Review Metsatöll – Ulg

Den meisten dürfte der Name METSATÖLL (altestnischer Begriff für Wolf) noch nicht untergekommen sein, für diejenigen eine kleine Einführung: Das Quartett aus Estland gilt im Hartwurst-Bereich als eine der populärsten Bands ihres Heimatlandes und war im Laufe seiner bis 1999 zurückgehenden Karriere bereits weltweit live unterwegs, dabei unter anderem mit den weitaus bekannteren Genre-Kollegen Ensiferum und Finntroll. Dennoch konnten die vier Jungs hierzulande noch nicht über den Status eines Insider-Tipps hinauswachsen. Das versuchen sie wohl mit einer ordentlichen Portion Fleiß zu ändern, denn seit der letzten Langrille „Äio“ ist gerade mal ein Jahr vorübergegangen und schon haben sich die Wölfe wieder in die estnischen Wälder zurückgezogen, um fernab vom hektischen Alltag den Nachfolger „Ulg“ einzuheulen. Eher eine haarige Angelegenheit also? Schauen wir mal.

Gegen Ende des akustischen Intros „Agu“ kündigt sich bereits mit immer lauter werdendem Hämmern der eigentliche Opener „Sõjasüda“ an, der den Hörer jäh aus der nur kurz anhaltenden, entspannenden Atmosphäre herausreißt. Nach einem fließenden Übergang steigen nach und nach die Instrumente ein, die sich schließlich zu einer Blastbeat-Attacke mit schwarzmetallischen Leads vereinigen. Der Gesang, übrigens komplett in der Landessprache gehalten, gibt sich hingegen Folk Metal-typisch: Tiefe, klare Stimmen, sehr melodiös, meist mehrstimmig vorgetragen und dadurch mit Chor-Charakter. Das fügt sich soweit auch ganz gut ins Gesamtbild der Produktion ein, die druckvoll und transparent ausgefallen ist.
Mit „Sõjasüda“ ist der heftigste Moment des Albums auch schon vorüber, doch einen Hochgeschwindigkeitswettbewerb wollen METSATÖLL ohnehin nicht gewinnen. Die Songs auf „Ulg“ warten mit viel Abwechslungsreichtum auf und versprühen dabei mal melancholische, mal fröhliche Stimmung, ohne bei letzterem in stumpfe Party- und Biersaufmusik auszuarten. Mit der Radio-Single „Kivine Maa“, ein Midtempo-Groover mit Ohrwurmpotenzial und Mitgrölrefrain, hat der Vierer definitiv ins Schwarze getroffen. „Küü“ und „Muhu Õud“ bieten neben sehr originellem Drumming auch schöne Instrumental-Parts, in denen sich Dudelsack und Flöte zu rockig-zackigen Beats gesellen, während „Kahjakaldad“ nach der instrumentalen Verschnaufpause „Isata“ mit seinem A capella-Intro, der Doublebass-Salve mit Flötenuntermalung, dem thrashigen Refrain und der jazzigen Bridge wohl die kurzweiligste Nummer der Platte sein dürfte. Danach folgen mit „Tormilind“ und dem Titeltrack noch zwei geradlinige, etwas unspektakuläre Lieder, ehe die musikalische Reise nach Estland mit der Akustik-Ballade „Eha“ einen ruhigen Abschluss findet.
Ist der letzte Ton verklungen, wird deutlich, dass die Songs, so abwechslungsreich sie innerhalb ihrer eigenen Strukturen auch sein mögen, sich im Gesamtkontext des mittlerweile sechsten Albums der Esten jedoch allesamt sehr ähneln. Nach mehreren Durchläufen erhärtet sich dieser Eindruck auch eher, als dass sich eine gewisse Eingängigkeit einstellt. Hat auch jedes Lied seine schönen Momente, so muss sich doch das ein oder andere das Prädikat „Füller“ gefallen lassen. Vor allem im letzen Drittel geht „Ulg“ zunehmend die Luft aus.

Was übrig bleibt, bewegt sich aber immer noch im soliden Bereich und ist vor allem richtig schön heavy. Die Grundlage bilden diverse Metal-Subgenres, die mit Folk-Einflüssen vermischt werden, und nicht umgekehrt. Wer die Band schon kennt und am Vorgänger-Album Gefallen gefunden hat, kann bedenkenlos zugreifen, denn seit letztem Jahr hat sich im Hause METSATÖLL musikalisch nahezu nichts geändert. Hörer der eingangs erwähnten Gruppen dürften es auch nicht bereuen, den Balten mal einen schelmischen Blick zuzuwerfen.

Wertung: 6.5 / 10

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