Abwechslungsreicher, farbenfroher und interessanter als das 2008er-Werk von Keith Emerson kann ein Album kaum sein: In klassischer Progressive Rock-Tradition verarbeitet der ehemalige ELP-Keyboarder im nicht weniger als 35-minütigen Epos „The House Of Ocean Born Mary“ so ziemlich alles, was man sich vorstellen kann: Druckvolle Kirchen- und Hammondorgeln flirten mit hochmodernen Synthesizern und komplexe Rhythmen treffen auf groovende Basslines und einprägsame Melodien. An Hardrock schließen sich treibende Orchesterparts oder ein angejazztes Pianosolo an.
„Ich liebe den Jazz und auch die Klassik, vor allem kombiniert mit zeitgenössischer Musik“, sagt Emerson, „aber nichts davon möchte ich stets und ständig hören.“ Diese Einflüsse sind im orchestralen Progrock des Altmeisters überdeutlich zu vernehmen. Beeindruckend dabei: Trotz der Überlänge der Suite, vergeht die Zeit beim Hören im Handumdrehen. Das Werk kommt dem Hörer viel kürzer vor, als es eigentlich ist. Allerdings braucht es schon einige Hördurchgänge, bis man die komplexen Strukturen durchschaut und „The House Of Ocean Born Mary“ nicht mehr erscheint, als seien verschiedene Songs wirr aneinandergereiht worden. Gerade deshalb liefert Emerson zwischen den vielen, zunächst anstrengenden Instrumentalparts auch einige Abschnitte, an denen sich der Hörer festhalten kann: Zum Beispiel das hymnische „A Place To Hide“ oder „Marche Train“.
Nach diesem harten Brocken bietet die Scheibe noch vier weitere, eigenständige Kompositionen, die etwas einfacher zugänglich sind: Darunter die „Bar-Piano“-Nummer „Gametime“ und das epische „The Parting“.
Für den Gesang auf der Platte zeichnet sich Emerson’s langjähriger Wegbegleiter Marc Bonilla (u.a. Deep Purple, Glenn Hughes) verantwortlich, der außerdem die Saiten bedient. Die Keith Emerson Band wird komplettiert durch Bassist Travis Davis, der schon mit Alice Cooper spielte, und Schlagzeuger Tony Pia (u.a. Van Morrison und Brian Setzer). Die Special Edition bietet eine zusätzliche DVD, die den Entstehungsprozess des Albums dokumentiert und zudem vier Livesongs der Band aus dem Jahr 2006 enthält.
Fazit: Keith Emerson schließt an seine alten Stärken an und präsentiert ein gewagtes Album mit anspruchsvoller Musik, die es heute so kaum noch zu hören gibt!
Wertung: 8 / 10