Review Nachtvorst – Silence

(Black Metal / Doom / Post Rock) Man muss es wohl leider so sagen, wie es ist: Direkt nach Punk Rock gibt es wohl in keinem Musikbereich eine größere Anzahl an beliebigen und oft auch schlechten Bands wie im Metal. Dass vor allem der Bereich des Black Metal hinsichtlich der Produktionsstandards selbst bei großen und erfolgreichen Bands meistens nur knapp über unterirdisch liegt, macht das Ganze nicht besser. In den letzten Jahren hat allerdings eine Entwicklung eingesetzt, die sich zwar der musikalischen Grundmuster dieses Genres bedient, über dessen Grenzen allerdings weit hinausgeht und verschiedene Stile inkorporiert – der Anspruch an die eigene Musik ist bei diesen Bands dann im technischen und musikalischen Bereich, eben auch hinsichtlich der Produktion so hoch, dass dabei nur in den seltensten Fällen beliebige Ware herauskommt. Im Falle von „Silence“, dem zweiten Album der Holländer NACHTVORST liegt nun ein Album vor, welches sich nicht hinter den sogenannten „Großen“ des Genres verstecken zu braucht, sondern diesen sogar vorführen kann, wie man eine unglaublich dichte und fesselnde Atmosphäre kreiert.

Die Ankündigung, dass auf „Silence“ im Vergleich zum experimentellen Black Metal des ersten Albums „Stills“ noch stärker auf Einflüsse von Doom Metal, Post Rock und Klassik gesetzt werden sollte, bewahrheitet sich bereits im Opener „The Serpent’s Tongue“: Ein düsteres Doomriff schleppt sich ätzend und repetitiv vorwärts, bis der grunzende Gesang von Erghal von einem Sludge-Metal-Riff erbarmungslos über den Boden geschleift wird. Nach 5 Minuten fährt die Gitarre in den Hintergrund, um Raum für schleppende und melancholische Klaviertöne zu machen, welche von verhalltem, verzweifelten Geschrei im Hintergrund flankiert werden. Dass danach weiche, gezechzehntelte Gitarren die Vorherrschaft übernehmen und so die bereits vorhandene Fläche noch viel größer machen ist beinahe Formsache. Dabei wirkt das alles nie aufgesetzt oder gewollt zusammengekleistert, sondern in sich schlüssig und fesselnd.

Die wunderschöne Klavier-Cello-Ballade „After…“ würde so auf keinem Olafur Arnalds Release auffallen, dient allerdings nur als Überleitung zu blackened Hardcore von „Nightwinds“, welcher – man möchte fast sagen: natürlich – über seine Spielzeit auch Ausflüge Richtung düsterster Doom und gewalttätigsten Sludge antritt. Die erste Hälfte von „Gentle Notice Of A Final Breath“ wiederum geht als melancholische, sogar mit hoffnungsvollen Töne angereicherte, riesige Fläche durch, die nur von einigen Krächzern von Erghalt unterbrochen wird, bevor die pure Aggression und Verzweiflung losbricht, noch einige Berg- und Talfahrten auf sich nimmt, um schließlich abrupt abzubrechen, den Pianoklängen von „…before“ den Weg freizumachen, welche in das abschließende Epos und absolute Albumhighlight „A Way Of Silence“ münden. Nach brutalem Riffing werden hier verträumte Sphären mit cleanem Hall-Gesang unterlegt, um schließlich in ein episches, beinahe erlösendes Riffing zu schwenken, nur um sich zum Schluss in einem Blast-Beat selbst aufzufressen.

Eigentlich ist es ja albern, eine derartige Song-By-Song-Review zu schreiben. Da auf „Silence“ über die gesamte Spielzeit von 52 Minuten jeder Song für sich herausragend ist und sich dabei das Album als Ganzes als pure Atmosphäre darbietet, gibt es kaum einen anderen Weg, diesem düsteren Obelisken gerecht zu werden. Sicherlich, ein paar Längen stellen sich hier und da ein, Erghals tiefer Gesang wird teilweise etwas zu gepresst und die Produktion könnte an manchen Stellen noch etwas fetter sein. Abgesehen von diesen kleinen Mängeln ist „Silence“ eines der beeindruckendsten und besten Alben aus dem Genre des atmosphärischen und experimentellen (Black-) Metal.

Wertung: 9 / 10

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