Review The Pirate Ship Quintet – Rope For No-Hopers

Zu oft denkt man sich, dass man sich mit dem zufriedengeben kann, was man mit möglichst wenig Anstrengung erreicht, und dass das, was man schaffen kann, wenn man über seine Grenzen ist, dann das Beste ist. Sich mit Anderen vergleichen und dabei den kürzeren ziehen ist dann meist enttäuschend, man orientiert sich als künftig an Dingen und Menschen, die in der eigenen Liga spielen, man stellt jemanden/etwas auf ein Podest, lässt es da, verehrt es, weiß aber, dass man diesen Status selber nie erreichen kann. Auf die Musik übertragen: Jeder hat seine Helden und lässt sich von diesen inspirieren, die meistens Bands allerdings bleiben in stiller Verehrung für ihre Helden, klingen zwar von diesen inspiriert, geben sich aber letztendlich damit zufrieden, nie so gut wie diese zu sein. Die Folge: Man orientiert sich an schlechteren/kleineren Bands. THE PIRATE SHIP QUINTET aus England denken ganz offensichtlich anders: Während die meisten Post-Rock-Bands eben so klingen wie jede beliebige andere Band auch, macht diese Band keinen Hehl daraus, sich bei den ganz großen Klassikern des Genres anzulehnen und schafft es dabei deren Stilelemente aufzunehmen und etwas gänzlich eigenes auf die Beine zu stellen. Sicher ist das kein „frischer Wind“ in einem angestaubten Genre, aber eine ordentliche Kampfansage an die bisweilen zu gleich klingende Konkurrenz.

THE PIRATE SHIP QUINTET sind die erste Band, die es ansatzweise schafft eine ähnliche Atmosphäre wie die unerreichbaren Godspeed You! Black Emperor zu kreieren. Dabei kopieren sie deren Stil allerdings nicht, sondern zeigen diesen Einfluss neben dem Cello-Einfluss durch ruhige und unaufgeregte Songstrukturen, Breitband-Klangkompositionen und eine apokalyptische Grundstimmung. Besonders der Anfang des Songs „Dennis Many Times“ mit seinen schwermütigen Streichern und den mit viel Delay und Hall unterlegten Gitarren an die frühen Songs der großen Post-Rock-Legende.
War auf der bereits einige Jahre zurückliegenden Debüt-EP der Band noch das alt bewährte Laut-Leise-Schema im Vordergrund (wobei auch hier schon ganz besondere Momente aufzeigen konnten, was in dieser Band für ein unglaubliches Potenzial steckt), ist dieses nur noch rudimentär vorhanden. Sicher, die Songs spielen mit Wiederholungen und kontinuierlichem Ansteigen der Lautstärke, und durchbrechen ständig die magische Zehnminutenmarke. Im Gegensatz zu so vielen anderen Bands wirkt dies hier aber nicht beliebig, sondern stringent und eigenständig. Modernere Bands wie This Will Destroy You, aber auch die epischen Klangwelten von Mono sind hier ein hörbarer Einfluss, der sich vor allem im Wechselspiel zwischen angezerrten Gitarren und anschließenden Cello-Teilen immer wieder herauskristallisiert. Doch auch Erinnerungen an eher am Shoegaze orientierten Bands wie Tortoise oder Talk Talk sind hier zu vernehmen. Besonders das dynamische Schlagzeuspiel von Drummer Jona ist hier hervorzuheben.

Abgerundet wird diese unglaublich dichte und spannende Musik durch das verzweifelte Geschrei von Sänger Terrence, welches nicht im Vordergrund steht, sondern in der Produktion ganz weit hinter die dominierenden Instrumente gestellt wurde. Dies stellt eine perfekte Abmischung dar, verdeutlicht dies die verzweifelte Grundstimmung von „Rope For No-Hopers“ doch noch besser als es die Musik bereit tut, wie es besonders im melodramatischen Finale von „Horse Manifesto“ deutlich wird. Dieser Screamo-Einfluss in diesem sonst meistens instrumental gehaltenen Genre wirkt einfach nur schlüssig und konsequent.
Auch wenn THE PIRATE SHIP QUINTET endlich wieder Experimentier-Freude in einem bereits ausgelutschten Genre zeigen und nicht in totgespielte Schemata abdriften, ist „Rope For No-Hopers“ nicht so gut wie die großen Vorbilder – dazu sind manche Gitarrenmelodien, welche die Songs tragen sollen, zu einfallslos und simpel und wären besser im Hintergrund mancher Songs eingesetzt gewesen. Abgesehen von diesem Manko, welches auch einige Längen mit sich bringt und dem Fakt, dass trotz der tollen Songs nach Ablauf der Spielzeit ein das Gefühl, dauernd das gleiche gehört zu haben zurück bleibt, ist das erste Album der noch jungen Band aus England ein absolut großartiges Stück Musik und definitiv ein heißer Anwärter auf die vorderen Plätze in diversen Jahres-Bestenlisten.

Wertung: 8.5 / 10

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