Review Mindahead – Reflection

Eine Progressive-Extreme-Metal-Band mit einer Frau als Leadsängerin? Wer in letzter Zeit im Metal-Bereich seine Augen und Ohren offen gehalten hat, dürfte nun wohl gleich an Oceans Of Slumber denken. Ebenjene Beschreibung trifft allerdings auch auf die Italiener MINDAHEAD zu, die mit „Reflection“ ihr gut einstündiges Debüt vorlegen. Im Gegensatz zu ihren texanischen Zeitgenossen verzichten die sechs aufstrebenden Italiener jedoch auf Anleihen aus Black und Doom Metal, sondern verhärten ihre progressive Musik ausschließlich mit kräftigem Death Metal.

Davon merkt man anfangs noch rein gar nichts, denn im Gegensatz zu dem zweifelsfrei interessanten, aber nicht gerade bahnbrechenden Textkonzept über eine fiktive Zukunft, in der die Gedanken der Menschen systematisch kontrolliert werden, ist die Musik, die MINDAHEAD spielen, überaus unkonventionell. So folgt auf den Titeltrack – ein düsteres Piano-Intro – mit „Remain Intact“ nicht etwa gleich ein derber Todesmetallausbruch, sondern ein fließender Übergang in eine verträumte, Ambient-artige Klangwelt mit reduzierten, atmosphärischen Gitarren und Bass. Erst nach ungefähr zwei Minuten holen MINDAHEAD zum metallischen Befreiungsschlag aus, es bleibt jedoch weiterhin sehr melodisch.
Diese Unvorhersehbarkeit ist bezeichnend für die Strukturen auf „Reflection“ und bereits früh wird klar, dass MINDAHEAD damit genau richtig gefahren sind. Denn auf diese Weise halten die Italiener praktisch durchgehend die Spannung hoch, obwohl das Album als solches dadurch auch ziemlich sperrig erscheint. Selbst nach einigen Durchläufen bleiben nur ein paar Passagen zuordenbar im Gedächtnis, doch das macht nichts, da man dadurch stets dazu verleitet ist, sich noch eingehender mit den anspruchsvollen, facettenreichen Songs auseinanderzusetzen. Zwischen abgefahrenen, variablen Longtracks wie dem beinahe elfminütigen „Amigdala“ wissen MINDAHEAD jedoch auch, sich zurückzunehmen, sodass reduzierte, melancholische Akustik- bzw. sphärische Clean-Phasen (oder ganze Tracks wie das ergreifende „Farewell“) vor allem wegen ihrer Emotionalität und Stimmung beeindrucken.
Der Gesang von Kyo Calati ist schon ganz ordentlich, wenn auch nicht allzu besonders, die Screams hingegen klingen leider viel zu gepresst, da hätten MINDAHEAD den Fokus lieber auf die vereinzelten tiefen Growls legen sollen. Instrumental lässt sich das Sextett jedoch überhaupt nichts zu Schulden kommen: Die Riffs und Soli sind verspielt, melodiös und heavy zugleich, am Bass wird sich ordentlich ausgetobt und Drummer Matteo Ferrigno wartet mit Double-Bass, Blasts und vertrackten Rhythmen auf. Sogar bisweilen symphonische Keyboards kann man heraushören, hier übertreiben es MINDAHEAD gelegentlich jedoch mit dem Pathos.

Trotz einiger kleiner Schwachpunkte kann man das Erstlingswerk von MINDAHEAD bedenkenlos als gelungen bezeichnen. Die italienischen Prog-Deather haben darauf atmosphärische und technisch komplexe Elemente miteinander verbunden und somit ein Album kreiert, auf dem etwaige Genre-Standards zur rechten Zeit umgangen werden, ohne dabei zu sprunghaft vorzugehen. Noch ist da ein wenig Luft nach oben, doch die werden MINDAHEAD in Zukunft vielleicht auch noch verdrängen, darum sollte man ihren Werdegang auf jeden Fall weiter verfolgen.

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Wertung: 7.5 / 10

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