängend und stehend positionierten LED-Einzelelementen sowie einer hochmodernen Lichtanlage ermöglicht eine für jeden Song einzigartige und individuelle Visuals- und Lightshow. Nicht ganz unaufwendig, aber technisch perfekt umgesetzt, großartig akzentuiert und on point: einfach beeindruckend schön.

Maynard James Keenan selbst steht dabei, flankiert von seinem Keyboarder und Gitarristen Greg Edwards (der James Iha, der aktuell auf der Smashing-Pumpkins-Reunion-Tour spielt, vertritt) und seinen Drummer Jeff Friedl, in der Mitte der Bühne auf einem ebenfalls beleuchteten Podest – bringt dabei aber das (natürlich beabsichtigte) Kunststück fertig, selbst immer im dunklen Schatten zu stehen und somit für das Publikum nicht wirklich sichtbar zu sein. Den Bereich vor den drei Risern beanspruchen Gitarrist Billy Howerdel und Bassist Matt McJunkins für sich und tigern während dem Konzert in guter alter Rockstarmanier über die gesamte Bühne.

Die Songsauswahl ist eine schöne Mischung aus den zwei Studioalben mit eigenen Kompositionen der Band, berücksichtigt aber auch das Anti-Kriegs-Cover-Album „Emotive“ von 2004 in Form der Cover-Versionen von „People Are People“ (Depeche Mode) und „(What’s So Funny ‚bout) Peace, Love And Understanding“ (Brinsley Schwarz) sowie die inzwischen recht umfangreiche Remixsammlung mit dem (ursprünglich von Massive Attack produzierten) „All Main Courses Mix“ der Single „3 Libras“. Musikalisch sicherlich interessant, auch wenn sich ein großer Teil des Publikums sicherlich über die Originalversion des Songs mehr gefreut hätte – zumal A PERFECT CIRCLE mit Judith auch den zweiten großen Hit von ihrem Debüt „Mer De Noms“ schuldig bleiben.

Dafür zählen Songs wie „The Noose“, „The Package“ oder auch das industriell-noisige „Counting Bodies Like Sheep To The Rhythm Of The War Drums“ zweifelsohne zu den Highlights des Abends – und die Singles „The Doomed“ und „Disillusioned“ des neuen Albums, welches sich ja stilistisch doch ziemlich von den ersten Werken von A PERFECT CIRCLE unterscheidet, fügen sich harmonisch in das Gesamtbild ein.

Auch wenn die gesamte Live-Show sehr durchchoreografiert wirkt, merkt man gerade Howerdel und Friedl ein hohes Maß an Spielfreude an – und Keenan ist stimmlich ebenfalls in Bestform. Allerdings kann man über seine Laune in Anbetracht fehlender visueller Rückmeldung aufgrund von Lichtmangel nur spekulieren. Der Live-Sound ist ausgewogen, aber mächtig, wodurch (je nach Position im Publikum) das eine oder andere Detail in den Arrangements untergeht – was der überzeugenden Darbietung der Band keinen Abbruch tut.

  1. Eat The Elephant
  2. Disillusioned
  3. The Hollow
  4. Weak And Powerless
  5. Rose
  6. People Are People (Depeche-Mode-Cover)
  7. Vanishing
  8. Blue
  9. 3 Libras (All-Main-Courses-Mix)
  10. The Noose
  11. TalkTalk
  12. Hourglass
  13. (What’s So Funny ‚bout) Peace, Love And Understanding (Brinsley-Schwarz-Cover)
  14. The Doomed
  15. Counting Bodies Like Sheep To The Rhythm Of The War Drums
  16. The Package
  17. Delicious

Um genau 23 Uhr beenden A PERFECT CIRCLE ohne Zugabe ihre 105-minütige Performance, die musikalisch und technisch mehr als beeindruckend war. Auch nach 14 Jahren Abwesenheit von deutschen Bühnen untermauert die Band erfolgreich ihre Ausnahmestellung als Rockband und es bleibt zu hoffen, dass nicht noch einmal so viele Jahre bis zu einem neuen Album oder weitere Konzerte in Deutschland vergehen müssen. Zumindest in letzterem Fall besteht Hoffnung, da Billy Howerdel mehrfach den Satz „See you very very soon“ verlauten lässt. Ja hoffentlich!

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