Review Pretty Maids – Motherland

Beginnen wir mal mit etwas ganz Anderem. Frühstücken ist eine Glaubensfrage. Statistiken legen immer wieder nahe, dass die Deutschen am liebsten Müsli futtern, beliebt sind aber auch Süßwaren, Toast oder gar nichts. Ganz ab von den geschmacklichen Unterschieden gibt es bei der Wahl des Lebensmittels zum Tagesstart einen entscheidenden Unterschied: Wie lange bleibt man davon satt? Ein Müsli ist nicht unbedingt der kulinarische Hochgenuss, aber wer es isst, braucht lange nichts nachlegen und kann eine ganze Zeit am Stück arbeiten (oder, für die Studierenden unter uns: rumdödeln). Wer sich hingegen für einen Marmeladentoast entschieden hat, hat unzweifelhaft etwas Leckeres vor sich und Spaß am Essen, wird aber zwangsläufig bald wieder hungrig sein. Warum das ganze Gefasel ums Frühstück? Nun, „Motherland“ von den PRETTY MAIDS ist einwandfrei ein Marmeladentoast.

Und ein dick bestrichener, will man ergänzen. Kein Wunder, handelt es sich doch um das immerhin elfte Studioalbum der dänischen Melodic Rocker, man sollte meinen, dass die wissen, was sie tun. Und so arbeitet sich die Band routiniert durch das Album. Es gibt mit „Mother Of All Lies“ einen etwas bösen Kracher am Anfang. Danach geht es durch das ganze Spektrum der Band: „To Fool A Nation“ ist ein Midtempo-Stampfer, „The Iceman“ ein gut gemachter schnellerer Song mit coolem Refrain und auf „Sad To See You Suffer“ gibt es die erste von immerhin drei obligatorischen AOR-Kuschelrocknummern (später folgen „Infinity“ und „Bullet For You“). In dieser Taktung dreht die Band noch zwei weitere Runden auf „Motherland“ und dann ist Schluss. Dabei liefern PRETTY MAIDS noch einige gute Songs ab, wirklich etwas ändern tut sich auf „Motherland“ aber nicht mehr. Dennoch sollte man ein paar Lieder noch besonders hervorheben: „Why So Serious“ und „Who What Where When Why“ sind zwei wirklich gute, straighte Rocksongs mit gelungenen Refrains und einem gewissen Ohrwurmpotential. Verzichten hätte man hingegen auf „Bullet For You“ und „I See Ghosts“ können, denen beiden der Geruch des Füllmaterials anhaftet.

Soundtechnisch gibt es auf „Motherland“ den typischen Klang der PRETTY MAIDS: Modern produzierten, mit ordentlich Hall ausgestatteten Hard Rock mit dominanten Keyboards und Ronnie Atkins charakteristischer Stimme. Manchem Gitarrenfreund wird das Keyboard zu präsent sein, aber das ist letztlich eine Geschmacksfrage. Keine hingegen sind die Lyrics – viele Texte stammen aus dem Standardrepertoire des Hard Rocks („Sad To See You Suffer“) oder sind auf andere Art und Weise ordentlich flach, wie die reichlich oberflächliche Politikkritik in „Mother Of All Lies“ – Politiker sind ausnahmslos böse Lügner, habt ihr verstanden? Nein? Dann wiederholt die Band es gerne noch mal für euch. Ähnlich simpel, aber mit positivem patriotischem Vorzeichen geht es auf dem Titeltrack „Motherland“ zur Sache.

Und so sind wir wieder beim Marmeladentoast-Problem. Was PRETTY MAIDS hier aufgenommen haben, macht durchaus Spaß. Es gibt ja auch kaum Kanten, an denen man sich stoßen könnte (das gilt auch für Produktion). Für einige Durchläufe hat man ein glattes, gefälliges Album aus dem Melodic Metal vor sich. Die Langzeitwirkung aber ist ein Problem. Die Songs sind derartig kalkuliert geschrieben, dass sie zwar schnell in den Kopf kommen, sich aber nicht lange darin halten können. Erstaunlich schnell bleiben Hooklines haften, aber sie verschwinden auch schnell wieder. Dass man an diesem Album auch vier Wochen nach dem Kauf noch etwas hat, will ich bezweifeln. Eben wie der Marmeladentoast: Gut im Moment, aber nach drei Stunden braucht man etwas Nahrhafteres.

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Marc Lengowski

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