Review Red City Radio – Titles

Es gibt ein schönes Wort in der deutschen Sprache: „erdig“. Nicht übertrieben, ehrlich, bodenständig, ungekünstelt. In Zeiten, in denen viele Bands zu übertriebenem Pathos neigen, auf der Bühne und in ihrer Musik sonstige Sperenzchen veranstalten und man sich eigentlich nur wünscht, zu spüren, dass die Musiker das, was sie da tun, einfach ehrlich meinen, ist es beruhigend zu wissen, dass neben alten Szenegrößen wie Chuck Ragan oder Dave Hause auch neuere Bands und Musiker existieren, deren Musik eine ganz eigene – eben „erdige“ – Atmosphäre ausstrahlt. RED CITY RADIO aus Oklahoma City ist zwar keine ganz neue Band, ihr zweites Album „Titles“ ist allerdings der ideale Soundtrack, um sich zuerst ein Tattoo stechen zu lassen und anschließend mit einem scharfen Whisky in einem kleinen, verschwitzten Club, an dem bereits die Farbe von den Wänden blättert, eine Punkrock-Show abzufeiern.

Direkter, treibender Punkrock, vier rauchige Stimmen, denen man das harte Leben förmlich anhört, Melodien zum Niederknien, Sing-A-Longs – „Titles bietet nahezu alles, was das Herz eines Melodic-Punkrock-Fans begehrt. Der Opener „Two Notes Shy“ brettert ungestüm nach vorne und lässt sofort das herrliche Gefühl entstehen, diesen Song bereits hundert Mal gehört zu haben und sofort mitsingen zu wollen. Die Melodieführungen beschränken sich hier nicht nur auf die Gitarrenmelodien, sondern werden vor allem in den Gesangslinien deutlich. Dass hier alle Bandmitglieder mal ans Mikrophon dürfen, liegt sicher auch in der Vergangenheit der vier Jungs, waren sie doch zuvor alle Leadsänger und Gitarristen in anderen Bands. Auch wenn manche Songs, wie beispielsweise „A Version Of Events“ ein wenig Anlaufzeit brauchen, reifen diese spätestens in packenden Refrains zu regelrechten Hymnen heran.
Dass Stephen Egerton von den Descendents den Mix übernommen hat, steht bezeichnend für die Musik, die RED CITY RADIO auf „Titles“ abliefern. „Show Me On The Doll Where The Music Touched You“ sticht als Highlight des Albums heraus: Nach ruhigen Gitarrentönen, welche durch geschriene Lyrics unterstützt werden, steigert sich der Song von Sekunde zu Sekunde in seiner Intensität, bis er schließlich in ein lebensbejahendes Finish mündet: „We’re redfining the word impossible!“

Im Gegensatz zu ihren früheren Alben, welche quasi durchgehend aufs Gas gedrückt haben, kann man auf „Titles“ auch Midtempo-Songs hören, welche nicht weniger intensiv sind und ganz in der Tradition von Hot Water Music oder eben den Descendents stehen. Besonders hervorzuheben sind in diesem Kontext „I’ll Take Mine“ sowie „Joy Comes With The Morning“. In der Kombination mit den persönlichen und mitreißenden Texten liefern RED CITY RADIO eine beeindruckende melodische Punkrock-Platte ab, die durchaus als Standortbestimmung des Genres im Jahr 2013 fungieren kann. Dass auf die gesamte Länge des Albums einige Längen entstehen und die Songs sich strukturell doch relativ ähnlich sind, fällt dabei nicht weiter ins Gewicht. Bahnbrechend Neues sollte man von „Titles“ sicherlich nicht erwarten, dennoch – oder vielleicht gerade, weil die bekannten Trademarks hier so perfekt umgesetzt werden – ist „Titles“ einfach ein tolles Album.

Wertung: 7.5 / 10

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