Review Markus Keimel – Wörter haben Seele

Als Redakteur eines Musikmagazins rezensiert man in der Regel Musik. Klar. Oder zumindest etwas Musikrelevantes, wie beispielsweise einen Bildband über eine Band. Die wenigsten legen einen Fokus auf den geschriebenen Teil des Ganzen, eben auf die Texte und auch die, die es tun, tun es meistens im Nebensatz. Nun sehe ich mich mit einer ganz neuen Herausforderung konfrontiert. Der Österreicher MARKUS KEIMEL hat mit „Wörter haben Seele“ einen Gedichtband vorgelegt und zur Besprechung vorgelegt.

Bedeutungsschwanger ist der Titel ja schon, trotzdem habe ich eine Weile gebraucht, um Zugang zu finden. Das liegt wohl nicht zuletzt daran, dass es eine gehörige Portion Konzentration braucht, um alleine aus Wörtern, nicht aber aus Klängen, die entsprechende Essenz zu ziehen. Aufgeteilt ist das gut 50-seitige Büchlein in vier Kapitel: 1. Der Abgrund, 2. Weltenrausch, 3. Die Erkenntnis und 4. Melancholie und Seelensturm. Die Stimmung schwankt entsprechend der Titel von Kapitel zu Kapitel. Besonders „Weltenrausch“ zeigt den Autor von einer ausgesprochen positiven Seite, einzelne Titel heißen hier beispielsweise „Sommerglorienschein“, „Lebenselixier“ oder „Das Strahlen der Sonne“. Die einzelnen Stücke sind dabei sehr unterschiedlich lang, telweise ist nach vier Zeilen alles Notwendige gesagt, manchmal sind es aber auch mehrere Strophen zu acht oder mehr Zeilen. Inhaltlich fühlt man sich teilweise an Dornenreich oder Empyrium erinnert, was möglicherweise an der niveauvollen deutschen Sprache liegt, andererseits aber vielleicht auch an einem gewissen Sturm und Drang, der aus den Zeilen dringt. Manchmal übertreibt es MARKUS ein wenig oder sagen wir es besser: manchmal entgleiten ihm die Worte ein kleines wenig, aber dies ist ja ein altbekannter Schwachpunkt der deutschen Sprache. Viele Sätze klingen einfach komisch, wenn das Verb aus Reimzwecken am Ende steht („Bis eines Morgens Tau sie wird wecken“), was im englischen will-future einfacher zu lösen ist.

Der logische Aufbau des Buches scheint auf der anderen Seite wiederum sehr interessant zu sein. Die Texte und ihre Aufteilung in die einzelnen Kapitel lässt eine Menge Spielraum für Interpretationen. Eine offensichtliche Deutung könnte auf einen manisch-depressiven Geist lauten, immer im Spannungsfeld zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. Aber wie gesagt, hier ist ein jeder selber aufgerufen, seine eigenen Ideen zu formulieren, so denn er bereit ist, mehr Zeit als üblich in die Texte zu investieren. Dabei bleibt es nämlich, ein rasches Drüberlesen ging vielleicht im Deutsch-Grundkurs noch ganz gut, wenn man aber wirklich etwas gewinnen will, sollte man sich etwas tiefer eindenken.

Keine Wertung

Publiziert am von Jan Müller

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