Review Hymn – Breach Us

„Wir wollen nichts aufnehmen, was wir nicht auch live spielen können. Einen Marshall JCM 800 und einen Simms Watts 120, einen Ampeg-810-Turm auf Anschlag, eine Les Paul mit extra dicken Saiten und einen Haufen Effektpedale – mehr brauchen wir nicht“, gibt das norwegische Sludge-Duo HYMN zu Protokoll, wenn man nach der Produktion des zweiten Albums „Breach Us“ fragt – welches übrigens in nur rund 48 Stunden Studiozeit aufgenommen wurde. Reicht das, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen?

Das Ergebnis ist erst einmal ein ziemlich räudiges und hartes Brett: „Breach Us“ bietet überraschend gute Riffs und kommt für Sludge-Verhältnisse ausgesprochen variabel und vor allem groovy daher. Das Zusammenspiel von Gitarrist und Sänger Ole Ulvik Rokseth und Schlagzeuger Markus Støle ist hervorragend – kein Wunder, kennen sich die beiden ja auch durch ihre musikalische Zusammenarbeit beim (ebenfalls Sludge-)Trio Sâver, das mit „They Came With Sunlight“ vor zwei Jahren einen kleinen Genre-Überraschungshit gelandet hat.

Der Opener und Titeltrack kommt auf jeden Fall ziemlich fett daher, bietet aber bereits nach einer Minute die erste kleine Überraschung in Form von melodisch-noisigen Gitarrenparts à la Godflesh und dem beinahe hypnotischen Ohrwurm-Gitarrengeschrabbel im zweiten Songdrittel. Alles sehr rifforientiert, wodurch „Breach Us“ auch hin und wieder an eine Sludge-Version von Prong in den Neunzigern erinnert. Aufs Wesentliche reduziert und auf eine angenehme Weise kompromisslos stumpf und doch einfallsreich arrangiert, macht HYMNs zweites Album auf Anhieb richtig Spaß.

Der zweite Song „Exit Through Fire“ behält die eingeschlagene Marschrichtung grundsätzlich bei, variiert allerdings das Tempo und kommt im letzten Drittel sogar gesanglich in die Nähe von so etwas wie einer Melodie. Überzeugend ist auch die elektronische Soundeffektcollage am Ende des Songs. Dabei haben HYMN durch die produktionstechnische Kälte und dem ausgesprochen metallischen Gitarrensound aber auch ein klein bisschen was von ganz frühen Strapping Young Lad oder sogar Meshuggah auf Methadon. Quasi Sludge-Djent.

„Crimson“ wirkt dann durch die Vocals von Gastsänger David Johansson mal richtig oldschool-doomig, Ozzy lässt grüßen. Apropos Stimme: Ein weiteres Highlight ist definitiv Sängerin Guro Moe, die dem längsten und mit seinem ausladenden noisy Effekt-Outro experimentellsten Song „Can I Carry You“ zum absolut gelungenen Albumcloser machen. Beide Daumen hoch!

„Breach Us“ hat für eine Sludge-Platte überraschend viel zu bieten: Groove, Härte, Atmosphäre, Abwechslung – alles keine Selbstverständlichkeiten in dieser Schublade. Mit knapp unter 40 Minuten ist der neueste HYMNs-Output kurz, aber gut – keine Filler, hier passt alles zusammen. Ein Geheimtipp, den man sich als Freund genannter Bands, aber auch als puristischer Neurosis-Hörer nicht entgehen lassen sollte.

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Wertung: 8.5 / 10

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