Bald 20 Jahre ist es her, dass Dimmu Borgir mit „For All Tid“ einen Meilenstein des Black Metal veröffentlichten: Dünne Synthesizerklänge verbanden ein rumpelndes Schlagzeug und viel zu kratzige Gitarren zu einem irgendwie damals spektakulären, aus heutiger Sicht immernoch zumindest sympathischen Gemenge, über das der junge Shagrath schrie, als gäbe es kein Morgen.
Heute, ein knappes fünftel Jahrhundert später ist dieses Album natürlich nicht mehr zeitgemäß – im Vergleich zu aktuellen Alben des Genres ist es sowohl hinsichtlich der Komposition als auch (und gerade) des Sounds abgeschlagen, veraltet und in jeder Hinsicht überholt. Gekauft wird das Album trotzdem weiter, weil Alben wie dieses dem Zeitgeist eine Heimat geben – und so Erinnerungen und Gefühle am Leben erhalten. Im Falle von „For All Tid“ das für truen Black Metal mit Synthesizern, mehr schlecht als recht eingespielt, aber irgendwo schon damals, und damit erst recht heute: Kult.
Doch genau, weil es Alben wie „For All Tid“ gibt, braucht es Alben wie „Hoffnungslos“ der deutschen BROCKEN MOON nicht. Kann dieses doch nicht mehr, als „For All Tid“ seinerzeit, nur ohne sich auf die Umstände der Entstehungszeit berufen zu können. So liefern BROCKEN MOON hier ein Album ab, das in allen Belangen dilettantisch ist, jedoch ohne dabei den Charme der Anfangstage des Black Metal zu transportieren – und somit schlichtweg als „schlecht“ aufgefasst werden muss: Banale Texte über „Regen“, „Kälte“, „Krieg“ oder „Einsamkeit“, wie die Songtitel vermuten lassen, werden über technisch wie rhythmisch stümperhaft eingespielte Stücke truen Black Metals geschrien, und wo der näselnde Gitarren“sound“ versagt (also quasi überall) wird das Erzeugnis mit Synthesizer-Klängen zusammengekittet, die wohl selbst 1994 schon billig geklungen hätten. Das rumpelnde Schlagzeug ist für die stimmige Gesamtästhetik in dem Fall natürlich essentiell – das Hörerlebnis steigert es leider ebensowenig wie die lächerlichen „Kriegs“-Samples im wenig subtil „Krieg“ betitelten Song: Verharmlosendere Kriegsgeräusche habe ich nicht mehr gehört, seit der blinkende und brummende Plastik-Panzer aus der Grundschule den Geist aufgegeben hat…
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass viele Dinge im Leben entstehungszeitabhängig als gut oder schlecht gewertet werden: War ein Trabi seinerzeit als schlechtes Auto verlacht, gilt er heute als Oldtimer – war „For All Tid“ seinerzeit ein wahrer Meilenstein, ist es heute ein respektvoll behandelter Klassiker. „Hoffnungslos“ jedoch ist aus heutiger Sicht schlichtweg Mist, und daran wird auch die Zeit nichts ändern – da das Album jedoch nicht vor 20 Jahren, sondern erst kürzlich veröffentlicht wurde, braucht das Werk, so leid es mir tut, eigentlich niemand… ist über die altehrwürdigen Klassiker hinaus der Bedarf an schlecht eingespielten, unerträglich klingenden Black Metal-CDs doch eher gering.
Wertung: 2 / 10
Komisch wie unterschiedlich Musik immer wieder wahrgenommen wird.
Gerade in dem Segment des depressiven BlackMetals sticht Brocken Moon auf jedenfall raus. Es gibt nicht viele Bands die Emotionen so rüberbringen, ich finde es ein gelungenes Werk, zu unrecht ähnlich im Abseits stehend wie zum Beispiel Balnasar mit Reich der Asche.