Review The Long Escape – The Triptych

Die französische Metalszene besteht, zumindest in der ausländischen Wahrnehmung, zu knapp 90 Prozent aus Blac- Metal-Bands. Diese sind zumeist durchaus kompetent (Merrimack, Pest Noir) und zum Teil regelrecht bahnbrechend (Blut Aus Nord). In den letzten Jahren konnten jedoch auch andere Bands aus dem Nachbarland mediale Aufmerksamkeit ergattern. Allen voran die genialen Gojira, die mit ihrem progressiven Death Metal die Bühnen der Welt eroberten, aber auch Acts wie Benighted im Bereich des Brutal Death Metal konnten mit ihren Alben durchaus begeistern. Und dann sind da ja noch jene Bands, die durch ihre ausgeprägte Fokussierung auf Stimmungen und Gefühle den Metalheads der Welt warm ums Herz werden lassen – die Rede ist von Alcest, Amesoeurs oder Les Discrets, um hier nur einige zu nennen.

All dies diene der Illustration der Breite der französischen Metalszene, die THE LONG ESCAPE um weitere Elemente bereichern. Seit 2004 basteln die Pariser an ihren Songs, seit 2008 kann man durch die Hinzunahme eines Schlagzeugers und eines Bassisten von einer Band reden und prompt erschien die erste EP „Excess Of Empathy“, die positive Kritiken einfahren konnte. Drei Jahre später stand dann mit „The Triptych“ das Full-Length-Debüt an – an Arbeitseifer mangelt es den Jungs also offensichtlich nicht.
Dies und mehr verrät einem das Pressekit, das sich jeder auf der Homepage der Franzosen herunterladen kann. Jeder? Korrekt! Und damit nicht genug: Das hier gegenständliche Album „The Triptych“ kann man sich an genannter Stelle ebenfalls komplett kostenfrei saugen! Rundum-glücklich-Betreuung also.
Nun endlich zur Musik. Die ist wirklich gut. Einflüsse sind recht offensichtlich Porcupine Tree und, in geringerem Ausmaß, auch Bands wie Soil oder 3 Doors Down. Ähnlich wie bei den genannten Einflüssen ist die Musik von THE LONG ESCAPE stark von Dynamik geprägt. Von sanften Passagen mit gezupften Gitarren oder lediglich leichter perkussiver Untermalung springt man in harsche Gitarren, die von einem treibenden Schlagzeug untermalt und gebrüllten Vocals überlagert werden. Nur zur Klarstellung: Die harten Momente klingen keinesfalls nach Cannibal Corpse oder Konsorten, man bleibt auch hier sozialverträglich, wie der Volksmund sagt. Allerdings bilden diese Kontraste eine herrliche Leinwand, auf der die Band ihrer Kreativität freien Lauf lässt. Wechsel zwischen lauten und leisen Passagen, variabler Einsatz der Instrumente und clevere Arrangements der einzelnen Parts prägen die Szenerie. Über allem liegt Kimos Gesang, der mal verträumt und mit viel Hall daherkommt, manchmal einem ins Gesicht brüllt, nur um im nächsten Moment sich wieder in sich selbst zurückzuziehen.
Handwerklich ist das alles sehr kompetent umgesetzt, ihre Instrumente beherrschen die Herren einwandfrei. Auch an der Produktion gibt es nichts auszusetzen. Der Sound ist dick, aber nicht überproduziert, alles ist gut zu hören, ohne dabei steril zu wirken und der Sound ist angenehm warm.
Lyrisch dreht sich die Scheibe um die Menschheit, welcher sie auch gewidmet ist. Na klar, werden einige sagen, da kommt die eingangs erwähnte Black-Metal-Szene ins Spiel – der Hass auf und die Verachtung für die Menschheit macht sich breit. Weit gefehlt! Interessanterweise wird die Menschheit hier nicht durchweg verteufelt und zur Vernichtung ausgeschrieben, hier wird mehr der Posten eines unbeteiligten Beobachters eingenommen, quasi eines Erzählers, der nicht eingreifen kann, so gern er auch würde. Klar, die Verfehlungen der Menschen stehen auch hier im Vordergrund, allerdings nicht ohne Anzeichen von Hoffnung auf Besserung. Eine so spannende wie angenehme Abwechslung im doch sonst recht eintönigen Kanon der der lyrischen Themen.

Unterm Strich liefern THE LONG ESCAPE mit „The Triptych“ ein wirklich starkes Debüt ab, was sich jeder anhören sollte – und das nicht nur, weil es kostenfrei zugänglich ist. Das gebotene Material ist richtig gut, die Umsetzung ebenfalls und wenn man auf den kommenden Langspielern die Einflüsse noch etwas dezenter verpackt, könnte das der Beginn einer großen Band sein.

Wertung: 7.5 / 10

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