Review The Amenta – Revelator

Industrialisierung und Digitalisierung haben in vielen Menschen die Angst, eines Tages von Maschinen ersetzt und obsolet zu werden, ausgelöst. Die befürchtete Bedrohung unserer Spezies durch unsere eigene Schöpfung beschäftigt Kunstschaffende sämtlicher Disziplinen – von der Literatur über die Filmkunst bis hin zur Musik. Selbst wenn Industrial-Interpret*innen sich ganz anderen Themen zuwenden, haftet ihrer Musik doch stets eine geradezu lebensfeindliche Ästhetik an. Was genau die australischen Industrial-Extreme-Metaller THE AMENTA auf ihrem vierten Album aussagen wollen, lässt sich anhand des Artworks und der kryptischen, mit sonderbaren Sprachspielen und Querverweisen gespickten Songtexte zwar nur erahnen. Eines ist jedoch gewiss: „Revelator“ ist kein philanthropisches Statement.

Wie ein wild gewordenes, mechanisches Monstrum legen THE AMENTA im Opener „An Epoch Ellipsis“ mit chaotischem Lo-Fi-Gedonner los, ehe der Sound auf einen Schlag druckvoller wird und der industrielle Wahnsinn der Band Methode bekommt. Über weite Strecken arbeiten die Australier mit in Black und Death Metal gängigen Stilmitteln: Gitarrenriffs wie Betonwände, ballernde Blast-Beats mit der Durchschlagskraft eines Maschinengewehrs und ein furchterregendes Wechselspiel verschiedenartiger, gutturaler Gesangsstile, die an manchen Stellen in albtraumhafter Manie zusammentreffen („Psoriastasis“).

Gerade im Vergleich zum Vorgängeralbum „Flesh Is Heir“ (2013) scheinen THE AMENTA allerdings vermehrt auch den Klangraum abseits dieser Extreme auszuloten. So tritt die Band etwa im rockig stampfenden „Sere Money“, das stark an Satyricon zur Zeit von „Now, Diabolical“ (2006) erinnert, etwas behutsamer aufs Gaspedal, ohne dabei an Bedrohlichkeit einzubüßen. Cain Cressalls fast schon hypnotischer, eher leise abgemischter Klargesang verleiht den ruhigeren Tracks wie der desolaten Akustik-Nummer „Silent Twin“ und dem schwerelos gleitenden „Twined Towers“ außerdem einen unheimlichen, unwirklichen Charakter.

Ihre Industrial-Einflüsse bringen THE AMENTA immer wieder über eine dröhnende Geräuschkulisse und kalte, metallische Beats ein („Parasight Lost“). Das noisige Zwischenspiel „Wonderlost“ hätte das Album zwar nicht nötig gehabt, ansonsten vermischt sich das künstliche Soundbild aber so flüssig mit der Extreme-Metal-Instrumentierung, dass „Revelator“ im Großen und Ganzen mächtig Eindruck schindet.

In seinen intensivsten Momenten zieht „Revelator“ mit jeder noch so heftigen Extreme-Metal-Platte gleich. Darüber hinaus haben THE AMENTA aber gerade durch die subtileren Teile ihrer Kompositionen eine eindringliche Darstellung einer hypermodernen, dem Menschen alles andere als freundlich gesinnten Metallhölle fabriziert. Wer durch Musik vermittelte Botschaften nicht unbedingt auf dem Silbertablett präsentiert bekommen muss und Ambiguität spannend findet, wird „Revelator“ für seine zu Interpretationen einladenden Songs sicherlich zu schätzen wissen.

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Wertung: 8 / 10

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