Review Off The Hook – The Walk

Es ist immer wieder erfrischend, wenn man es mit Bands zu tun bekommt, die nicht auf bestehende Trend-Züge aufspringen (das passiert oft), ihnen hinterherrennen (noch öfter) oder sich daran festhalten und dabei nach 100 Meter kläglich den Halt verlieren (vermutlich am öftesten). OFF THE HOOK aus Berlin gibt es seit 2008 – seit eben diesem Jahr hat auch ihre Stil Bestand, der laut Bandbio ganz ohne den „We-beat-the-shit-out-of-you“-Swagger auskommt. Das ist schon insofern erfreulich, als ich in letzter Zeit viel mit jenen Bands zu Gange war, die nur daraus ihre Daseins-Berechtigung herleiten. Wie auch immer, OFF THE HOOK gehen „The Walk“, unbeirrt aller Hindernisse…

…und das mit festem Schritt. Der Hardcore-Punk der Band ist dermaßen geradlinig und kommt dabei auch noch komplett ohne überflüssige Metal-Einflüsse aus, dass es ein wahrer Genuss ist. So hat man es hier mit einem rohen Hardcore-Release zu tun, das sich in dieser Form zuletzt vielleicht 2005 von den großartigen Comeback Kid gegeben hat („Wake The Dead“). Der Opener “The Walk” eröffnet mit einer rückkoppelnden Gitarre, die langsam lauter wird, bevor ein druckvolles Hardcore-Riff einsetzt, in einen temporeichen Song überleitet, worauf fast umgehend ein klassischer Moshpart folgt. Und so geht es munter weiter, jedes Lied ist ein kleines Highlight. OFF THE HOOK verstehen es unheimlich gut, druckvolles Hardcore-Midtempo mit punkigen, Circle-Pit-tauglichen Uptempo-Passagen zu kombinieren. Dabei macht auch die Gitarrenfraktion ihre Arbeit richtig gut, jedes Riff wirkt durchdacht, sehr oft nehmen sich die beiden Klampfer auch zurück, um den Sänger der Band, der dann nur im Zusammenspiel mit dem Schlagzeug agiert, den Vortritt zu lassen. Darüber hinaus ist die Menge an schweißtreibenden Moshparts, die OFF THE HOOK in ihre Lieder integrieren, atemberaubend – als Hörer kommt man nicht zur Ruhe, da selbst vor der heimischen Anlage das Tanzbein zuckt. Wer bei Songs wie „Falling Down“ oder „Hour Glass“ nicht das Bedürfnis verspürt, sich in den Moshpit vor der Bühne zu stürzen, kann einfach nur nicht richtig hingehört haben.
Zwar ist das ganze Songmaterial sehr geradlinig, aber auch simpel gestrickt – dennoch kann man von „The Walk“ kaum ablassen, wenn eine Band es schafft, von vorne bis hinten Lieder zu schreiben, die mit einer derartigen Wucht explodieren, wie es „Almost Forgotten“ und „Rise Up“ tun oder eine derart emotionale Stimmung aufbauen wie „Come Home“.

Ein Manko von “The Walk” ist in meinen Augen der Bass-Sound: Wo die Gitarren und Drums verdammt urig produziert sind und maßgeblich zum mitreißenden Gesamtcharakter des Albums beitragen, ist der Viersaiter kaum zu hören – schade, lässt sich doch durch dynamisch abwechslungsreiches Bass-Spiel und das ein oder andere Zwischenspiel gerade beim hier dargebotenen Stil nochmal einiges an Atmosphäre aufbauen und noch stilvoller auf die Zerstörung eines wüsten Moshparts hinleiten. Was solls: Jeder Hardcore-Fan, der gerne um zehn Jahre zurückblickt, den Lärm und die dicke Luft eines überfüllten, hitzigen Provinzschuppens bei sich zu Hause spüren möchte, dürfte bei „The Walk“ feuchte Augen bekommen.

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Pascal Stieler

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