Festivalbericht: Hörnerfest 2011

01.07.2011 - 02.07.2011 Brande-Hörnerkirchen

…und die Hörner kreisen wieder…
Das HÖRNERFEST hat sich mittlerweile zu meinem Haus- und Hof-Festival entwickelt. Die kurze Anfahrt, das überschaubare Gelände, die solide Musikmischung und die sympathische Verbindung von Mittelalter und Metal lockte mich und meine bessere Hälfte dieses Jahr zum vierten Mal an. Wenngleich die Bandauswahl dieses Jahr meiner Auffassung nach nicht gerade viele Knaller bereithielt, so schien es mir doch notwendig, trotz vieler Verpflichtungen die Fahrt nach Brande-Hörnerkirchen anzutreten.

Als erster Kurzeindruck konnten wir Freitag mittag halb vom Zeltplatz, halb bei einer Runde über das (wenig veränderte) Festivalgelände KULTASIIPI verfolgen. Der ziemlich belanglose Folk Rock, der bemüht finnisch klingen soll – der Akzent der Berliner war nicht zu überhören – überzeugte uns allerdings nicht, so dass wir noch während des Kanonenfutters zum ersten Bierchen übergingen.

Der dieses Jahr ohnehin geringe Metalanteil wurde jedoch im Vorwege nochmal dezimiert: Aus nicht genannten Gründen sagten die Münchener Thorondir ihren Auftritt kurzfristig ab und wurden durch die spontan einspringenden Liedermacher von DAS NIVEAU ersetzt. Wenngleich Comedy es schwer hat, Pagan Metal zu ersetzen, so machten die Berliner ihre Sache sehr ordentlich, zeigten Improvisationstalent (der Pegel war durchaus spürbar) und fanden eine Menge Zuspruch. Bei unanständigen Songs wie „Beim Pissen gemeuchelt“ dürften Väter ihren Töchtern zwar die Ohren zugehalten haben, die große Menge feierte die beiden Musiker gebührend ab.
Diese ließen es sich nicht nehmen und nahmen manchen Schluck, der ihnen aus dem Publikum gereicht wurde. Ein wenig wirkten die zwei, als ob der Erfolg sie überraschte, was angesichts der noch frühen Uhrzeit verständlich war. Unter großem Applaus machte man noch ein Foto fürs Erinnerungsalbum, erinnerungswürdig war der Auftritt auch fürs Hörnerfest.

CUMULO NIMBUS hielten nicht, was sie versprachen. Was als Mischung aus Renaissancemusik und Metal angepriesen wurde, entpuppte sich bei näherem Hinhören als ziemlich wenig fesselnder und austauschbarer Folkrock, den man so oder ähnlich schon oft und auch besser gehört hat.

Als feste Größe kennt man, wenn man auch nur einen Hauch Ahnung von der Musik der Mittelalter- und Liverollenspielszene hat, DIE STREUNER. So sah es auch im Publikum aus, denn es hatte sich die bis zu diesem Zeitpunkt wohl größte Menge Volks vor der Bühne versammelt, um den (zugegebenermaßen anspruchslosen, wohl aber spaßigen) Rauf- und Saufliedern zu lauschen. Gassenhauer wie „Söldnerschwein“, „Schenk voll ein“, „Zehn Orks“ oder „Grog muss es sein“ kamen wie üblich großartig an.
Eine kleine Besonderheit des durchweg gelungenen Auftritts war ein Beitrag von MCROGAN, dem nach eigener Aussage „deutschlandweit einzigen irischen Stepptänzer in der Mittelalterszene“, der seine Kunst unter großem Applaus auf der Bühne bewies. Leichtfüßig der Ire, leichtfüßig die Musik. Den frühen Abend hatten DIE STREUNER jedenfalls mit ihrem beschwingten Folk für sich gewonnen.

