Konzertbericht: Audio88 & Yassin w/ T9

07.10.2015 München, Kranhalle

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Mit „Normaler Samt“ haben AUDIO88 & YASSIN fünf Jahre nach „Nochmal zwei Herrengedeck, bitte“ ein starkes Album vorgelegt, das zeigt, dass man im Deutschrap Humor und Kritik an der Szene mit sozialkritischen und politisch geprägten Texten und minimalistischen Lo-Fi-Beats kombinieren kann, ohne dabei offensiv provokant oder stumpf zu sein. Trotz der längeren Pause haben beide in der Zeit nichts an Bissigkeit verloren. Ihre Top-Ten-Chartsplatzierung sowie die Tatsache, dass ihre „Normale Tour“ in München in der Kranhalle haltmacht, zeigen, dass der Redakteur dieser Zeilen mit dieser Meinung nicht alleine ist.

Dass zum offiziellen Beginn an einem Mittwoch nur einige wenige Menschen in der doch recht geräumigen und vor allem sehr hohen Kranhalle stehen, schockiert zunächst – vielleicht liegt es aber auch daran, dass die beiden bereits Anfang des Jahres in der Stadt waren. AUDIO88 & YASSIN lassen es sich nicht nehmen, die mit Blumen und Bildern dekorierte Bühne vor Konzertbeginn zu betreten und ihren Support Act in Jogginghose selbst vorzustellen und die Anwesenden zu bitten, ihre Freunde in die Halle zu holen.

T9

T9, bestehend aus Torky Tork am Mischpult und doZ9 am Mikrophon, lassen sich dann auch nicht lange bitten und liefern eine sehr oldschoolige Rapshow ab, die stilistisch in den 90ern verwurzelt ist und aus jeder Pore laut „Rucksack!“ schreit. doZ9 erinnert stimmlich oft an David Pe von Main Concept, die Beats wechseln sich zwischen düster bassig und traditionell ab. Der Unterhaltungswert in den Ansagen von doZ9 ist unbestreitbar hoch und im Zusammenspiel mit den moderneren Beats wissen T9 durchaus zu gefallen – ansonsten bietet der Auftritt allerdings wenig Innovation, und das Gefühl, das ganze schon besser und vor allem mitreißender gehört zu haben, beschleicht einen immer wieder. Das – über den Verlauf des Auftritts zahlenmäßig stetig anwachsende – Publikum ist allerdings vor allem in den vorderen Reihen voll dabei und so erfüllen T9 den Zweck ihres Aufritts: Alle sind nun aufgewärmt für den Main Act des heutigen Abends.

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Die Kranhalle hat sich nun doch anständig gefüllt und so werden AUDIO88 & YASSIN von lautem Jubel begrüßt. Unglaublich humorvoll rappen sich die beiden durch ihre bisherigen drei Alben, wobei der Fokus selbstverständlich auf dem aktuellen Album „Normaler Samt“ liegt. Dass YASSIN einen großen Teil des Konzerts im Vergleich zu AUDIO88 leider zu leise abgemischt ist, stört den ansonsten großartigen Sound am heutigen Abend ein wenig. Das Publikum macht diesen kleinen Mangel allerdings wett und zeigt sich extrem laut und textsicher, sehr zur Freude der Musiker auf der Bühne, die ganz offensichtlich sehr viel Spaß haben. Das Grinsen der Musiker auf der Bühne zeigt, dass hier wirklich alle Anwesenden viel Spaß haben.
Normaler SamtAls AUDIO88 & YASSIN zum Pogo für „Schellen“, ihrem großartigen Statement zu selbst ernannten „besorgten Bürgern“, aufrufen, entwickelt sich ein veritabler Moshpit in der Kranhalle, der vielen Metalkonzerten die Show stehlen könnte. Kurz darauf ist erst einmal Schluss – dass die beiden Musiker und ihr DJ nach einer kurzen Pause wieder auf die Bühne zurückkommen und zu einem Sample von Haftbefehls „Lasst die Affen aus dem Zoo“ ihren Song „Sandy und Justin“ performen, sorgt für weitere Jubelstürme. Dass AUDIO88 & YASSIN daran anschließend auch noch ihre Parts aus ihrem K.I.Z.-Feature „Was würde Manny Marc tun“ spielen, verwandelt die Kranhalle in eine sozialkritische Party und mit dem Closer ihres aktuellen Albums, „Das letzte Lied“, wird der Abend nach vollen 90 Minuten würdig beendet.

FAZIT: Was AUDIO88 & YASSIN an diesem Abend in der Kranhalle dargeboten haben, ist eine Hip-Hop-Show wie sie im Buche steht: Mit viel Spaß und Einsatz auf der Bühne, punktgenauen Betonungen, druckvollem Sound. Auch wenn T9 als Support eher verzichtbar, wenn auch keinesfalls schlecht waren, verlässt keiner der Anwesenden – unter ihnen auch viele Hardcore- und Punkkids – die Kranhalle enttäuscht, sondern wird beim nächsten Konzert der beiden Musiker sicher wieder vor der Bühne stehen.

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