Review Dead Flesh Fashion – Thorns

DEAD FLESH FASHION konnten die Kritiker schon mit ihrem Debut „Anchors“ überzeugen. Zwei Jahre und eine fast komplette Auswechslung der Band später, folgt nun mit „Thorns“ der zweite Streich. Wieder haben sich die Herren dafür in die Oldenburger Tonmeisterei verschanzt, diesmal wurde das Album aber herkömmlich aufgenommen. Eine Tatsache, die der Dynamik und der Intensität der Platte aber nicht geschadet hat, sondern ihr vielmehr das Mindestmaß an Transparenz und Struktur liefert, welches man dem zähen und düsteren Brocken abringen konnte.

Schon „Anchors“ war heftig. Die chaotische Grundstruktur, die aus dem Debut ein interessantes, aber nur sehr schwer zugängliches Werk machte, wurde zu Gunsten einer stärkeren Fokussierung auf die einzelnen Stücke etwas zurückgeschraubt. Aus dem schwarzen Sumpf ist ein zäher Klumpen geworden. DEAD FLESH FASHION sind sich trotz Auswechslung der gesamten Saiten-Fraktion treu geblieben. Wieder muten sie dem Hörer einiges zu, denn auch „Thorns“ bietet ohne Innezuhalten und ohne Pause zwischen den neun Stücken ein dunkles, leidenschaftliches, massives und wuchtiges Potpourri aus Hardcore, Doom, Metal und Noise. Eine Orientierung auf der Platte ist kaum möglich und auch nicht gewollt. Im Interview verraten die Jungs, dass das Album einen komplett verschlucken und erst am Schluss wieder ausspucken sollte und so fühlt man sich auch. Kurze Verschnaufpausen wie der Ausklang von „Flies!“ oder im Mittelteil von „Where The Night Goes For Orchid“ bleiben eine Seltenheit. Dominiert wird das ganze Werk von intensiver Härte, die wie bspw. beim letztgenannten Song durchaus auch rifforientiert, häufig aber eher durch leicht chaotische Soundwände hervorgerufen wird. Dennoch weben DEAD FLESH FASHION immer wieder kleine, teils disharmonische Melodien in die wuchtige Musik ein. Konturen, die dem brachialen Brei Gesichter verleihen. Dabei gehe sie mal hektisch, dann wieder extrem schleppend zur Sache. In ihrer düsteren Kompromisslosigkeit erinnern mich DEAD FLESH FASHION bisweilen sogar an die französischen Großmeister von Celeste.
Alles wird der Stimmung untergeordnet. Die kehligen Schreie von Sänger Patrick verkümmern zu einem weitern Instrument, einem weiteren Element zur Erschaffung dieses fiesen Monsters. Immer wieder klingen einzelne Textversatzstück an die Oberfläche. „We are the hole in the world“ etwa, beim Eröffnungstrack „Flies!“, ansonsten verschwimmt der Gesang, ähnlich wie bei den Ausbrüchen der leider aufgelösten Buried Inside, im Gesamtwerk. Dieses wird von dem in Braun- und Schwarztönen gehaltenen Artwork komplettiert. Düstere Kollagen, die mich in ihrer Stimmung – vielleicht wegen ihrer düsteren Nähe zum Wald – an den letzten Film von Lars von Trier erinnern, Antichrist.

Was hat es nun auf sich, mit diesem heftigen Stück Musik? Es ist das Zeugnis des Erwachsenwerdens einer ungewöhnlichen Band. Es ist ein grandioses Album, das Zeit fordert und einen etwas spezielleren Musikgeschmack. Wer mit Bands wie den genannten Celeste oder Buried Inside, aber auch mit den Hohepriestern der Church of Ra etwas anfangen kann, muss DEAD FLESH FASHION ein Ohr schenken. Wer einen Blick in die (positiv gemeinten) musikalischen Abgründe der deutschen Musikszene werfen möchte, findet hier ebenfalls eine Möglichkeit.

Wertung: 9 / 10

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