Review Ghost Of Mary – Oblivaeon

Wer sich für Symphonic Metal und Gothic Rock interessiert, musste in den letzten Jahren schon genauer hinschauen. Auffällig oft fielen unterdurchschnittliche Werke auf. Das von dem 2015 gegründeten Sextett GHOST OF MARY veröffentlichte Konzeptalbum „Oblivaeon“ verdient indes Aufmerksamkeit. Trotz kleinerer Defizite handelt es sich um ein interessantes Musikwerk, das für einige Ohrwürmer sorgt.

Das von Sänger Daniele Rini selbst geschriebene Märchen, das in „Oblivaeon“ erzählt wird, ist eine Allegorie über Leben und Tod. Kurz zusammengefasst geht es um umherschweifende Seelen, die einem uralten Baum entstammen. Diese hauchen ihr Leid über das vergangene Leben und den tragischen Übergang ins Jenseits (Oblivaeon) durch das mysteriöse Orakel „Ghost Of Mary“ in die Welt, wie gleich im Opener „The Moon And The Tree“ zu hören ist. Dieses Thema setzen die Italiener nachfolgend durchaus stimmungsvoll um und bedienen sich hierbei zahlloser unterschiedlicher Stilmittel. Die Grundauslegung des Albums dürfte zwar im Gothic Rock anzusiedeln sein. Es werden aber auch immer wieder Elemente des Death, Symphonic und Dark Metal herangezogen. Und selbst die Einordnung als reine Metal-Scheibe fällt bisweilen schwer. Denn „Oblivaeon“ enthält etliche klassische, orchestrale und sogar musicallastige Abschnitte (so in „The End Is The Beginning“), in denen Pianos, Geigen, Cellos und Bratschen passend zum Einsatz kommen, wie in dem gleichnamigen Track „Oblivaeon“. Auch die Vocals variieren immer wieder. Growls (beispielsweise in „Shades“ oder in „Last Guardians“) sind ebenso zu hören wie Cleangesänge, rau-kraftvolle Passagen (wie in „Black Star“) oder schwarzmetallisches Fauchen. Dies alles wirkt jedoch nicht wie Aktionismus oder aus der Konserve, sondern gekonnt und komplex.

Dieser Abwechslungsreichtum ist gleichzeitig auch die größte Schwäche der Platte. Im Bestreben nach Komplexität haben GHOST OF MARY „Oblivaeon“ an manchen Stellen überfrachtet. Nicht selten kommt zu einer Variante des Themas noch eine und sodann noch eine hinzu, was zu Langatmigkeit führt. Das ist bedauerlich, denn hierdurch braucht es einige Hördurchgänge bis man das Gerüst des Werkes herausgearbeitet hat und das Wesentliche vom Unwesentlichen trennen kann. Ist einem dieses aber gelungen, nehmen einen GHOST OF MARY auf eine tolle musikalische Reise mit. Spannend hierbei ist, dass man nie vorhersehen kann, was als Nächstes kommt, da die Combo über ein großes Repertoire an musikalischen Möglichkeiten verfügt. Positiv fällt zudem auf, dass die Melodien oftmals sehr eingängig sind, wie beispielsweise in „Shades“ oder „The Ancient Abyss“. Weitere leichte Mankos zeigt schließlich der Sound, der etwas scheppernd wirkt und satter hätte ausfallen können. Gerade bei so vielen verschiedenen Einflüssen hätten die Newcomer auf eine professionellere Produktion achten sollen.

GHOST OF MARYs „Oblivaeon“ eignet sich für Musikliebhaber, die Zeit mitbringen und gerne mal über den Tellerrand des Metals hinausschauen, hervorragend. Zwar könnte das eine oder andere verbessert werden. Aber trotz der Schwächen scheint eine höhere Bewertung gerechtfertigt zu sein. Denn in „Oblivaeon“ steckt eine Menge an musikalischem Können und es macht – nach einer Weile Reinhören – richtig Spaß.

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Vincenzo Spitale

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