Konzertbericht: Element Of Crime

03.03.2016 Augsburg, Kongress am Park

Brechtfestival 2016Am 3. März 2016 gaben sich ELEMENT OF CRIME die Ehre ein Konzert im Rahmen des jährlich stattfindenden Brechtfestival zu spielen. Als Veranstalter des Abends fungierte das Theater Augsburg und als Location wählte man den Kongress am Park, was auch die Wichtigkeit dieser Veranstaltung für die Stadt und den Stellenwert ihres wohl bekanntesten Sohnes unterstreichen sollte. Zwei Fragen stellte Bandkopf Sven Regener zu Beginn: „Wieso spielen die denn beim Brechtfestival? Und wo ist der Bezug zu Bertolt Brecht?“ Die Antworten darauf wurden im Verlauf des Abends mehrfach gesucht, teilweise gefunden und am Ende bauen ELEMENT OF CRIME eine unerwartete Nähe zum Begründer des epischen Theaters auf.
Element Of Crime Logo
Püntklich betreten die Musiker die Bühne und nach einer kurzen Begrüßung und den ersten Erklärungsversuchen für das Teilnehmen der Band an diesem Festival startet der Abend mit „Das Lied von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens“. Die Mischung aus schwermütiger Popmusik und Folk-Elementen wird durch den Einsatz von Saxophon und Trompete unterstrichen, entwickelt dabei ein überraschend avantgardistisches Klangbild und ist insgesamt sehr druckvoll und klar abgemischt. Neben Sven Regener, der ein Bewegungsspektrum zwischen Joe Cocker und Butler James an den Tag legt, wirken seine Musikerkollegen fast schon steif und verhalten. Ebenso tut es ihnen das Augsburger Publikum gleich, das trotz beachtlichen Applauses, eher zurückhaltend den Kompositionen lauscht.

Element Of Crime 01„Liebe ist kälter als Tod“ stellt sich an diesem Abend als Eisbrecher heraus, der mehr Bewegung ins Publikum bringt und mit frenetischem Jubel ausgestattet wird. Das zugehörige Video wurde übrigens im Berliner Ensemble gedreht, das 1949 von Bertolt Brecht gegründet wurde. Immer wieder schließt sich so der Kreis zu einem der wichtigsten deutschen Dramatiker und Lyriker des 20. Jahrhunderts. Beispielweise war „Der Mann vom Gericht“ einer der ersten deutschsprachigen Titel von ELEMENT OF CRIME, mit dem sie Ende der 80er Jahre bei einem Festival in der Schweiz auftraten und sechs ihrer sieben Lieder auf Texten von Bertolt Brecht basierten. Somit wird kurz darauf sehr passend eine bandeigene Version von „Mackie Messer“ präsentiert, die in ihrer Ausführung außerordentlich künstlerisch erscheint und im Zuschauerrund mehr als ein freudiges Lächeln hervorruft. Nach „Death Kills“, dem einzigen englischsprachigen und brachialsten Song des Abends, wird die Setlist mit „Über dir der Mond“ oder „Dunkle Wolken“ wieder melancholischer und ruhiger gestaltet.

Dann aber holen Sven Regener und seine Mitstreiter zum großen Wurf aus und tragen mit „Straßenbahn des Todes“ einen ihrer größten Hits vor, dem „Immer da wo du bist bin ich nie“, die aktuelle Single „Wenn der Wolf schläft müssen alle Schafe ruhen“ (Release am 18. März 2016) und „Surabaya Johnny“ aus dem Musical Happy End von Bertolt Brecht, Element Of Croime - Lieblingsfarben und TiereKurt Weill und Elisabeth Hauptmann folgen. Nach einer kurzen Bühnenpause, massivem Applaus und lauten Zugabe-Rufen gibt sich die Band abermals die Ehre und liefert gleich noch zwei ihrer Klassiker ab: „Weißes Papier“ und „Delmenhorst“. Danach verabschieden sie sich zum zweiten Mal, bevor sie mit einem weiteren Dreierpaket die Ehre geben, das eine unerwartet jazzige Version des Titelstücks des aktuellen Albums „Lieblingsfarben und Tiere“ beinhaltet. Just in dem Moment, wenn ein kurzes Vielen Dank mit einem breiten Lächeln untermalt wird und man den Eindruck gewinnt, der Konzertabend sei vorbei lassen es sich die fünf Musiker nicht nehmen noch ein drittes Mal zurückzukehren. Den furiosen Schlusspunkt des Abends setzt somit eine äußerst gelungene Version von „Dieselben Sterne“, die an Melancholie unübertroffen scheint und auch die Gemütslage nach zwei Stunden musikalischer Darbietung von ELEMENT OF CRIME passenderweise unterstreicht.

  1. Das Lied von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens
  2. Mehr als sie erlaubt
  3. Schwert, Schild und Fahrrad
  4. Draußen hinterm Fenster
  5. Liebe ist kälter als der Tod
  6. Rette mich (vor mir selber)
  7. Der Mann vom Gericht
  8. Immer so weiter
  9. Mackie Messer
  10. Am Ende denk ich immer nur an dich
  11. Death Kills
  12. Über dir der Mond
  13. Dunkle Wolken
  14. Immer nur geliebt
  15. Straßenbahn des Todes
  16. Immer da wo du bist bin ich nie
  17. Wenn der Wolf schläft müssen alle Schafe ruhen
  18. Surabaya Johnny
  19. Weißes Papier
  20. Delmenhorst
  21. Lieblingsfarben und Tiere
  22. Kaffee und Karin
  23. Vier Stunden vor Elbe
  24. Dieselben Sterne

Der gewohnte Rumpelfolk von ELEMENT OF CRIME erlebt in Augsburg eine wunderbare Inszenierung mit klarer und würdiger Tonabmischung, einer gekonnten Lichtshow und Musikern, die auch nach 31 Jahren Bandgeschichte noch Lust haben ihre lyrischen Kompositionen unters Volk zu mischen. Wenn man den Texten an diesem Abend genauer gelauscht hat, dann wurde die unkoventionelle Seite der Texte von Sven Regener unverblümt offenbart. Daher ist die Band nicht nur sicherlich eine der kritischten und melancholischten Formationen im deutschsprachigen Musikbereich, sondern vielmehr mit einer Nähe zum Namensgeber des Festivals ausgestattet, die vor diesen 120 Minuten wahrscheinlich nicht vielen Konzertbesuchern bewusst gewesen sein dürfte. Dafür braucht es dann auch gar keine an den Haaren herbeigezogenen Querverweise irgendwelcher Filme, Theaterstücken, Schauspielern oder Regisseuren, sondern nur das bloße Wirken des vielfältigen Songmaterials. Auch wenn ELEMENT OF CRIME nicht aus Augsburg stammen, die Fragestellung und gleichzeitig das Festivalmotto „Die Vaterstadt, wie empfängt sie mich wohl?“ kann deutlich positiv beantworet werden. Dem Gedenken an den großen deutschen Lyriker Brecht wurde dieser musikalische Abend mehr als nur gerecht.

Publiziert am von Christian Denner

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