Review Öxxö Xööx – Rëvëürt

Liest man Sätze wie ÖXXÖ XÖÖX means 69 (make love, not war ;))., We are very sensible to the cause of animals and their ecology. oder auch We love you with all our heart… art will save the world“ im Promo-Schrieb einer CD, deren Artwork mit Batik-Mustern geziert ist, könnte man meinen, man habe es mit den letzten aktiven Hippies zu tun – im Falle der Franzosen ÖXXÖ XÖÖX (make love, not war!) liegt man damit aber nur bedingt richtig: Denn auch, wenn die drei Franzosen offenbar am liebsten die Welt in ihre Arme nehmen würden, um ihr ein liebevolles „Keine Angst, wir sind ja da“ ins Ohr zu säuseln – klingt dieses doch zumindest musikalisch nach allem außer verschwurbeltem Hippie-Sound.

Stattdessen bieten die drei Umlaute-Fans auf „Rëvëürt“ eine wirklich individuelle, vor allem aber vielseitige Mischung diverser Spielarten, quer durch alle Genres: So können an der Kunst der Band, die sich live gerne als Bäume und Steine verkleidet, wohl Gothic-Anhänger genauso ihre Freude haben wie aufgeschlossene Black Metaller – Fans progressiver Klänge sowieso.
Gleich der Opener, „Ägörth“, ist eine wahre satura lanx: Streicher, Cembalo und cleane Gitarren finden hier ebenso Verwendung wie Distortion-Gitarren und Doublebass – den wahren Mittelpunkt der Komposition nimmt jedoch der Gesang von Laure Le Prunenec und Laurent Lunoir ein, welcher von Klargesang bis zu Screams wahrlich vielseitig ist und durch seine Wechsel fast opernhaft arrangiert wirkt. Dass die Doublebass dabei etwas arg steril aus dem Songkonstrukt heraushämmert, mag zunächst noch etwas irritieren, ist über die Musik als solche jedoch schnell vergessen…
Wo derartige Vielfalt bei anderen Bands schnell in Chaos oder überladenen Kitsch ausarten würde, verstehen es ÖXXÖ XÖÖX dabei hervorragend, dem Ganzen eine wohlklingende Form zu geben – und den Hörer so schon in diesem ersten Song die Zeit vergessen zu lassen.
Von The Kovenant über Ram Zet bis hin zu Septicflesh oder Dødheimsgard ist hier irgendwie alles zu finden, und doch trifft keiner der Vergleiche den Nagel auf den Kopf. Am ehesten könnte man vielleicht Pensées Nocturn ins Feld führen, jedoch weniger als direkten musikalischen Vergleich, ist deren Werk doch um einiges düsterer und schwarzmetallener gehalten als auf der hier vorliegenden CD, als vielmehr der ausgeprägten Vielseitigkeit und Individualität wegen.
Richtiggehend gefühlvoll wird es mit „Ämä“, welches mit Klavier und emotionalem Gesang fast balladeske Züge annimmt – ohne dabei jedoch über die Stränge zu schlagen. Allgemein verstehen es ÖXXÖ XÖÖX wahrlich gut, geschmackvoll mit den Elementen umzugehen, die sie in ihre Musik einfließen lassen, und schaffen es so, mit Industrial-Elementen zu arbeiten, ohne nach Industrial zu klingen, Black Metal-Elemente zu verwenden, ohne sich in die Black Metal-Schublade stecken zu lassen, und gefühlvoll zu komponieren, ohne als Emo abgestempelt zu werden.
Spätestens als ÖXXÖ XÖÖX mit „Nöc Säë“ auch noch den Doom Metal bemühen und mit weiblichem Klargesang arbeiten, ist klar, dass dieses Trio wirklich jegliche Scheu vor Genregrenzüberschreitungen abgelegt hat – sehr zur Freude des euphorisierten Hörers.

„Rëvëürt“ ist kein Album für die breite Masse, da die meisten Hörer sich wohl an einem der zahlreichen Bausteinchen, aus denen ÖXXÖ XÖÖX ihre Musik aufbauen, stören und sich davon den Genuss dieser Scheibe verderben lassen. Wer jedoch offen genug ist, sich von dieser Vielfalt nicht die Freude verderben zu lassen, findet in dem Album ein kleines Meisterwerk avantgardistischer Kompositionskunst, das eigentlich nur insofern über sich selbst stolpert, als 77 Minuten Spielzeit für eine derart eigensinnige Stilrichtung fast zu viel sind, um nicht doch irgendwann etwas anstrengend zu werden…

Wertung: 9 / 10

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