Das California Guitar Trio – also die Herren Bert Lams, Hideyo Moriya und Paul Richards – waren mir bereits durch ihre gemeinsame Tour mit Spock’s Beard und Enchant ein Begriff. Damals empfand ich die Musik der Truppe als spiel- und soundtechnisch auf höchstem Niveau, mir fehlte jedoch etwas Abwechslung im Songmaterial und griffige Melodien.
Mit „Whitewater“ liegt mir nun das siebte Album dieser Combo zur Rezension vor. Noch bevor ich auf die Musik auf dem neuen Silberling eingehe, möchte ich die Aufmerksamkeit auf das Cover von „Whitewater“ lenken. Für mich stellt dieses Artwork mal eine willkommene Abwechslung zu den heute überall herumschwirrenden Computergrafiken oder gekünstelten Fotos (bei Popalben) dar. Es gibt die Atmosphäre, die auf dem Album musikalisch herrscht, durch das Landschaftsmotiv und die gewählten Farben und weichen Farbübergänge sehr gut wieder; zusätzlich ist der See in mitten der Gebirgsidylle einem Gitarrenrumpf nachempfunden und der Wasserfall, der vor den drei Männchen im Boot, also wohl dem California Guitar Trio, im See mündet, stellt das Griffbrett mit den Saiten dar.
Aber nun endlich zur Musik der drei ehemaligen Schüler von Robert Fripp (dem Kopf der Progressive Rock Band „King Crimson“) aus Belgien, Japan und Amerika: Die ersten beiden Tracks eröffnen das Album auf eine wundervolle Art und Weise. Sanft, warm und sphärisch verwöhnt der Opener „The Marsh“ die Ohren; man kann gar nicht anders als sich diesen beruhigenden, völlig zeit- und raumlosen Melodien hinzugeben. Der zweite Song „Atlantis“ tut es jenem Track gleich, wirkt aber ungleich mystischer. Auch mit den nächsten beiden Titeln beweist die Band, das sie ein unglaubliches Gespür für wunderschöne musikalische Themen hat. Mit dem fünften Song „Prelude Circulation BWV 988“ wird es dann zunächst klassisch; es handelt sich dabei um eine Bach-Adaption, die mir aber ein bisschen zu unspektakulär ausfällt. Mit „Cantharsis“ zieht man nun das erste Mal das Tempo etwas an. Im Vergleich zu seinen Vorgängern wirkt das Song ungemein unruhig und strahlt Nervosität aus. Aber auch hier lasst es sich die Band nicht nehmen, im späteren Verlauf noch tolle Melodielinien zu präsentieren. „Cosmo Calypso“ trägt seinen Namen dann völlig zurecht, man fühlt sich plötzlich in den Weltraum versetzt, da der Song ungemein psychedelisch und spacig wirkt. Spätestens hier wird man sich langsam aber sicher bewusst, was für Könner hier am Werk sind. Man meint beim Hören der Tracks leise Synthesizerklänge zu vernehmen, Pianos, ganz langsame E-Gitarren Motive, und doch spielen die drei alles nur auf ihren 18 akustischen Saiten mithilfe von verschiedensten Effektgeräten. Das ist schon sehr beeindrückend. Das Titelstück geht unter diesen Songperlen leider etwas unter. „Led Food“ wartet dann mit „Slide-Guitar“-ähnlichen Sounds auf. Mit „Relative Illusion“ wird es dann nochmals besinnlicher und man wird an den Anfang der Platte zurückversetzt, ehe man von dem funkigen „Red Iguana“ regelrecht aus den Sitzen gerissen wird. Das hat für akustisches Gitarrenspiel schon jede Menge Feuer. Beendet wird der neue Rundling schließlich von „Ghost Riders Of The Storm“, welches eine Verquickung von dem Doors Titel „Riders On The Storm“ mit dem Countrysong „Ghost Riders In The Sky“ darstellt. Dies ist dann auch der einzige Titel, dem ich das Attribut „Country“ anhängen würde.
Die Produktion der Scheibe wurde übrigens von Tony Levin (ebenfalls von King Crimson) übernommen, der einen fantastischen Job gemacht hat – es macht richtig Spaß, die einzelnen Gitarrenspuren zu verfolgen. Die Aufnahme ist extrem klar, natürlich und frisch.Man kann also „Whitewater“ jedem Fan von akustischer Gitarrenmusik und Instrumentalalben empfehlen. Es eignet sich sowohl zum Chillen, Nebenbeihören als auch zur genauen musikalischen Studie. Einzig demjenigen, der eine Platte ohne Gesang und harte Gitarren nicht übersteht, sei vielleicht von einem Kauf abgeraten. Dies ist übrigens eine der wenigen Bands, die mir nun auf Platte doch besser gefällt als live.
Wertung: 9 / 10