Ähnlich wie Japan hat auch Indien eine überaus umtriebige Hard-Rock- und Metal-Szene, von der Europa weitgehend unbehelligt bleibt. Das italienische Label Frontiers Music scheint derzeit bestrebt, das zu ändern und nimmt allerhand Bands unter Vertrag, von denen man hierzulande noch nie etwas gehört hat – in ihrer Heimat sind sie jedoch oft bereits Superstars. Nach den Hard Rockern Girish And The Chronicles, die in Indien gar von Universal Music vertreten werden, finden nun auch ABOUT US über die Plattenfirma aus Neapel einen Weg in den europäischen Markt. Die sind sogar noch eine Ecke exotischer, denn sie stammen aus dem Bundesstaat Nagaland, jenem östlichen Ende Indiens, das zwischen China, Myanmar und Bangladesch eingekeilt ist.
Bei Frontiers Music hätte man eigentlich damit rechnen können: ABOUT US präsentieren sich auf ihrem Debüt in erster Linie als Hard-Rock-Band im Stile der seligen 80er, die sich vornehmlich am radiotauglichen Sound der US-Westküste orientiert. Ab dem Opener „Right Now“ gibt es hier also kraftvolle Riffs und präsente Keyboards, die stets in anschmiegsamen Refrains gipfeln und sämtliche Regeln des klassischen AOR-Sounds befolgen. Das klingt auch in ganz ähnlich gearteten Songs wie „Our Fairyland“ oder der vom Klavier getragenen Bombast-Ballade „Open Your Heart“ vor allem nach den unangefochtenen Genre-Spitzenreitern Journey und passt damit absolut ins Portfolio der italienischen Plattenschmiede.
Man sollte bei seiner Beurteilung von ABOUT US jedoch nicht voreilig sein, denn die Inder agieren doch weitaus abwechslungsreicher als man es von manchem Frontiers-Hausgewächs gewohnt ist: Erstens beherrscht die Truppe den traditionellen AOR ihrer Vorbilder perfekt, weshalb die angesprochenen Songs absolut authentisch rüberkommen und zweitens kann diese Band noch weit mehr: So wird es etwa im treibend groovenden „Gimme Gimme“ oder den an Whitesnake angelehnten Songs „Lead My Heart“ und „Rock On Top“ schon deutlich kerniger und mit „Rise“ schlagen ABOUT US sogar unerwartet metallische Töne an. Letzteres intensiviert sich noch mit dem überraschend harten und modernen „Golden Troops“, in dem selbst der sonst eher moderat auftretende Frontmann Sochan Kikon sich von seiner raueren Seite zeigt. Das ist im Kontext dieser Platte zwar ein arger Stilbruch, unterstreicht aber ihren Abwechslungsreichtum.
Sänger Kikon sollte ohnehin noch einmal gesondert erwähnt werden, denn der Mann trägt maßgeblich dazu bei, dass ABOUT US mehr als nur eine weitere AOR-Band im Frontiers-Stall sind. Natürlich orientiert er sich passend zur Musik vornehmlich an Journey-Fronter Arnel Pineda bzw. dessen Vorbild Steve Perry. Weil er aber auch zu ziemlich beeindruckenden Screams in der Lage ist, die er bei ABOUT US durchaus passend einsetzt, schafft er sich bereits auf dem Erstlingswerk seiner Band eine eigene Identität, die noch weiter ausbaufähig ist. Auch der Rest der Truppe aus Indien versteht sein Handwerk in jedem Fall, weshalb Riffs und Soli keinerlei Raum für Kritik lassen und im Kontext der fetten, modernen Produktion des Albums obendrein bestens zur Geltung kommen.
Mit ihrem gleichnamigen Debüt liefern ABOUT US einen weiteren Beweis für die These, dass Frontiers-Veröffentlichungen vor allem dann spannend sind, wenn die betreffende Band nicht vom Label-Boss erdacht wurde. Ähnlich wie die Letten Bloody Heels passen auch ABOUT US von ihrer stilistischen Grundausrichtung her wie die Faust aufs Auge zu den übrigen Bands des Labels, bieten aber noch ein wenig mehr. Die Band aus Nagaland glänzt nicht nur durch unüberhörbar ehrliche Spielfreude und hat die bekannte AOR-Formel voll verinnerlicht, sondern erweitert sie auch noch durch Elemente anderer Sub-Genres. Das Ergebnis ist ein ebenso authentisches wie scheuklappenbefreites Hard-Rock-Album, das gekonnt das Altbekannte mit dem Neuen vereint. Weiter so!
Wertung: 7.5 / 10