Review My Silent Wake – Invitation To Imperfection

  • Label: Opa Loka
  • Veröffentlicht: 2017
  • Spielart: Ambient

Nicht selten kommt es vor, dass eine Band ihren Sound innerhalb des ihr zugeordneten Genres merklich verändert oder gar Einflüsse anderer Spielarten inkorporiert, was seitens der Hörerschaft nicht immer auf Zustimmung stößt. Den britischen Doom-Metallern MY SILENT WAKE dürfte die Erwartungshaltung etwaiger Fans jedenfalls völlig einerlei sein. Nachdem das Quintett in der Vergangenheit schon rein akustische („Preservation Restoration Reconstruction“) oder pure Ambient-Alben („Eye Of The Needle“) herausgebracht hat, legt es nun mit „Invitation To Imperfection“ noch eine Schippe drauf. Mit ihrem neunten Album in nur zwölf Jahren Bandgeschichte hauen die Briten nämlich einfach mal so eine 73-minütige Platte raus, deren „Doomed Dark Ambient“ im Wesentlichen aus Neoklassik, Neofolk und Ambient besteht.

Wer einen Anhaltspunkt braucht, um sich dieses gewagte Experiment von MY SILENT WAKE etwas besser vorstellen zu können, der denke an eine eigentümliche Mischung aus der majestätischen Tristesse von Arcana und der Naturverbundenheit von Of The Wand And The Moon. Mit den besagten Einflüssen jonglieren die (ehemaligen) Doom-Metaller im Verlauf der 14 Tracks einfach so vor sich hin, als wäre es das Leichteste der Welt. Hypnotische, von kratzigen, tristen Geigen geprägte Nummern wie „Helgar Kindir“ liefern sich einen Staffellauf mit minimalistischen Ambient-Arrangements wie dem sphärischen „Nebula“ oder dem düsteren „Volta“, bei welchem MY SILENT WAKE ihre frostigen Keyboard-Töne wie Eiszapfen in die Ohren des Hörers fallen lassen.
Am eindringlichsten ist der Zauber, der von den überwiegend instrumentalen, nur selten mit einfühlsamem Klargesang ausgestatteten Tracks der Truppe ausgeht, in den ungewöhnlichen Neofolk-Arrangements, die einen seltsamen, mittelalterlich naturmystischen Charme ausstrahlen. So zum Beispiel „Bleak Spring“ mit seinen sanften Akustikgitarren und kraftvollen Trommeln, aber auch das seinem Titel alle Ehre machende „Tempest“ mit seinen aufgeweckten, sich immer mehr auftürmenden Flöten. Im über 21 Minuten langen „Melodien der Waldgeister“ fühlt man sich durch die Samples sogar gänzlich in einen wundersamen Hain versetzt, während man MY SILENT WAKE dabei belauscht, wie sie sich mit festem Schritt einen Weg bahnen, hin zu einer immer wiederkehrenden, entfernten Flötenmelodie, die uns regelrecht zu sich ruft.
Die beklemmenden Ambient-Songs erfüllen im Gegensatz zu den mittelalterlichen Kompositionen zwar durchaus auch ihren Zweck, eine einengende Atmosphäre heraufzubeschwören, zehren zum Teil aber doch ein wenig an den Nerven wie zum Beispiel das siebenminütige „Aventurine“, das kaum mehr als ein lautes Dröhnen darstellt.

Leicht machen es MY SILENT WAKE ihren Hörern definitiv nicht und das nicht nur aufgrund ihres erneuten Genre-Wechsels, sondern auch durch die Musik per se. An manchen Stellen scheint den fünf musikalischen Chamäleons ihre Experimentierfreude ein wenig zu sehr zu Kopf zu steigen, dennoch muss man „Invitation To Imperfection“ attestieren, dass nahezu jeder darauf enthaltene Track mehr oder wenig atmosphärisch ist. Das lässt sich unter anderem auf die stimmige Produktion zurückführen, die glasklar, aber doch an den richtigen Stellen unnahbar wirkt. Trotz seiner Schwächen ist das neunte Full-Length der Briten somit eine äußerst interessante Ansammlung von auf das Nötigste reduzierten, eigentümlichen Songs, die zum nachdenklichen Tagträumen verleiten.

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Wertung: 7 / 10

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