Review Tauthr – Life-Losing

Während das Flaggschiff des deutschen Black Metal, Endstille, wohl jeder kennt, der auch nur im Entferntesten mit diesem Genre zu tun hat, sind TAUTHR wohl den Meisten bislang unbekannt – und das, obwohl die Band um Endstille-Songwriter L. Wachtfels fast zehn Jahre, bevor die Republik den Namen Endstille zum ersten Mal gehört hat, aus der Taufe gehoben wurde. Seit dem hat sich einiges geändert bei TAUTHR, und nachdem es lange still geworden war um die Band aus Norddeutschland, meldet sie sich nun, mit ihrem ersten Album, eindrucksvoll zurück.

Mittlerweile mit Cruor und Mayhemic Destructor durch zwei weitere Endstille-Söldnern verstärkt, ist der große, jüngere Bruder auch in der Musik von TAUTHR omnipräsent: Zwar wird hier nicht so erbarmungslos aggressiv geknüppelt wie in Endstilles Reich, jedoch hört man den Riffs nur all zu oft an, dass sie aus der gleichen Feder stammen wie beispielsweise „Navigator“ oder „Bastard“ – weiß Wachtfels seinen sehr eigenen Stil, Riffs zu schreiben und arrangieren, doch auch hier gekonnt einzusetzen.
Und dennoch sind die ständigen Endstille-Vergleiche „Life-Losing“ nicht angemessen – hat man es hier doch mit weit mehr als einer Resteverwertung unbenutzter Endstille-Riffs zu tun… Gekonnt demonstriert der Fünfer viel mehr, was man aus Riffs dieser Art noch alles machen kann: Von langsmen, schleppenden Parts bis hin zu Highspeed-Geknüppel findet sich hier quasi alles, was hart und dreckig klingt – denn zumindest das haben TAUTHR und Endstille definitiv gemein: Hie wie da wird keine Sekunde daran verschenkt, melancholisch, verträumt, melodisch, verspielt oder sonstwie irgendgeartet „schön“ zu klingen. Brutalität, Aggression und Härte stehen in beiden Fällen ganz oben auf der Prioritätenliste, allein der Weg, wie diese Ziele erreicht werden, unterscheidet sich bisweilen. Musikalisch weit freier als die ihrem Konzept doch sehr streng verpflichteten Endstille ist „Life-Losing“ deshalb weitaus vielfältiger als jede Endstille-Platte es je zu sein vermag – und kann sich genau hierdurch einen dicken Sympathiepunkt sichern.

„Life-Losing“ ist ein mehr als souveränes Album, das jeder Endstille-Fan einmal gehört haben sollte , dessen Qualität aber auch – oder gerade – darin liegt, dass eben nicht nur Endstille-Fans Freude an ihm haben können. Und so sei das Album auch guten Gewissens all jenen ans Herz gelegt, denen Endstille immer schon zu langweilig, monoton oder aber „zu kommerziell“, zu bekannt oder zu untrve waren – denn all das sind TAUTHR ganz gewiss nicht.
„Life-Losing“ ist schlicht und ergreifend ein großartiges, rauhes Old-School-Black Metal-Album… und auch wenn das der ein oder andere Trveness-Fetischist wer das vor lauter „Endstille sind Kommerz und Tauthr sind Endstille“-Verblendung sicher nicht wahrhaben will, wage ich es, mich sogar soweit aus dem Fenster zu lehnen, zu sagen: So Black Metal wie dieses Album war lange kein deutscher Release mehr. Ganz großes Kino.

Publiziert am 6. April 2013 von Moritz Grütz