MUTABOR wiederum waren mir vorher kein Begriff, so ließen wir uns sozusagen vom Zeltnachbarn mitschleifen. Folk-Punk geht ja eigentlich immer, besonders, wenn man schon ein wenig einen in der Krone hat. Und so fiel es den Berlinern (oh, schon wieder!), die ja durchaus schon ein paar Tage im Geschäft sind, nicht schwer, das abendliche Brande-Hörnerkirchen in eine tanzende Meute zu verwandeln.
Mit einer inhaltlich zwar widersprüchlichen, der Stimmung aber kein bisschen abträglichen Abfolge der Songs „Ich möchte dich gern (kennenlernen)“ und „(Es gibt keine) Liebe“ erreichte das Set von MUTABOR seinen Höhepunkt. Insbesondere die zweite Nummer, zu der die Band das Publikum in Männlein und Weiblein aufteilte, um sich gegenseitig anzusingen, brachte den Laden zum Toben. Das ebenfalls nicht allzu tiefgründige Konzept der Hauptstädter ging voll auf und ließ zumindest uns sehr zufrieden zurück.

Nun war noch kurz Zeit für die obligatorische Feuershow, die auch dieses Jahr einen ansehnlichen Eindruck machte. Wer jedoch etwas später dazustieß, durfte kaum mehr etwas sehen – der Andrang war zu groß.

Was dann aber kam, wird mit dem Wort „Enttäuschung“ noch wohlwollend umschrieben. Mit TANZWUT stand der erste Headliner auf der Bühne und demonstrierte einmal mehr, dass das Hörnerfest mit sogenannten Hauptacts oft kein Glück hat. Das Problem an dem eigentlich soliden Gig war nämlich ein rotzevoller Teufel: der Bandkopf traf keinen Ton, stolperte mehrfach fast über Kabel und war so unsympathisch wie er nur konnte, was mich zum vorzeitigen gehen veranlasste. Augenzeugen berichteten, dass später jemand aus dem Publikum seinen Unmut kund tat und „Langweilig!“ rief, worauf Teufel mit wüsten Beschimpfungen und tätlichen Ausfällen antwortete – man kann vielleicht von Glück sagen, dass es keine Verletzten gab.
Ob der Sänger wirklich, wie es nachher hieß, unter Kreislaufproblemen litt, spielt dabei keine Rolle – etwas dermaßen Unprofessionelles sollte man von einem Musiker, der seit mehr als 15 Jahren auf Bühnen steht, nicht erwarten.

Der Freitag war nun am Ende, und wir waren es auch. Was sollte der zweite Festivaltag noch bringen?

Er begann mit einem ordentlichen Kater. Nicht nur diesem Grunde aber konnten SPIEGELKELLER bei uns nicht punkten, denn die Frauenstimme quakte gar fürchterlich und auch instrumental schockte die junge Band nicht, was wir auf einer kleinen Marktrunde mitbekamen.

So begann der Sonnabend für uns so richtig erst mit VOGELFREY. Diese waren mir, obwohl wie ich aus Hamburg kommend, noch nie zuvor live vor die Linse gekommen waren, eine gute Gelegenheit, dies zu ändern. Trotz der noch frühen Uhrzeit – mittags um halb 2 – hatte sich bereits eine ansehnliche Menge versammelt. Mit einem durchaus beachtlichen Debütalbum in Gepäck konnte man einiges von den Jungs und dem Mädel erwarten, und das wurde durchaus eingelöst.
Die recht eigenständige Mischung aus Mittelalterrock und Metal funktionierte auch zum dritten Mal auf dem Hörnerfest prächtig, neben den bekannten Titeln von der CD „Wiegenfest“ gab uns die gut aufgelegte Band auch schon einige neue Titel auf die Ohren. Bester Song war in jedem Fall wie schon auf Platte „Waffenbrüder“, wobei live auch Lieder wie „Heldentod“ oder der „Feenfleisch“ einigermaßen funktionierten. Das Quasi-Heimspiel von VOGELFREY war jedenfalls ein voller Erfolg und bleibt als einer der besten Auftritte des Festes in Erinnerung.


Mit FINSTERFORST stand dann die nunmehr härteste Band des Wochenendes auf der Bühne. Die Schwarzwälder waren zwar dezimiert, der verhinderte Akkordeonspieler wurde durch Samples ersetzt (Kommentar des Sängers: „Dann spielt er auch tighter.“) Mir waren die Pagan Metaller vorher nur in Auszügen bekannt, doch taten die Jungs, uniform mit Dreck beschmiert, ihr Bestes mir auch längerfristig ein Begriff zu bleiben. Die moonsorrow-esken Töne (mein Highlight: „Sturmes Ernte“) wirkten von Anfang an sehr mächtig und atmosphärisch, obwohl der trübe Tag eigentlich wenig Charme versprühte.
Zwar weisen die Songs, die durchaus zu Überlänge neigen, auch hier und da ein paar Längen auf, im Wesentlichen nahm man als Headbanger aber jeden Takt dankbar auf. Das nächste mal würde man sich wünschen, dass die Förster auch in finsterer Nacht spielen dürfen, doch auch so gelang FINSTERFORST ein sehr schöner Auftritt.

