„Building An Empire“, das 2008 erschienene Debütalbum des französischen Multiinstrumentalisten Nicolas Chapel, ist ein kleines Meisterwerk. Packend, unheimlich dicht und melodisch überaus edel. Schwebend und entrückt. Jetzt ist der Nachfolger da: „Mute“.
Neun Songs, 50 Minuten, wieder allein eingespielt. In der Normandie komponiert und aufgenommen, dieses Mal ausschließlich mit echten Instrumenten. Während „Building An Empire“ noch mit Geigen, lyrischen Gitarren und Gesangsarrangements packend und stimmungsvoll anfing, poltert der „Mute“-Opener „Swing Of The Airwaves“ nach einem zähen Beginn uninspiriert mit verzerrten Gitarren und monotonem Schlagzeug los. Im zweigeteilten Refrain wird es melodischer, bleibt aber irgendwie trist. Mit 7 ½ Minuten ist der Song mindestens 1 ½ Minuten zu lang, bietet einige schöne Momente, weiß aber nicht so recht mitzureißen.
Und das gilt leider für den Großteil des neuen Materials. Die Highlights sind allesamt im Mittelteil der Platte zu finden: „Porcelain“ klaut zwar frech bei Tools „Right In Two“ und „Intention“, schafft es aber erstmals, die grandiose Atmosphärendichte zu zaubern, die auf dem DEMIANS-Erstling noch an der Tagesordnung stand. Das darauffolgende „Black Over Gold“ ist eine intime, melancholische Pianoballade, in der Chapel beinahe ins Mikro haucht. Der anfänglich zaghaft vorgetragene, wunderschöne Chorus entwickelt wenig später, untermalt mit typischen Postrock-Gitarren, eine unheimliche Anziehungskraft. „Overhead“ beginnt mit Akustikgitarren und klingt stark nach Porcupine Tree.
Der heimliche Hit der Scheibe ist „Tidal“, ein flotter Alternative-Rocker, beinahe tanzbar und durchweg gesegnet mit einer Ohrwurm-Melodie, die sich wider erwarten auch nach zahlreichen Hördurchgängen nicht abnutzt. In weniger als vier Minuten macht Chapel hier vor, wie man einen kompakten, unterhaltsamen, aber nicht gehalt- oder gesichtslosen Rocksong komponiert.
Wirklich schade, dass der introvertierte Franzose dieses Niveau nicht über die gesamte Spielzeit aufrecht erhalten konnte. Viel zu oft verliert sich „Mute“ in kompositorisch hilflos wirkenden Gitarrenwänden und Schlagzeugfiguren, die über weite Strecken ohne nennenswerte Variation abgespult werden. Die so generierte ‚Wall Of Sound‘ macht das Album zäh und langwierig. Der im Vergleich zum Vorgänger durchweg düsterere Sound ist sicher Geschmackssache – meiner Meinung nach passt der optimistischere Ton, den „Building An Empire“ ausstrahlte, aber einfach besser zu Chapel.
Insofern ist „Mute“ leider ein klarer Rückschritt. Und – im Gegensatz zum Debüt – keineswegs in der Lage, den Hörer zu packen und direkt in die Musik ‚reinzuziehen‘. Vielleicht wieder beim nächsten Mal?
Wertung: 7 / 10