Review Alluvial – Sarcoma

Eines unserer grundlegenden Bedürfnisse als Menschen ist es, Anschluss zu anderen Personen zu finden, uns verstanden zu fühlen. Ein Aspekt unseres Daseins, der uns alle verbindet, ist der Schmerz. Dass ALLUVIAL ihr zweites Album „Sarcoma“ nach einem das menschliche Bindegewebe befallenden Krebstypus betitelt haben, ist unschwer als Sinnbild für diesen omnipräsenten Anknüpfungspunkt zu erkennen. Und Bandkopf Wes Hauch weiß viel über Schmerz zu erzählen: Schlechte Erfahrungen mit Alkohol und Drogen trieben den amerikanischen Gitarristen aus Los Angeles und auch seine Zeit bei den US-Streitkräften im Irak hinterließ bei ihm mit Sicherheit ihre Spuren.

Welche Musikrichtung ALLUVIAL als Transportmittel für ihre bedrückenden Texte dient, lässt sich schon an den Referenzbands der beteiligten Künstler ablesen: Suffocation, The Zenith Passage, Decrepit Birth, The Black Dahlia Murder, Black Crown Initiate, The Faceless – die Liste namhafter Technical-Death-Metal-Gruppen, in denen die vier Musiker (wenn auch teils nur kurz) ihre Finger im Spiel hatten, ist von beachtlicher Länge. Die schwingelerregend hohen Erwartungen, die mit einem solchen Namedropping einhergehen, erfüllen ALLUVIAL auf „Sarcoma“ zwar nicht vollends, Schande machen sie sich damit aber keineswegs.

Mit ihren etwas mühsam hervorgepresst klingenden Growls und ihren brachialen Riffs und Drums müssen die Amerikaner sich bezüglich Brutalität, Komplexität und Treffsicherheit hinter keiner anderen Band ihres Genres verstecken. Auch die eine oder andere ungewöhnliche Passage gibt es zu bestaunen. Im Gedächtnis bleiben vor allem die kreativen Soli, die beinahe jazzigen, verspielten Gitarren in „40 Stories“, das unheimliche Interlude „Ø“ mit seinen erstickten Atemlauten, die düsteren und zugleich lässigen Clean-Gitarren im instrumentalen „Sugar Paper“ sowie der inbrünstige, jedoch etwas zu stark aufgeschönte Klargesang.

In letzterem manifestiert sich allerdings auch am deutlichsten, was an „Sarcoma“ nicht optimal ist: die Produktion. Diese klingt – wie es bei allzu vielen Tech-Death-Scheiben der Fall ist – leider derart steril, dass man schon geneigt ist, sie leblos zu nennen. Den einen oder anderen austauschbaren Part kann man ALLUVIAL ebenfalls ankreiden, mag auch keiner Tracks der knapp 40 Minuten dauernden Platte deswegen als Totalausfall dastehen.

ALLUVIAL haben mit „Sarcoma“ eine gute Platte zwischen Progressive und Death Metal kreiert – nicht mehr und nicht weniger. Wer technisch anspruchsvolle Musik ebenso wie schiere Klanggewalt schätzt und sich nicht am in Tech-Death-Kreisen grassierenden Überproduktionswahn stört, darf sich hier über ein solides, an manchen Stellen sogar positiv überraschendes Album freuen. Um die Vorzeigeveröffentlichungen ihrer Referenzbands in den Schatten stellen zu können, werden die Musiker hinter ALLUVIAL aber wohl noch etwas an ihrem Sound feilen müssen.

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Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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