Review Galar – Til Alle Heimsens Endar

Das monumentale Geschichtswerk „Heimskringla“ oder „Die Sagen der norwegischen Könige“ des mittelalterlichen isländischen Autors Snorri Sturluson, der dem ein oder anderen auch als Verfasser der Prosa-Edda bekannt sein dürfte, hat trotz seines Inhalts – eine umfassende Sammlung von Geschichten über Wikingerkönige – bislang kaum eine Band des Viking Metal inspiriert. Das soll sich nun mit den – natürlich – Norwegern von GALAR ändern, die sich mit ihrem Zweitwerk „Til Alle Heimsens Endar“, zu deutsch „Bis an alle Enden der Welt“ der Schrift annehmen. Insbesondere die Geschichten der mythischen Vorzeitkönige, die oft mit der alten Heimat der Band, der Vestfold, in Verbindung gebracht werden, haben es den beiden Bergenern angetan.

Die Musik GALARS bewegt sich irgendwo zwischen Windir-eskem Sogna-/Black Metal und progressiverem Wikingerstahl à la Solefald oder Ásmegin. Ein nicht geringer Anteil Klargesang und einige klassische Instrumente, vornehmlich Streicher und Klavier, drücken den eigenen Stempel auf. Die Texte – witzigerweise von einem deutschen Skandinavisten verfasst – sind natürlich in der Landessprache gehalten, dem Kenner werden einige bewusste Archaismen auffallen, für alle anderen gibt es englische Erläuterungen.
„Til Alle Heimsens Endar“ – der Titel ist bereits eine Anspielung auf die Snorris Eröffnungsworte – beginnt mit einem spannungsgeladen „Vorspiel“, dass sich bald in das großartige „Ván“ entlädt. In dieser Nummer beweisen GALAR bereits alle ihre eindrucksvollen Fähigkeiten, mit herrlichen Gitarrenleads, temporeicher bis getragener Rhythmik und kraftvollem Gekrächze. Die Klarstimme von Herrn Lauritzen ist mit ihrem kehligen Klang zugegebenermaßen etwas Geschmackssache, doch immer tonsicher.

Insgesamt macht jeder Beteiligte an „TAHE“ seine Sache gut bis sehr gut und die Platte bietet reichlich Abwechslung. „Paa Frossen Mark“ kann grooven, das lange „Grámr“ bewegt sich zwischen Old School-Sound und melancholischem männlich-weiblichem Wechselgesang und bietet ein herrlichen Gitarrensolo, dann gibt es mit „Det Graa Riket“ noch ein reines Instrumental mit Klavier, Akustikgitarre, Holzbläsern und Streichern, und so findet sich noch vieles mehr. Fast jeder Ton und Takt wirkt richtig platziert, so dass über die gesamte Länge eine Atmosphäre beinahe opernhaften Ausmaßes erzeugt wird, welche die einzelnen Erzählungen ausgezeichnet trägt.

Die Schwäche von „Til Alle Heimsens Endar“ ist mit wenigen Worten zusammengefasst: Das Album endet nach 42 ½ Minuten viel zu schnell. Manche Ideen würde man sich noch weiter ausgebreitet wünschen und gewiss wären bei einer längeren Spielzeit noch einige großartige Einfälle mehr gesprudelt. Klar, der erwähnte etwas eigentümliche Klargesang wird nicht jedermanns Sache sein, und auch nicht alle Songs sind durchgehend als genial zu bezeichnen, ohne dass man konkrete Tiefpunkte ausmachen könnte.

Und so beweisen GALAR, dass die Leute im Norden uns Mitteleuropäern noch eine ganze Menge beibringen können, wenn es darum geht, altertümliche Geschichten in moderne metallische Klanggewänder zu kleiden. Viking Metal aus Skandinavien erscheint manchmal per se schon besser als die entsprechenden Versuche hierzulande. „Til Alle Heimsens Endar“ ist uneingeschränkt jedem Freund von anspruchsvollerem nordischen Heidenstahl zu empfehlen.

Wertung: 9 / 10

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