Finsterer wurde es unterdessen am Himmel und Regen setzte ein, wogegen es am Vortag noch meist trocken geblieben war. Dies hielt mich nicht davon ab, GWYDION einen Besuch abzustatten. Wenngleich mich die Portugiesen auf CD nicht überzeugt hatten, waren Metalbands einfach zu rar auf dem Festival gesät, um sie verstreichen zu lassen. Als ich, mich vom Whisky loseisent, etwas an der Bühne verspätet ankam, stimmte die Gruppe gerade ihr Sauflied „Mead Of Poetry“ an. Begleitet von einem ordentlichen Schauer baute sich ein massiver Moshpit auf, der tanz- und rempelwütigen Besuchern (meine bedüdelte Wenigkeit eingeschlossen) wenig Grund zum Meckern gab.
Auch die beinahe vergessene Band da oben auf der Bühne machte ihre Sache erstaunlich gut. Trotz nicht gerade iberischer Verhältnisse und dementsprechend relativ wenig Publikum boten GWYDION eine solide Vorstellung, in jedem Falle besser, als die Platte „Horn Triskelion“ zuvor erwarten ließ.

Bis zum nächsten Bühnengang ließen wir uns nun noch eine Weile Zeit. Diese Weile wurde immer länger, da HAGGARD sich für ihren Soundcheck eine satte halbe Stunde mehr Zeit ließen, als eigentlich geplant war. Nundenn, 13 Musiker und deren Instrumente wollen auch erst einmal vorbereitet sein. Den Münchenern gelang es in jedem Fall die Erwartungen zu erfüllen, denn obwohl die Mischung aus Metal, Klassik und Mittelalter manchmal etwas verkopft wirkt und nicht zum Abfeiern einlädt, so bot die Gruppe doch ein eindrucksvolles Bild auf der kleinen Hörnerfestbühne.
Bandkopf Assis wirkte allerdings etwas angespannt und wenig zufrieden, möglicherweise wegen der Umstände. Schließlich füllt man in Südamerika beinahe Stadien, während hier vor wenigen hundert Menschen gespielt wurde. Im Gegensatz zu seinem Kollegen vom Vortrag war er aber professionell genug einen grundsoliden Auftritt zu spielen und auch bei den Ansagen das ein oder andere nette Wort zu sagen. Seine zahlreichen Musikanten leisteten sich auch trotz der widrigen Umstände (es hatte wieder gewaltig zu schütten und sogar zu gewittern begonnen) keine für den Laien erkennbare Fehler, und so sah man auch Hörnerfestveranstalter Thomas Tegelhütter zufrieden grinsend an einem Baum lehnend HAGGARD lauschen.

So ging das Fest zu ende, und der Himmel weinte. Mit einem Starkregen, Blitz und Donner klang der Samstag aus, und jeder, der nicht wie wir auf einer Anhöhe sein Zelt aufgeschlagen hatte, musste um seine Sachen fürchten. Es bleibt eben bei keinem HÖRNERFEST aus übers Wetter zu sprechen!

Über die Rahmenbedingungen sollen aber auch noch ein paar Worte fallen. Im Großen und Ganzen verfuhr man nach der Maxime „Never Change A Winning Team“, und so hielten sich die Veränderungen zum Vorjahr sehr in Grenzen. Das Sonnensegel im Bereich der Essensstände, was letztes Jahr noch schmerzlich vermisst wurde, war dieses mal fast überflüssig und Wasser gab es von oben genug. Wohl aber wäre auf dem zweiten großen Campingplatz eine Trinkwasserstelle noch wünschenswert. Vorbildlich war wie üblich die Toilettensituation und auch die Ruhezeiten wurden fast immer eingehalten. So zeigte sich auch bei Schietwetter ein ausgesprochen freundliches gemütliches HÖRNERFEST 2011.

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