Review Lord Agheros – Nothing At All

Bei einem Solo-Projekt, das sich LORD AGHEROS nennt, könnte man leicht auf die Idee kommen, es handele sich dabei um eine der zahllosen Ein-Mann-Black-Metal-Kapellen, deren Bekanntheitsgrad (oftmals zu Recht) gen null tendiert. Doch der Schein trügt, denn die Musik, die der Italiener Evangelou Gerassimos im Alleingang kreiert, ist alles, nur kein Black Metal. Auf seinem mittlerweile fünften Album „Nothing At All“ vereint LORD AGHEROS nämlich derartig viele Stilrichtungen, von Dark Metal über Ambient bis hin zu Klassik, dass es wohl einfacher und auch angemessen ist, es als Avantgarde Metal einzustufen.

Der einzige rote Faden, der sich mehr oder minder durch das ganze Album zieht, sind das klassisch inspirierte, triste Klavierspiel und die tragischen Synthesizer-Flächen, die immer wieder ein Gefühl der Schwermut vermitteln. Doch auch verschiedenste Samples sind fester Bestandteil der Kompositionen von LORD AGHEROS, angefangen bei den kratzigen Schreibgeräuschen im Intro „The Last Memories“ über nachdenkliches Spoken-Word im abwechselnd sphärischen und metallisch-rhythmischen „Life And Death“ und Regengeräusche im melancholischen und doch hoffnungsvollen Piano-Instrumental „On The Shore“ bis hin zu den Aufnahmen politischer Reden im passend betitelten, brachialen „Idiocracy“.
Schon anhand der Merkmale der erwähnten Tracks sollte klar sein, dass hier kaum ein Song dem anderen gleicht. Und das, obwohl LORD AGHEROS beinahe gänzlich auf Gesang verzichtet, abgesehen von den gefühlvollen, weiblichen Gast-Vocals im depressiven „Lake Water“ und den eher gesprochenen Vocals in „The Day To Die“. Instrumental springt LORD AGHEROS dafür so oft von Genre zu Genre, dass man dabei fast schon die Orientierung verlieren könnte, obwohl die Spielzeit von „Nothing At All“ nicht einmal die 40-Minuten-Marke erreicht. So ist das mit Männerchören ausgestattete „Mankind Arise“ stark von beklemmendem Ambient geprägt, das darauffolgende „No More Rules“ hingegen eine sanfte Akustik-Nummer.
Besonders hervorzuheben sind jedoch die mystischen Keyboards und die unglaublich atmosphärischen, leider viel zu spärlich eingesetzten Leads in „Life And Death“. Ansonsten ist es jedoch unmöglich, einen oder zwei Tracks als Anspieltipp anzugeben, da einfach keiner der Songs für den Rest des Albums repräsentativ ist. Das hat zwar den Vorteil, dass mehr oder weniger für jeden etwas dabei ist und das Album als Ganzes trotz vereinzelter Durchhänger nie langweilig wird, LORD AGHEROS opfert dafür jedoch den natürlichen Fluss des Albums, der durch die fast durchgehend traurige Stimmung ansonsten gegeben wäre.

LORD AGHEROS hat demnach mit „Nothing At All“ ein außergewöhnliches, stimmungsvolles Album geschaffen, das darüber hinaus auch noch wesentlich professioneller eingespielt und produziert zu sein scheint als die vieler anderer Underground-Solo-Künstler. Die Musik ist also zweifelsohne interessant und entbehrt jeder einengenden Genre-Kategorisierung. Dass das Album aufgrund dieser Sprunghaftigkeit an Kontinuität verliert, ist jedoch ziemlich bedauerlich, sodass „Nothing At All“ nicht ganz so sehr beeindruckt, wie es das eigentlich könnte. Aufgeschlossene Hörer sollten dennoch reinhören, für sich genommen sind die Tracks überaus gelungen.

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Wertung: 7 / 10

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2 Kommentare zu “Lord Agheros – Nothing At All

  1. Gehört mit zum Schönsten, was ich dieses Jahr gehört habe. Ja, strukturell komplett verplant und unzusammenhängend. Aber wirklich schön. Würde deswegen sogar selber noch ein Pünktchen mehr geben. :)

    1. Ja, ich versteh dich da voll und ganz. Ich hätte anfangs auch eine höhere Wertung angedacht und finde es auch wirklich toll, aber letztlich hat mich diese Ziellosigkeit doch ein wenig gestört. Nichtsdestotrotz ein wirklich schönes Album, ganz besonders das Piano und die leider viel zu kurzen, atmosphärischen Leads in „Life And Death“.
      Freut mich jedenfalls, dass es dir auch so gefällt. :)

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