Review Byrdi – Byrjing

Die Theorie, wonach die Geschichte sich zyklisch selbst wiederholt, mag in puncto Evidenz auf holprigen Beinen stehen. In der Popkultur leben vergangene Dekaden aber tatsächlich immer wieder auf. Synth-Pop aus den 80ern, der bodenständige Rock der 70er Jahre, Post-Punk, ja sogar der oft belächelte Nu Metal – sie und viele weitere Genres feierten bereits das eine oder andere Revival. Mehr als nur ein paar Jahrzehnte ließ jedoch der jüngste Pagan-Folk-Boom auf sich warten. Umso bemerkenswerter ist das schier explodierte Interesse der Allgemeinheit an vorzeitlich anmutender Klangkunst, wie sie von Bands wie Wardruna und Heilung kreiert wird. Mit ihrer naturverbundenen, auf altertümlichen Instrumenten gespielten Musik könnten eigentlich auch BYRDI von diesem Hype profitieren. Dennoch klingt ihr drittes Album „Byrjing“ angenehm unaufdringlich.

Ohne sich an ihren Instrumenten als Virtuosen aufzuspielen, bauen BYRDI ihre Lieder hauptsächlich um ihre hymnischen, kraftvollen und teils stoischen Chorgesänge herum auf. Viele Vokalpassagen auf „Byrjing“ werden nur sehr genügsam auf Klangerzeugern wie der Akustikgitarre, der Flöte, der Harfe und natürlichen Perkussionen begleitet oder stehen sogar ganz für sich („Byrdi“). In den längeren Stücken wie dem etwas verschlafenen „Heim“ kann der minimalistische Ansatz der Norweger*innen zwar ein wenig an der Geduld zehren, grundsätzlich strahlt er jedoch eine geradezu heilsame Ruhe und Besinnlichkeit aus.

Zudem zeigen BYRDI auf diesem Wege umso deutlicher ihr Gespür für packende Melodien. Schon der mit einer verspielten Maultrommel und klackenden Rhythmen unterlegte Opener „Solsnu“ gibt allein mit seinen mächtigen, mehrstimmigen Vocals ein imposantes Bild ab und das erhabene, mit der Zeit mysteriöser werdende „Stein På Stein“ ist ein Glanzbeispiel dafür, wie das Nordic-Folk-Trio mit simplen Tonfolgen auf Anhieb mitzureißen vermag.

Doch auch instrumental wissen BYRDI im Zuge der Platte zu verzaubern. Obwohl die Instrumente meist bescheiden und auf stimmige Weise zur sanften und nie zu aufbrausenden Hintergrunduntermalung eingewoben sind, tun sie sich hin und wieder doch merklich hervor. So sind es gerade die Streicher, die „Eg“ sein schwermütiges Wesen verleihen und das beschwingte „Huldre“ zieht mit geheimnisvollen Flöten in seinen Bann, wohingegen jene in „Byrdi“ für eine friedvolle Stimmung sorgen. Zu guter Letzt hätten BYRDI das Album kaum passender als mit den elegant schwelgenden, fast schon zeitlos wirkenden Akustikgitarren und Streichern im Titeltrack abschließen können.

In einer Zeit, in der Musiker immer lauter werden müssen, um in ihrer übersättigten Branche noch gehört zu werden, beweisen BYRDI auf ihrem dritten Album den Mut zur Bescheidenheit. „Byrjing“ ist demnach keine Platte, die darauf ausgelegt zu sein scheint, möglichst viele Folk-Interessierte im Sturm zu erobern, sondern ein maßvolles, ruhespendendes Stück traditioneller Akustik-Musik. Anfangs mögen ihre Lieder vielleicht etwas unscheinbar wirken, Langeweile kommt bei BYRDI allerdings in nahezu keinem Track auf. „Byrjing“ eignet sich somit gleichermaßen als beiläufige Begleitung für den nächsten Waldspaziergang wie auch zum aufmerksamen Hinhören in einer ungestörten Dreiviertelstunde.

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Wertung: 8 / 10

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