Review Dead Flesh Fashion – Anchors

Eine Klapphülle aus türkisener Pappe, ein interessant gestaltetes Artwork und dann noch dieser düstere Name. Was sich hinter diesem nordrhein-westfälischen Debut wohl verbirgt? Mit Vielem hätte ich gerechnet, aber nicht mit dieser apokalyptischen Wut und dieser trostlosen Verzweiflung. Dabei machen die fünf Jungs keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegen Alles und Jeden: Kurze Rückkopplung und schon kotzen sie alles aus, was nur irgendwie auskotzwürdig scheint. Der klangliche Rahmen wird von modernem Postmetal geliefert, der mehr schief als gerade und mehr verstörend als eingängig gestaltet ist. Immer wieder wird diese ohnehin schon bedrohliche Klangmassen mit zähen Störgeräuschen angereichert und das Tempo bis auf Doomniveau rücksichtslos abgebremst. Über alledem thront noch ein Sänger der in bester Neurosis-manier die ganze Geschichte aufs Heftigste abrundet.

Denn rund ist, was hier präsentiert wird. Was auf den ersten Blick wie ein wirres Versatzstück von tonnenschweren Riffs, Screamoparts und allerlei Nebengeräuschen einer unsauberen Proberaumaufnahme ausschaut, wird bei näherer Betrachtung zum kompakten (die Lieder sind mit um die 4 Minuten untypisch kurz) und äußerst intensiven Statement zur Lage der Nation. Hier geht es nicht darum sich technisch zu beweisen, hier geht es nicht um Genre- oder Subkulturattitüden und hier geht es nicht um schöne Musik. Was DEAD FLESH FASHION hier im Fahrwasser von Bands wie Cult Of Luna, Botch, The Ocean, Cursed oder eben Neurosis zelebrieren ist ihre Antwort auf unserer Zeit, ist ihr Blick auf die Welt. Nicht verpackt in Strophe/Refrain Schemas oder in Mitsingparts, sondern einfach als kanalisierte Emotion – destruktiv negative Emotion. Innerhalb von fünf Tagen live eingespielt, ist „Anchors“ sinnbildlich für eine Musikbewegung, die in Deutschland bisher noch keine richtig große Band hervor gebracht hat und hauptsächlich in den USA richtig durchgestartet ist.

Etwas schade ist die Gleichförmigkeit von „Anchors“. So gibt es kein Lied das wirklich hervorsticht, ja es ist vielmehr so, dass die gesamte Platte wie eine homogene Masse voll Ecken und Kanten wirkt. Der Eindruck wird von den nicht vorhandenen Pausen zwischen den Stücken noch weiter verstärkt. Da dieses energiegeladene Packet jedoch eh nichts für schwache Nerven oder nebenbei ist, fällt das auch nicht weiter ins Gewicht. Ein dicker Pluspunkt ist die unorthodoxe Aufnahmemethode, die definitiv keinen Qualitätsverlust aber eine sehr lebendige Platte erzeugt hat. Die schmetternden Gitarrenwände auf „Anchors“ wurden für die Bühne geschrieben, funktionieren am besten live mit einer schwitzenden völlig geplätteten Menge und entfalten ihre ganze Wirkung im bewussten Zusammenspiel einer Band – dem wird die Aufnahme völlig gerecht und gleicht damit das etwas rumpelige Schlagzeug mehr als nur aus.

Wer düster intensive Hörerlebnisse mag und vor einer massiven Grundhärte nicht abgeschreckt ist, sollte mal bei DEAD FLESH FASHION in das neu von Midsummer Records aufgelegte Debut reinhören. Wer sich das ganze doch lieber gleich auf der Bühne anschauen möchte dem sei ein Besuch der Website angeraten, an Terminen sollte es nach diesem Album nicht mehr mangeln!

Wertung: 8.5 / 10

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