Review She Said Destroy – This City Speaks In Tongues

In unserer Review zu „Time Like Vines“ vor drei Jahren hieß es, SHE SAID DESTROY wären in ihrer Aufmachung und Musik gänzlich unkonventionell. Wer Angst hatte, das könnte sich ändern, werfe einen kurzen Blick aufs Cover. Genau. Ein rosa Männchen mit lila Schatten vor schwarzem Hintergrund. „This City Speaks In Tongues“. Aha?! Dann noch kurz die Tracklist überfloge:„Tea and Toast at the Very End of Time“, „I Love This Place“. Alles klar? Gut, insofern hat sich im Hause SHE SAID DESTROY nichts geändert, fraglich bleibt also nur, ob man auch qualitativ an den Vorgänger anschließen kann, der sich immerhin mit der Metal1-Höchstnote schmücken darf, mir aber unglücklicherweise nicht bekannt ist.

Ja, egal, „This City Speaks In Tongues“ überzeugt auch so. Und die Wirkung der Songs auf den Hörer ist intelligent berechnet. Denn wie als Entschuldigung dafür, dass es später manchmal etwas unstimmig wird, legt der Opener mit einer Melodie los, die einem erst einmal ohne wenn und aber die Schuhe auszieht. Und obgleich man sich an Black Metal erinnert fühlt ist das ganze doch zu frisch und originell, um wirklich Black Metal zu sein. So schauts auf dem ganzen Album aus, nur mit anderer Grundausrichtung. Gerne poltern mal Death / Thrash-Hybriden aus den Boxen, die dann aber doch rhythmisch zu krass und atmosphärisch zu schwarz sind, um sich dort einreihen zu können. Ebenso gesanglich: Hier mal gurgeln, da mal schreien, dort mal krächzen, da ist absolut alles vorhanden, was überhaupt geht. Und dazwischen gibt es immer mal wieder ein funkiges Jazz-Zwischenspiel serviert. Oder zärtliches Gitarren-Gestreichel wie in „I Love This Place“. Dann natürlich wieder mal apokalyptisches Gebolze oder vertrackte Gitarrenläufe – Aber es überzeugt, „Abwechslung“ ist hier bei weitem untertrieben und ohne Frage ist das hier eine der originellsten und verrückesten Veröffentlichungen der letzten Jahre.
Schade ist, dass man sich in manchen Bolz-Parts ein wenig in der Wirkungsweise verzettelt. In der Tat ist es so, dass man über das Geschrammel zum Teil einfach vergisst, in welchem Song man sich befindet, und was eigentlich gerade ausgesagt werden soll, was sich auf konstante Spannung in den Songs eher negativ auswirkt. Zum Glück aber nicht besonders oft. Unerfreulich ist auch, dass der Bass, den ich zufällig in „We Will Never Learn“ entdeckte, insgesamt sehr unauffällig produziert wurde. Dabei tut es gerade originell-extremer Musik oftmals sehr gut, einen gut tönenden Bass (und das tut er) hörbar in die Songs zu integrieren.

Wenn man diese kleineren Mankos aber mal ausblendet, bieten SHE SAID DESTROY 40 Minuten Musik, die einen in ihrer Originalität, ihrer Abwechslung, ihrer Individualität und ihrer Frische an die Wand bläst, wenn man mit wirklich extremer Musik zurechtkommt. Vergleiche fallen mir eigentlich nur in Form von Akercocke, die aber bei weitem nicht so abgefahren, und in Form von Dysrhythmia, die zwar ebenso verspult aber bei weitem nicht so extrem sind, ein. Die Norweger schmeißen halt einfach alle stilistischen Beschränkungen über Bord.
Eine Bewertung fällt ingsesamt also nicht wirklich schwer, denn desto öfter man sich „This City Speaks In Tongues“ anhört und desto mehr man die Songstrukturen versteht, desto schöner wird das Album. In Richtung Höchstnote will ich zwar nicht direkt gehen, da es zwischendurch schon wahnsinnig schwierige Momente mit den Tendenz zu nervig gibt, aber mit SHE SAID DESTROY ist dennoch nach wie vor zu rechnen wie eh und je. Anhören, staunen, kaufen.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert