Review Nastrandir – Prayer To Earth

Nach einem in meinen Ohren ziemlich mäßigen Demo und einem unausgegorenen ersten Album legen nun die Lübecker von NASTRANDIR ihre zweite Langrille nach, um Fans und Kritiker eines Besseren zu belehren. Dass sich einiges ändern würde am Sound der Holsteiner kündete die Band bereits im Vorfeld an, und so bemerkt man oberflächlich anhand der Promo-Fotos schon gleich einen Einschlag, der sich auch musikalisch fortsetzen soll: Von heiterem Schunkel- & Gröhl-Heidentum hat sich die Band verabschiedet, „Prayer To Earth“ ist eine ganz schön ernste und tiefgründige Platte geworden.

Der gleichnamige Einstieg in die Scheibe macht mehr als deutlich, dass im Jahre 2009 andere Saiten an der Trave aufgezogen werden: Erstaunlich düster und heftig kracht der Titelsong aus den Boxen und erinnert in seiner düsteren Grundstimmung phasenweise an große norwegische Kollegen, ohne dabei ausgetretene Pfade zu gehen. Insbesondere die verstörenden synkopischen Drums und der markante Schrei im Refrain geht gewaltig unter die Haut. Ja, während der etwas platte Vorgänger noch eine ganz andere Zielgruppe bzw. eine andere Intention verfolgte, ist spätestens nach dieser Nummer klar, dass man im Strom der ewig heiteren Pagan Metal-Bands nicht (mehr) mitschwimmen möchte.

Dass dies eine verdammt gute Entscheidung war, beweisen auch die restlichen sechs eigenen Stücke: „When I’ll Die“ macht im Midtempo kräftig druck und baut zumindest zwischendurch noch einen gemischten Chor ein. Vor allem aber der Mittelteil von „Prayer To Earth“, namentlich „Bloodred Horizons“ und „Evernight“ steuern, bildlich gesprochen, das Schiff direkt in eine abgründige Unterwelt. Phasenweise doomt es ganz gewaltig, um gleich darauf hin die rasende Black Metal-Keule hervorzuholen und später Psychedelic Rock-Elemente aufzutischen. Zudem gibt noch der Produzent Michael Hahn – der darüber hinaus ganze Arbeit geleistet hat – ein Gastspiel als Sänger und gibt mit seiner hypnotischen Stimme „Evernight“ eine besonders fiese Note.

Die einzige Nummer, die man noch mit viel gutem Willen auf den Vorgänger hätte platzieren können, ist das epische „Rise Of Runes“. Doch auch bei dieser Nummer machen NASTRANDIR alles besser und fast alles richtig, so dass sich der Song zu einem hartnäckigen Ohrwurm und potentiellen Bühnenbomber entfaltet. Grandios ist auch das Outro dieses Stückes, wo Chöre, Flöten und Streicher eine verträumte Melodie nach und nach verabschieden.

Nachdem bereits fast eine Stunde Spielzeit mit den eigenen Songs abgelaufen ist (der kürzeste hat noch knapp sieben Minuten), folgt noch ein beachtlicher Tribut an den Gründer des Genres, was sich der geneigte Hörer nicht entgehen lassen sollte. Zwar stammt „Gods Of Thunder Of Wind And Of Rain“ noch aus der 2007er-Aufnahmesession, macht aber auch auf dieser 2009er-Platte noch eine gute Figur.

Viel Schwelgerei, möchte mancher Leser nun denken, was spricht denn überhaupt noch gegen „Prayer To Earth“? Ja, viel ist es nicht, was ich noch auszusetzen habe. Allenfalls will ich festhalten, dass die beiden deutschsprachigen Lieder nicht ganz so zwingend sind wie der Rest. Dann wären da nur noch Kleinigkeiten wie der etwas harte Bruch zum Refrain in „Rise Of Runes“, die ein wenig die Mine verziehen lassen.

Wer davon absieht, findet in NASTRANDIRs aktueller Platte ein gewaltiges Werk. Mit einem abwechslungsreichen, tiefgründigen, vielschichtigen, emotionalen und eigenständigen Stück Musik haben die Lübecker es allen Zweiflern gezeigt und beweisen, dass ein mäßiges Debüt nicht bedeuten muss, dass die Band gleich abzuschreiben ist. Nein, liebe Freunde des anspruchsvollen Pagan Metals, merkt euch diese Gruppe!

Wertung: 9 / 10

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