Review Kariti – Covered Mirrors

Es liegt eine traurige Stimmigkeit in den Umständen, unter denen die russischstämmige Musikerin K das Debüt ihres Soloprojekts KARITI veröffentlicht. Ursprünglich sollte „Covered Mirrors“ im April 2020 erscheinen – doch dann kam das Coronavirus. Der Release wurde daraufhin verlegt, was der Platte in der Rückschau insofern eine niederschmetternde Schwere verleiht, als sich der Name des Projekts in etwa mit „Betrauere die Toten“ übersetzen lässt und K ihren eigenen Musikstil als „Mourning Folk“ bezeichnet. Dass KARITI ausgerechnet in Italien, einem der am schwersten von der Pandemie betroffenen Länder, ansässig ist, passt nur allzu gut ins Bild: Wäre das Album nicht schon vor dem Aufkommen des Virus kreiert worden, es hätte wohl kein Zweifel daran bestanden, dass die Wahlitalienerin hiermit ihrer im Zuge der Krise verstorbenen Mitmenschen gedenkt.

Schon das kurze Intro – ein Lo-Fi-Sample eines zeternden, immer wieder in ein herzzerreißendes Schluchzen umschlagenden, slawischen Trauergesangs – legt sich einem schwer wie eine massive Bleikugel in den Magen. Danach nähert KARITI sich zwar weitgehend westlichen Hörgewohnheiten an, die Stimmung bleibt jedoch geradezu elendig bedrückend. Über eine gute halbe Stunde hinweg setzt die Einzelkünstlerin nichts als ihre zarte Stimme und ihre Akustikgitarre ein, um ihren Emotionen Ausdruck zu verleihen. Kein Schlagzeug gibt den Rhythmus vor und die einzige Ergänzung besteht in ein paar groben, kargen E-Gitarren-Noten, die in manchen Liedern zu den akustischen Tönen hinzutreten („Anna (Requiem To Death)“).

An ihrem Instrument gibt sich KARITI keineswegs als Virtuosin. Ihrem desolaten Wesen entsprechend sind die Stücke allesamt sehr bescheiden arrangiert und nicht durchwegs sauber eingespielt. Die Unterschiede zwischen den Songs liegen im Bereich des Marginalen – im auf Russisch gesungenen „The Baptism Of A Witch“ geht die Musikerin eher bodenständig zu Werke, „Absent Angels“ zeigt sie von ihrer einfühlsamen Seite und „Penance“ klingt rastlos und wehklagend. Letztlich läuft auf „Covered Mirrors“ jedoch alles auf eine betäubende Traurigkeit hinaus.

Dass KARITI für ihre erste Veröffentlichung eine in sämtlichen Aspekten – vom Songwriting über die Instrumentierung bis hin zur Produktion – minimalistische Herangehensweise gewählt hat, lässt ihre Musik unleugbar aufrichtig und intim wirken. Dennoch kommt man nicht umhin, festzustellen, dass ihre Kompositionen vielfach noch ein konkretes Ziel vermissen lassen (wie etwa das Intro von „Kybele‘s Kiss“) und teilweise sogar derart uninteressant sind, dass sie den Sprung in die Gefühlswelt des Hörers nicht schaffen („Il Corvo“).

Nicht bloß aufgrund seiner tragischen Geschehnisse rund um seinen Release ist „Covered Mirrors“ ein Album, das betroffen macht. Einerseits wegen der rohen, unverblümten Art und Weise, in der KARITI darin ihre Gefühle offenlegt, andererseits aber auch aufgrund der Unzulänglichkeiten, die die Platte daran hindern, ihre volle, emotionale Wirkung zu entfalten. Während es der Folk-Interpretin in einigen Songs wie „The Baptism Of A Witch“ und „Penance“ tatsächlich gelingt, den Hörer mit einem Mindestmaß an Melodie in Aufruhr zu versetzen, lassen einen andere Lieder der Platte schlichtweg kalt. Obgleich KARITI als Künstlerin somit jedenfalls noch wachsen muss, lohnt es zumindest in Teilen jetzt schon, ihr Gehör zu schenken.

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Wertung: 5.5 / 10

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