Review Stahlmann – CO2

  • Label: AFM
  • Veröffentlicht: 2015
  • Spielart: Electronic

Ein Rezension über STAHLMANN zu verfassen, ohne in den gewohnten Duktus der Rammstein-Allegorien zu verfallen, gestaltete sich in der Vergangenheit schwierig. Auch der Albumtitel „CO2“ für ihr jüngstes Werk wird bestenfalls dann sinnhaftig, wenn man einen Blick auf die bisherige Diskografie der Göttinger wirft, die zuletzt vor zwei Jahren in „Adamant“ gipfelte. Mit aufgefrischtem Band-Lineup drehen Martin Soer und seine neuen Mitstreiter auf ihrem vierten Album wieder am NDH-Rad, ohne dieses neu zu erfinden. Im Fall von STAHLMANN ist dies aber mehr Bonus als Makel.

Wieso dem so ist, beweist direkt „Feindflug“ als liveerprobter Stimmungsgarant zu Beginn und vielleicht stärkster Track des gesamten Silberlings. Die Riffs sitzen punktgenau, die Sythesizer treiben, der Refrain punktet ebenso – die Menge tanzt und feiert im Galopp. Das Rezept ist weder komplex noch anspruchsvoll, muss es auch nicht sein, denn es funktioniert besonders beim Opener im höchsten Maße. Ähnliches lässt sich „Friss mich“ und dem ungewohnt deuschrockigen „Der letzte Tage“ attestieren, die ebenfalls zu den stählernen Sahnestücken auf „CO2“ zählen. Wenn STAHLMANN ihren Fuß auf den Gaspedal lassen, funktioniert die Combo wie kaum eine andere in ihrem Genre. Die ruhigeren Momente schwanken qualitativ merklicher: So ist „Spiegelbild“ ebenfalls bereits mehrfach vor Publikum aufgeführt worden und sorgte für eine angenehme Verschnaufpause nebst passender Inszenierung. Auf „CO2“ verhält es sich ähnlich, besonders da „Die Klinge“ diesen Level nicht halten kann.

Dass das STAHLMANN-Erfolgsrezept wenig Zutaten enthält, ist kein Geheimnis. Dass es funktionieren kann, ebensowenig. Nur bedient manches wie das plakative „Deutschland tanzt“ zu viele Klischees. Das schadet nur bedingt, ist es doch offenkundig für Live-Shows geschrieben worden, ohne einen Funken mehr Komplexität als notwendig an den Tag zu legen oder in dumm-dreiste Abgründe eines „Heile heile Segen“ abzutauchen. Manchmal dürfte es dann eben doch ein wenig mehr sein wie z.B. in „Der letzte Tage“, besonders nach bereits drei Vorgängern, bei denen am Ende das Fazit vergleichsweise ähnlich ausfällt. Dies gilt auch für den Gesang von Mart, der live von seinem unverschämten Charisma und Aussehen profitiert, sich aber im Studio nie wirklich über einen gewissen Erträglichkeitslevel steigern kann. Dass die Männer aus Stahl wiederum nicht versuchen, ihr Produkt salonfähiger zu machen, zeigt ein hohes Maß an Integrität. So tanzt man am Ende auch gern mit den Engeln oder lauscht der Videoauskoppelung „Plasma“, da alles wirklich gut produziert ist und mit einem gewissen rotzigen Charme über die Lautsprecher dringt, ohne dabei billig zu wirken. STAHLMANN klingen inzwischen wie STAHLMANN, da die Combo geschickt NDH mit Darkwave und anderen Einflüssen anreichert und somit ihren eigenen Stil gefunden hat. Dies ist ihnen höher anzurechnen als alles, was man ihnen auch 2015 noch ankreiden kann.

„CO2“ ist zwar mit 40 Minuten erneut ein relativ kurzes Eisen aus der niedersächsischen NDH-Schmiede, aber dennoch ein relativ heißes, vor allem weil es so heiß konsumiert wird wie es arrangiert ist – stets nah am Hörer und weit weg von allem, was zu sehr auf Pop schielt. Subtrahiert man ein paar schwächere Momente in bekannten Gefilden, so bleiben einige starke Nummern übrig und gleichzeitig ein zukünftig wahrscheinlich noch eindringlicheres Live-Erlebnis mit den silbergeschminkten Männern. Viele der hier genannten Kritikpunkte fallen im Tanz-, Spring- und Feiermodus nicht ins Gewicht und STAHLMANN haben sich nicht umsonst in der Szene inzwischen mehr als etabliert.

 

Wertung: 7 / 10

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