Review Pain Of Salvation – Be

Dass man von Pain Of Salvation keine leichte Kost geliefert bekommt, dürfte einem auch schon vor dem Verzehr von „Be“ bewusst sein. Und auch wenn mir zum großen Teil die Vergleichsmöglichkeiten fehlen, ist das neue Werk wohl alles andere als einfacher oder weniger komplex als ihre alten Werke. Allein schon das Konzept über den Sinn, das Geheimnis und die Entstehung der Menschheit ist ein überaus komplexes und tiefschürfendes Thema, dass auf den ersten Blick in seiner Gesamtheit vielleicht schon etwas zu komplex für ein Album erscheinen mag.
Unterteilt ist das ganze in vier Kapitel plus Einleitung und Abspann, die Songtitel tragen alle lateinische Namen. Im Booklet findet man die Entstehungsgeschichte des Albums, Buchmaterial welches als Vorlage diente, Theorien, Daten, Fakten und Zahlen – aber keinerlei Songtexte.
Auch die „normale“ Liste an Instrumenten reicht Daniel Gildenlöw hier nicht aus. Ein neunköpfiges Orchester bestehend aus Violinen, Cellos, Flöten, Tubas etc. steht hier bereit um eine tragende und essentielle Rolle in den 15 Stücken zu übernehmen, ohne es funktioniert hier gar nichts.

Den Einstieg in das Album muss man sich jedenfalls schon mal schwer erarbeiten. Nach dem düsteren Intro folgt mit dem noch düstererem „Deus Nova“ eine Art Hörspiel, hier werden mit steigender Dramatik nur die steigende Zahl der Weltbevölkerung aufgezählt, untermalt von schweren Riffs. Mit dem nicht gerade überragendem und eher durchschnittlichen Folk-Stück und dem fünfminütigem Orchester-Alleingang „Pluvius Aestivus“ sind dann bereits fünfzehn Minuten vergangen, und so richtig viel passiert ist noch nicht, eher mutet die ganze Chose wie ein überlanges Intro an. Die Zeit hätte man allerdings auch besser nutzen können. Das erste „richtige“ Lied ist „Lilium Cruentis“. Sanfter Sprechgesang und beruhigende und leise Töne dominieren hier, nur selten schleicht sich eine etwas rockigere Stelle ein, die klingt dann aber – auch durch den dann schon fast gerappten Gesang – an diverse Crossover-Kapellen. Ist natürlich Geschmackssache, aber aus meiner Sicht zieht das einen ansonsten guten Song etwas runter.
„Nauticus“ ist dann wieder… hm, es ist eigentlich ziemlich überflüssig. Mehr als fünf Minuten Langeweile kommt hier nicht raus, die Griffbrettzupferei ist recht belanglos und der gospelmäßige Gesang ist dann auch wieder etwas, dass mich nicht begeistern kann. Das zehnminütige „Dea Pecunial“ beginnt zwar ein klein wenig vielversprechender, ist aber auch nicht viel mehr als ne chillige Orchester-/Gospel-Nummer ohne Überraschungen.

Das dritte Kapitel beginnt mit „Vocari Dei“, einem vom instrumentalen recht fröhlichen Stück. Über die lockere Melodie wurden Anrufbeantworteraufnahmen gelegt, bei denen POS-Fans negative Meinungen und schlechte Erfahrungen über Gott sprechen. auch damit weiß ich nicht sonderlich viel anzufangen, aber zum Glück schwenken Pain Of Salvation nun mal darauf um, richtige Songs zu präsentieren: „Diffidentia“ wechselt wieder zwischen lieblich-verträumten Momenten und New-Metal-lastigem Riffing sowie Rappen und der besseren Seite von Gildenlöws Stimme… Wenn er seine Rockstimme einsetzt oder auch nur leise und zurückhaltend, ja gar schon zerbrechlich singt, klingt der Mann einfach nur überaus genial. Das anschließende „Nihil Morai“ ist eine wunderschöne Piano-Ballade, die sogar ohne triefenden Kitsch auskommt und sich mit der Zeit immer mehr steigert.
Nach dem endlich mal gut platzierten Instrumental „Latericus Valete“ steht auch das kurze „Omni“ an der richtigen Stelle. Langsam und einfühlsam, Herr Gildenlöw macht dieses Stück mit der Hammondorgel zu einem Stück purer Emotion und daran schließt auch „Iter Impius“ an, einfach Wahnsinn diese Stimme, diese Gefühle, die er in seine Vocals legt. Auch der letzte Song „Martinus / Nauticus II“ vor dem 30-sekündigen Outro beginnt recht langsam, aber dramatisch, später hat das Stück sogar ein wenig Latino-Flair, was auch sehr gut reinpasst.

Am spätestens dem neunten Track konnte mich „Be“ mitreißen und teilweise sogar begeistern. Leider aber ist die erste Hälfte des Albums teilweise sehr belanglos und langweilig geraten, dass man das schon in großem Maße bemängeln muss. Klar, das Album ist überaus experimentell und der Mut der Band zu diesem Werk muss respektiert werden. Aber die ersten 40 Minuten ist grob gesagt bis auf die Lieder 3 und 5 kein einziges „richtiges“ Lied dabei, sondern eher eine Aneinanderreihung von Intros und Zwischenspielen, die endlos in die Länge gezogen werden.
„Be“ ist wohl auch eher als Musical als ein Progressive Rock- (oder was auch immer) Album zu verstehen, nicht umsonst dauerte es wohl ein ganzes Jahr, bis das Material von der Bühnenshow ins Studio wanderte und auf CD gepresst wurde.Sehr möglich, dass eingefleischte Fans der Band eine ganze Wagenladung mehr Spaß an der Scheibe haben werden als ich. Möglicherweise ist mir der verworrene Stilmix aus fast allen erdenklichen Genres von Progrock über Jazz, Blues, Soul und Gospel auch noch zu New Metal etwas zu ausgefallen, zumindest darf man hier kein Album erwarten, welches mit metallischen Momenten aufwarten kann.
Meine Bewertung ist daher auch absolut nicht richtungsweisend oder beachtenswert zu sehen, sondern hier völlig subjektiv, da es mir bei diesem Album leider nicht anders möglich ist. Bei so ziemlich allen Magazinen fällt die Bewertung ja besser aus als bei mir, also nicht hauen, falls ich hier ein Meisterwerk verkenne… ;-)

Wertung: 6.5 / 10

Geschrieben am 5. April 2013 von Metal1.info

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