Das Cover von "Leave A Scar" von Dee Snider

Review Dee Snider – Leave A Scar

  • Label: Napalm
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Heavy Metal

DEE SNIDER ist ein echter Vollblutmusiker: Abseits seiner legendären Hauptband Twisted Sister veröffentlichte der Mann eine Reihe an stilistisch reichlich diversen Soloalben, darunter das ganz und gar nicht im Metal zu verortende „We Are The Ones“ und die noch viel weniger metallische Musical-Hommage „Dee Does Broadway“. Als Mr. Snider sich 2018 mit Hatebreed-Fronter Jamey Jasta zusammentat, hätte alles dabei herauskommen können. Ein Hardcore-Album? Eine Death-Metal-Platte? Eine Sammlung an Elton-John-Covers? Alles schien möglich. Glücklicherweise entschied sich der Sänger, der eben erst Twisted Sister ein für allemal eingemottet hatte, dazu, ein astreines Heavy-Metal-Album fürs 21. Jahrhundert zu erschaffen. Weil „For The Love Of Metal“ entsprechend gut ankam und DEE SNIDER gemäß dem Titel seine Liebe zur harten Musik bisher nicht verloren hat, steht mit „Leave A Scar“ nun ein Nachfolger bereit, der in dieselbe Kerbe schlägt.

Alle, denen „For The Love Of Metal“ gefallen hat, dürfen frohlocken, denn mit „Leave A Scar“ macht DEE SNIDER genau da weiter, wo er mit seiner letzten Platte aufgehört hat, nur fokussierter. Auf seinem neuen Soloalbum liefert der Mann einmal mehr druckvollen, rifforientierten und kitschbefreiten U.S. Metal voll am Puls der Zeit ab, ohne dabei seine Vergangenheit aus den Augen zu verlieren. Und weil Mr. Snider hier mit den gleichen Musikern zusammenarbeitet, mit denen er spätestens seit seinem letzten Live-Album zu tun hat, kann man durchaus von einer richtigen Band sprechen. „Leave A Scar“ macht deutlich, dass die Truppe in den letzten drei Jahren zusammengewachsen ist und die Möglichkeit hatte, herauszufinden, was geht und was nicht.

Nummern wie das eröffnende „I Gotta Rock (Again)“, das nachfolgende „All Or Nothing More“ oder auch „Open Season“ bieten kraftvollen, modernen Heavy Metal eindeutig amerikanischer Prägung, der zu gleichen Teilen von kernigsten Riffs sowie dem unverwechselbaren, durchsetzungskräftigen Gesang von DEE SNIDER lebt. Das kennt man bereits von „For The Love Of Metal“, auf „Leave A Scar“ wirken die Songs jedoch noch homogener, frischer und zwingender. Dazwischen gibt es etwa mit dem großartigen „Down But Never Out“ eine Hymne, die den typischen „Wir gegen den Rest der Welt“-Pathos, den der Bandkopf so gerne in seinen Texten feiert, in die Gegenwart transponiert und das düstere „Crying For Your Life“ klingt wie die aktualisierte Version von Twisted Sisters „Horror-Teria“.

„Leave A Scar“ bietet also erneut das Beste aus Vergangenheit und Gegenwart des DEE SNIDER, wobei die Einheit aus beidem besser nicht funktionieren könnte: Nachgerade thrashige Brecher wie „Time To Choose“ – übrigens mit Cannibal-Corpse-Frontmann George Fisher als Gastsänger – oder „The Reckoning“ fügen sich nahtlos an traditionelle Stadiorocker wie „Before I Go“ und das mit Dual-Gitarren tief in die 80er entführende „Silent Battles“. Warum das funktioniert? Einerseits sicherlich, weil „Leave A Scar“ mit einer wuchtigen, schiebenden Produktion versehen wurde, die dank fetter Gitarrenwände auch die weniger rabiaten Songs der Platte entsprechend muskulös erscheinen lässt. Andererseits aber auch, weil das Duo Snider und Jasta sein Songwriting seit „For The Love Of Metal“ nochmal um eine ganze Ecke verbessert hat und auf diesem Album zwölf zeitlos gute Heavy-Metal-Songs untergebracht hat.

DEE SNIDER gilt als einer der intergersten Typen im Heavy Metal – nicht zuletzt, weil er anders als manch anderer Rock-Dinosaurier das Ende seiner Band nicht nur vollmundig verkündete, sondern auch durchzog. Wie „Leave A Scar“ zeigt, ist sein Soloschaffen dabei weit mehr als bloße Rentenstütze, denn aus jedem der enthaltenen Songs trieft die pure Leidenschaft für die harte Musik, die man dem Sänger ohne Wenn und Aber abnimmt. Lieferte DEE SNIDER mit „For The Love Of Metal“ ein durchweg anständiges Soloalbum ab, so kann bzw. muss „Leave A Scar“ als eines der Referenzwerke für zeitgemäßen Heavy Metal gelten, denn hier findet sich kein einziger schlechter Song. Entgegen ihres Titels hinterlässt diese Platte vielleicht keine Narben, aber auf jeden Fall bleibenden Eindruck.

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Wertung: 9 / 10

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