Review Le Scrawl – Snowblind

Von allen Versuchen, Genregrenzen zu überschreiten und Schubladendenken zu unterbinden, ist der, Jazz und Grindcore zu verschmelzen, zugegebenermaßen einer der gewagteren. Doch weil es eben wirklich nichts gibt, was es nicht gibt, hat sich mit LE SCRAWL sogar für diesen Genrebastard eine Heimat gefunden… und siehe da: Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen.
Nach ziemlich genau 20 Jahren Bandgeschichte steht nun mit „Snowblind“ ein neues Album in den Läden – welches zwar nicht unbedingt durch Quantität, dafür aber durch Qualität zu überzeugen weiß.

So haben es zwar nur gute 20 Minuten Spielzeit auf den Silberling geschafft, diese jedoch haben es in sich. Denn wo der Opener „Winter Sun“ noch als relativ gewöhnlicher Grindcore mit ein paar extravaganten Passagen durchgehen könnte, hat bereits das gerade einmal einszwanzig lange „K2“ mit Grindcore nurnoch den gutturalen Gesang gemein. Spätestens als „Numb“, ebenfalls in typischer Grindcore-Manier nur knapp über eine Minute lang, auf einmal losjazzt, ist um mich völlig geschehen.
Faszinierend ist dabei vor allem, wieviel man aus einer Minute machen kann, sind die Stücke von LE SCRAWL doch selten länger als eineinhalb Minuten, wirken jedoch ob ihrer Vielfältigkeit deutlich länger als das typische durchgehämmerte Grindcore-Stück. Die musikalische Weiterentwicklung der Band ist dabei klar an bestimmten Merkmalen festzumachen: Statt, wie bei Band-Klassikern wie „Boiling Point“, mit harten Brüchen zwischen den Grind- und den damals noch ausgeprägter Ska-lastigen Passagen zu arbeiten, kann man hier fast von einem „fließenden Übergang“ sprechen, was, behält man im Hinterkopf, dass hier zwei der konträrsten Musikstile vereint werden, wahrlich eine beachtliche Leistung darstellt.

Zugegeben, die Zielgruppe für derlei Musik mag denkbar klein sein… hält sich der Grind-Anteil doch so in Grenzen, dass der durchschnittle Grindcore-Maniac über die Ausreißer nicht einfach so hinweghören kann, ist jedoch allein des auch in den melodischen Passagen konsequent beibehaltenen Gegrunzes auch nicht einfach wegzudenken…
Fans experimentellen Extreme Metals oder progressiver Musik im Allgemeinen sollten hier jedoch auf jeden Fall mal ein Ohr riskieren – wer sich aber von seinen Bekannten ständig anhören muss, Grindcore wäre das stupideste und langweiligste überhaupt, sollte diese Platte schon allein deshalb im Schrank stehen haben, um ich an den ungläubigen Blicken beim mit „Snow Blind“ geführten Gegenbeweis zu erfreuen.

Anspieltipps: „K2“, „Bombshell“

Keine Wertung

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