Review Simple Existenz – Das Leben vor dem Tod

Der Split der Black Metaller Nagelfar riss ein Loch in die deutsche Black Metal-Landschaft, das bisher niemand so richtig zu stopfen wusste – gibt es doch bis heute keine Formation, deren Schaffen einen ähnlich beeindruckende Kombination aus Aggression und Epik enthielte.
Während Sänger Zingultus weiterhin bei Graupel und seit kürzestem auch bei Endstille aktiv ist, veröffentlichte Gitarrist Zorn zunächst mit EgoNoir einige Demos sowie ein Album, um nun mit dem Dark Metal-Projekt SIMPLE EXISTENZ neue Wege zu beschreiten.

Bereits letztgeschriebener Satz darf durchaus als Warnung an alle Nagelfar-Fans verstanden werden, welche in SIMPLE EXISTENZ vielleicht gerne eine Nagelfar-Nachfolgeband gesehen hätten. „Der sterbende Mann“ beginnt zwar nach einem kurzen Sprachsampel noch geringfügig nagelfaresk, erinnern doch zumindest die Synthesizer-Klänge dezent an das auf „Srontgorrth“ verwendete Material, das Ergebnis trägt ansonsten jedoch vollkommen zurecht das Prädikat Dark Metal. Im Downtempo gehalten und mit größtenteils tonreich gesprochenem Gesang bedacht, kommt hier noch eine relativ dichte Atmosphäre auf, welche lediglich von der etwas unpassend durch die Gegend quäkenden Flöten(?) – Melodie gemindert wird. Ähnlich verhält es sich auch bei den weiteren Liedern: Beinhalten die Songs allesamt haufenweise guter Ideen und Momente, irgendetwas stört immer.
In den meisten Fällen ist es dabei der Klargesang, der zwar viel wagt, aber nicht immer viel gewinnt und sich ,von einigen Abstechern in Richtung Mittelalter-Rock a la Subway To Sally abgesehen, wohl am ehesten mit Stadion-Rock vergleichen lässt – damit eine düstere Atmosphäre aufrechterhalten oder gar zu steigern ist wohl ein Ding der Unmöglichkeit.
Besonders deutlich wird dies beim, im Gegensatz zum durchaus genießbaren Rest wirklich schlimmen „Helden dieser Welt“: Nicht nur, dass schon der unerträglich flache Text wohl nur einem Manowar-Fan nichts mehr anhaben kann – auch der Songeinstieg klingt wie eine etwas angeschwärzte Version von „Warriors Of The World“. Dass der Gesang im weiteren Verlauf des Stückes in eine Mischung aus „Hier kommt Alex“ von den Toten Hosen und einer X-beliebigen Fussballhymne abdriftet, die Leadmelodie dazu jedoch an „Stille Nacht“ erinnert, darf durchaus als Kritik aufgefasst werden. Wenn das ganze von J.B.O. wäre – vielleicht. Ohne den rosaroten Rahmen der Ironie jedoch ist das Stück schlicht unerträglich.
Zwar ist hiermit der absolute Tiefpunkt des Albums erreicht, so dass es nur besser werden kann, all zu weit kann sich das Werk durch die noch folgenden vier Stücke nicht mehr nach oben ziehen, gilt auch für diese mal mehr, mal weniger die bereits geäußerte Kritik. „Es hat Pop-Appeal, aber es pumpt sich fern von allem Mainstream durch deine Adern“ weiß mich der Promosheet zu belehren. Aber vielleicht ist am Mainstream ja auch nicht alles schlecht…

Mit „Das Leben vor dem Tod“ liefert SIMPLE EXISTENZ ein mehr als durchwachsenes Album ab, welches sicherlich seine Liebhaber finden wird, jedoch sicher nicht an jeder Straßenecke – zu speziell sind die verarbeiteten Ideen, zu verschroben das Resultat: Musikalisch noch zumindest halbwegs eigenständig, sind es dabei vor allem die deutschen Texte, welche vom Niveau her auch von den Onkelz oder dem W sein könnten, und deren Interpretation, die mir Bauchschmerzen bereiten.
Passender als durch das gewählte Artwork, dessen Motiv an Steven Kings Revolvermann aus der „Dunkler Turm“-Reihe erinnert, könnte das Gefühl, das mir Album vermittelt, nicht ausgedrückt werden – denn auch hier ist das Konzept dahinter interessant, die Umsetzung jedoch den Ansprüchen nicht genügend.
Beides könnte so cool sein. Ist es aber nicht.

Wertung: 3.5 / 10

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