Review Carptree – Man Made Machine

Die Schweden von CARPTREE sorgen mit ihrem dritten Longplayer “Man Made Machine” für einige Aufregung in der Progszene. Ist diese nun berechtigt, oder ist CARPTREE wieder nur eine dieser Bands, die in der Prog-Klischeeschublade gewühlt haben und versuchen, das Beste aus jedem Prog-Jahrzehnt in ihre Musik zu packen?

Viele Medien vergleichen den Nachfolger von „Carptree“ (2001) und „Superhero“ (2003) mit den üblichen verdächtigen aus dem Neoprog-Umfeld, also hauptsächlich „Marillion“ und „Fish“. Zudem spricht man von einer gewissen Verwandtschaft zum New Artrock von Bands wie „Porcupine Tree“.Was die Zwei-Mann-Kapelle, bestehend aus dem Musikstudenten Carl Westholm (an allerlei Tasteninstrumenten) und seinem Gesangskumpel Niclas Flinck hier abliefert, darf jedenfalls nicht in die Neoprog-Einheitstüte gepackt werden! Der Sound der Beiden ist sehr eigenständig, die oben aufgeführten Bands können höchstens als äußerst grobe Orientierungshilfe dienen! Den Klangcosmos von CARPTREE zu beschreiben, ist in der Tat nicht einfach.

Besondere Beachtung muss bei den 10 Songs der Platte natürlich den Keyboardklängen geschenkt werden. Westholm überzeugt durch eine ungemein stilvolle Soundauswahl und einen tollen Pianoklang. Neben den beiden Hauptakteuren sorgt das sogenannte „No Future Orchestra“ für die weitere instrumentale Untermalung der Titel mit einer Vielzahl an Instrumenten. Wer sich dahinter versteckt, ist jedoch nicht ersichtlich.
Das Songmaterial ist durchgehend eher ruhig, sehr atmosphärisch, mal mehr, mal weniger melancholisch. Das Orchester agiert meistens sehr songdienlich. Man baut eine sehr bedrückende, dunkle, teils surreale Stimmung auf, die den Hörer absolut gefangen nimmt. Gelegentlich schwimmt man sich davon frei, lässt den symphonischen Elementen den kompletten Freiraum, den sie benötigen, um zu völlig einnehmendem Bombast anzuschwellen. Nur, um dann wieder ganz leise Töne anschlagen zu können. Songs wie der Opener „Titans Clash Aggressively To Keep An Even Score“ oder der Titeltrack sind gleichsam ambitioniert und edel, ohne zwingend progressive Strukturen aufzuweisen. Altbackene, an Retroprog der Siebziger erinnernde Mellotrons geben sich oftmals die Hand mit modernen Beats. Wilde Instrumentalpassagen sucht man hier vergebens. Die Gitarre kommt überhaupt äußerst selten zum Einsatz und dient meistens dem kurzzeitigen Ausschmücken des Klangbilds mit dumpfen Riffs.

Trotz allem kann sich jedoch nach einiger Zeit eine gewisse Ermüdung beim Hörer breit machen, da der Sound doch schon recht eingefahren ist und auf die Dauer mit sehr ähnlichen Stimmungen arbeitet. Hinzu kommt, dass die Melodien und Gesangsparts teilweise recht gewöhnungsbedürftig rüberkommen, vereinzelt hat man das Gefühl, sie passen nicht im geringsten zur instrumentalen Begleitung, dann sind sie auf einmal wieder wunderschön emotional.

Somit ist und bleibt „Man Made Machine“ wohl einem äußerst kleinen Hörerkreis vorenthalten. CARPTREE sind sicherlich künstlerisch auf extrem hohem Level unterwegs, haben ein absolut eigenständiges musikalisches Profil und sind daher ein unabdingbarer Reinhörtipp für alle, die sich für anspruchsvolle Rockmusik interessieren, werden aber mit ihrer exquisiten Musik höchstwahrscheinlich nur eine sehr kleine Zielmenge ansprechen. Schwieriger Fall!

Anspieltipps: „Titans Clash Aggressively To Keep An Even Score“, „This Is Home“

Keine Wertung

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