Cover EXOCRINE

Review Exocrine – Legend

EXOCRINE sind das, was man eine verlässliche Bank nennt: Im Zweijahresrhythmus legen die vier Herren aus dem südwestlichen Frankreich ein neues Album vor, sodass die Diskografie der Tech-Death-Metaller innerhalb von elf Jahren auf mittlerweile sechs Platten anwuchs. Mit „Legend“ legen die Franzosen nun jenes sechste Album vor, das zugleich der Einstand bei ihrer neuen Plattenfirma Season Of Mist ist.

Der Wechsel vom Deathcore-lastigen Label Unique Leader Records, unter dem die vorherigen drei Longplayer veröffentlicht worden sind, hin zur Plattenfirma ihrer Landsleute aus Marseille ist eine gute Entscheidung, immerhin haben Season Of Mist Prog- und Tech-Death-Größen wie Ne Obliviscaris, Alkaloid, Beyond Creation oder Archspire erfolgreich im Markt etabliert. Mit „Legend“ haben Band wie Label Interesse daran, Gleiches auch mit EXOCRINE zu schaffen.

Die zehn (bzw. im Digipack elf) Tracks umfassende Scheibe liefert viele Hinweise darauf, dass das auch gelingen kann, denn die Franzosen setzen auf eine ausgewogene Mischung zwischen dem, was technisch versierten Metalhörern die Kinnlade herunterfallen lässt und dem, was Fans von eingängigen Leads das Herz höherschlagen lässt. Erstes Indiz für den geschickten Verbund dieser Eigenschaften liefert das instrumentale Intro „Presage“, dessen Steigerung in den zweiten, titelgebenden Track „Legend“ mündet; ein Song, der im Verlauf mit einem starken Refrain, einem überraschenden Trompeten-Part und viel Shredding der Gitarristen La Rosa und Octor-Perez überzeugen kann.

EXOCRINEs Gitarren-Duo belegt auch in den nächsten Tracks, dass die erwartbare Abwechslung zwischen klassischen Soli („Life“), tragenden Riffs („The Altar Of War“), jazzigen Vibes („Dust In The Naught“, „Dragon“) oder verschrobenen, komplexen Saitensprüngen („Warlock“) für die Franzosen keine spürbare Herausforderung darstellt. Im Gegenteil, während andere Gitarristen in dem Genre für den Hörer eine oftmals schwer nachvollziehbare Überperformance hinlegen, gelingen La Rosa und Octor-Perez trotz der ungeraden Takte und schnellen Arpeggios sogar Hits wie das sich phänomenal aufbauende „The Oath“ oder die sechsminütige Abrissbirne „By The Light Of The Pyre“.

Trotz des dominanten, aber durchweg mitreißenden Auftritts der sechs- bzw. achtsaitigen Gitarrenfraktion stehen die restlichen Mitglieder nur bedingt in deren Schatten. Sänger und Bassist Besse, übrigens als Frontmann der Deathcore-Formation Empyreal Vault aktiv, grunzt, shoutet und keift sich durch die Tracks und neigt dazu, die Übergänge zwischen den Parts ab und an mit Pig-Squeals einzuleiten. An seinem Sechssaiter erspielt sich der Bassist einige kurze Auftritte im Rampenlicht, geht jedoch in den Salven der Gitarristen und vor allem in denen von Drummer Gendron unter.

Was der Schlagzeuger an akkuraten Breaks, dicht an dicht folgenden Tempowechseln und schier die Schallmauer durchbrechenden Blastbeats präsentiert, ist unglaublich. Dass Gendron neben EXOCRINE nur noch bei den Groove-Metallern von Dagoba aktiv ist und ansonsten keinen anderweitigen Verpflichtungen als Schlagzeuger nachkommt, ist erstaunlich. Schließlich ist sein Talent, der Schnelligkeit eines Drum-Computers gefährlich nahezukommen und dabei noch komplexe Strukturen spielen zu können, nicht alltäglich.

Wenn EXOCRINE mit ihrem sechsten Album „Legend“ einen Vorgeschmack auf das geben, was 2024 an Tech-Death-Raffinessen zu bieten haben wird, dann wird es ein gutes Jahr für Genre-Fans. Diejenigen, die bisher wenig Berührungspunkte mit dem Genre hatten, sollten „Legend“ allemal einem „Overwrought“ vorziehen.

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Wertung: 8.5 / 10

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